Marga Prohens ist seit Juli Vorsitzende der konservativen Volkspartei (PP) auf Mallorca und den anderen Balearen-Inseln. Beim Parteitag wurde die 39-Jährige aus Campos mit 99,7 Prozent der Stimmen zur Nachfolgerin von Biel Company gewählt, der seinen Posten aufgegeben hatte. Prohens gilt als willensstark und angriffslustig und formuliert bei jeder Gelegenheit ihre Absicht, Ministerpräsidentin Francina Armengol von den Sozialisten bei den Regionalwahlen 2023 in die Opposition zu schicken und selbst die Geschicke der Balearen im Consolat de Mar zu leiten.

Prohens schreckt dabei auch vor Polemik nicht zurück. Für ein Interview mit der MZ-Schwesterzeitung „Diario de Mallorca“ ließ sich die Konservative im Frühjahr vor der Hat Bar in Palmas Zentrum ablichten. Die Kneipe stehe stellvertretend für die Art, wie Armengol regiere, erklärte Prohens: für die „Scheinheiligkeit“, Regeln aufzustellen, die alle anderen außer ihr befolgen sollen, dafür, dass sie gelogen habe, was die Hat-Bar-Affäre anging. Außerdem stehe die Bar stellvertretend für alle Opfer der Corona-Bestimmungen in der Gastronomie. Armengol hatte im Oktober 2020 nach der Sperrstunde vor der Hat Bar gestanden und damit ihre eigenen Corona-Regeln missachtet. Die Ministerpräsidentin hatte sich damit verteidigt, dass sich ein Begleiter unwohl gefühlt und man zusammen mit ihm gewartet habe.

Die Regierung hat vorvergangene Woche ihr Strategiepapier vorgestellt, was mit den Fonds der „Next Generation“ passieren soll. Die 4,64 Milliarden Euro sollen die Balearen wieder auf die Beine bringen. Aber wo war Ihre Partei bei der Vorstellung?

Die Volkspartei ist nicht Teil des Pakts zur Reaktivierung der Wirtschaft auf den Inseln, und das vor allem deshalb, weil es kein Pakt ist. Es ist ein runder Tisch, an dem die Landesregierung über ihre bereits getroffenen Entscheidungen informiert.

Sie waren bei Francina Armengol im Regierungssitz und hatten vor, mit ihr gemeinsam einen Plan für die Hilfen auszuarbeiten. Warum hat das nicht geklappt?

Ich bin sehr enttäuscht über das Verhalten der Ministerpräsidentin. Vor einem Monat habe ich mich mit ihr getroffen und ihr einen großen Pakt vorgeschlagen. Denn man kann nicht von einem breiten gesellschaftlichen Konsens sprechen, wenn nicht auch die größte Oppositionspartei dabei ist. Die Fonds sind eine einzigartige Möglichkeit, die Balearen zukunftsfähig zu machen. Und die Umfragen deuten ja darauf hin, dass es nicht Francina Armengol sein wird, die die Gelder verteilen wird, sondern vielmehr die Volkspartei. Wir hatten wochenlang ein Expertenteam darangesetzt, ein Strategiepapier für die Gelder zu entwerfen. Aber als wir gemerkt haben, dass wir nicht angerufen werden, haben wir Ende September unsere eigene Strategie vorgestellt.

Ihre Pläne unterscheiden sich nicht so sehr von denen der Regierung.

Wir haben viele Ansätze gemein. Auch wir sind uns im Klaren darüber, dass wir mehr Nachhaltigkeit brauchen, mehr Kreislaufwirtschaft, mehr erneuerbare Energien. Aber natürlich gibt es auch Unterschiede. Wir wollen nicht das Wirtschaftsmodell ändern. Wir sind sehr stolz darauf, eine Tourismus-Region zu sein. Aber wir wollen das Modell verändern und verbessern, damit es nachhaltiger wird.

In der Pandemie war zu sehen, wie gefährlich eine einseitige Abhängigkeit vom Tourismus sein kann.

Natürlich muss man auch auf weitere Branchen setzen. Aber ohne unsere wichtigste zu vergessen. Die Pandemie hat mir gezeigt, dass das von der politischen Linken gepredigte Modell irreal ist. Sie will das Geld der Urlauber am liebsten ohne die Urlauber. Ohne sie wären wir hier ärmer, das soziale Ungleichgewicht größer, die Schlangen an den Lebensmittelausgabestellen würden länger, Betriebe schlössen.

Sie beschuldigen Francina Armengol, während der Pandemie die Tourismusfeindlichkeit auf den Inseln gefördert zu haben. Woran machen Sie das fest?

Wenn es einen Vizeministerpräsidenten der Regierung gibt, der tourismusfeindliche Erklärungen abgibt und sagt, es sei eine gute Nachricht, wenn weniger Urlauber kämen, und diese Aussage von der Ministerpräsidentin weder korrigiert noch dementiert wird, dann zeigt das, dass sie diese Meinung teilt.

Francina Armengol hat die Balearen mit vergleichsweise wenig Opfern durch die Pandemie geführt.

Wir hatten auf den Balearen mit die schärfsten Restriktionen überhaupt, sowohl für die Unternehmen als auch für die Bevölkerung. Und ich habe immer gesagt, dass man erklären muss, auf welche objektiven Expertenstudien man sich beruft, wenn man harte Beschränkungen gegen konkrete Branchen wie etwa die Gastronomie beschließt. Das gab es nicht. Es war eine rein ideologische Entscheidung. Denn es hat sich ja gezeigt, dass es keinen einzigen Ausbruch in einer Bar, in einem Restaurant gab. Zu Ausbrüchen kam es bei der riesigen Schülerparty in der Stierkampfarena, die die sozialistische Stadtregierung von Palma genehmigt hatte, und bei den Trinkgelagen, gegen die absolut nichts unternommen wurde.

In Deutschland ging es im Wahlkampf unter anderem um die mögliche Einführung einer Vermögensteuer. Hier auf den Inseln gibt es sie längst, und dazu happige Erbschafts- und Schenkungssteuern. Wie steht die PP dazu?

In anderthalb Jahren wird die PP (wenn sie denn an die Macht kommt, Anm. d. Red.) die Erbschafts-, Schenkungs- und Vermögensteuer abschaffen. In den meisten Ländern der EU gibt es keine Steuern auf den Nachlass. Diese Steuern sind ungerecht und greifen die Familien, die Mittelschicht an. Es gibt doch nichts Ungerechteres, als dass ein Sohn noch einmal das bezahlen muss, was unter großen Opfern bereits sein Vater oder seine Großeltern bezahlt haben. Und es gibt nichts Ungerechteres, als wenn Hinterbliebene ein Erbe nicht antreten können, weil sie sich die Steuern darauf nicht leisten können. Wir werden auch die Vermögensteuer abschaffen, genauso wie die Übertragungssteuer beim ersten Wohnungskauf von jungen Leuten unter 30 Jahren. Das ist echte Wohnungspolitik und nicht die kommunistische Politik, die wir von der Zentralregierung sehen und wo es darum geht, Wohnraum zu konfiszieren.

Vor allem die Pläne zur Abschaffung der Vermögensteuer werden viele Ausländer auf Mallorca gern hören.

Wir sind im Kontakt mit vielen ausländischen Residenten, die uns immer wieder mitteilen, dass sie gern mehr am politischen und gesellschaftlichen Leben auf der Insel teilnehmen würden. Sie zahlen hier ihre Steuern und schicken hier ihre Kinder zur Schule. Wir wollen mehr Möglichkeiten für eine aktive Teilnahme eröffnen. Denn neben dem Problem mit den Steuern gibt es weitere drängende Themen. Zum einen die Schwierigkeiten mit der Bürokratie hier auf den Inseln. Wir wollen hier eine echte Revolution starten. Ein Beispiel sind die Baugenehmigungen. Manche müssen Jahre auf eine Lizenz warten. Das sind Leute, die hier investieren, ein altes Haus renovieren oder ein neues bauen wollen. Das sind doch Arbeitsplätze für die Inseln, Geld, das hierbleibt. Wir sehen es als eine große Gefahr an, dass so manche Regierungspartei gerade die Auffassung vertritt, dass Ausländer keinen Immobilienbesitz auf den Balearen haben dürfen. Das sind autoritäre Ticks, die uns sehr besorgen.

Die Regierung will damit den Wohnungsmarkt für Einheimische wieder zugänglich machen. Viele Mallorquiner können sich keine Wohnungen mehr leisten. Was will die PP dafür tun?

Wir wollen für die Privatwirtschaft mehr Anreize schaffen, mehr Wohnungen auf städtischem Grund zu errichten. Wir haben einen großen Wohnungsmangel, und gleichzeitig gibt es Flächen, die bebaut werden könnten. Junge Leute sollen steuerliche Vorteile bekommen, wenn sie eine Wohnung kaufen. Das kann durch Absetzungsmöglichkeiten bei der Steuererklärung geschehen. Ähnliches gilt für Vermieter, damit sie Anreize bekommen, ihre Wohnungen auf den Mietmarkt geben. Und wir planen ein Bürgschaftssystem: Junge Menschen müssen 20 bis 30 Prozent des Kaufpreises angespart haben, um überhaupt kaufen zu können. Aber wie sollen sie das bei den Arbeitsbedingungen schaffen? Eine Landesregierung unter der Volkspartei wird für die jungen Leute eine Bürgschaft über dieses Geld übernehmen.

Ein weiteres brennendes Thema derzeit ist die steigende Zahl von Migrantenankünften auf den Inseln. Sie wollen die Schlepperbanden verfolgen. Aber das löst ja das grundsätzliche Problem der Migration nicht.

Klar, man müsste vor Ort eine Politik machen, die erst gar nicht zur Migration führt. Aber davon abgesehen sind die Schlepper das große Problem. Sie nutzen diese Menschen aus und versprechen ihnen eine bessere Zukunft. Hier müssen wir ansetzen, statt wegzuschauen. Die Balearen-Route ist inzwischen zu einem neuen Einfallstor für irreguläre Migration geworden. Wir sehen das am starken Anstieg der Zahl der ankommenden Migranten. Francina Armengol bestreitet allerdings, dass es eine neue Route gibt. Hier muss die Europäische Union handeln. Wir müssen als Einfallstor anerkannt werden und damit mehr Kontrollmechanismen und Polizeikräfte zugeteilt bekommen.

Rund um die Migration wird auch Angst geschürt. Die ultrarechte Partei Vox spielt damit, obwohl so gut wie keiner dieser Migranten in Spanien bleiben will. Dennoch sorgt der Diskurs für eine Spaltung in der Bevölkerung. Und die PP widerspricht nicht.

Die Bevölkerung hat es satt, dass dieses Problem die derzeit Regierenden einfach nicht interessiert. Man kann doch nicht bestreiten, dass es ein Problem gibt, sondern muss es angehen und um Unterstützung bitten.

Es ist wahrscheinlich, dass Sie 2023 nur mit Hilfe einer Koalition an die Macht kommen können. Schließen Sie heute zu 100 Prozent aus, dass es Vox sein wird?

Mein Plan ist, allein auf den Balearen zu regieren. Ich setze auf die Unterstützung aller, die bei den vergangenen Wahlen die unterschiedlichsten Parteien gewählt haben. Auf die, denen es reicht mit der interventionistischen Politik, mit der vermeintlichen moralischen Überlegenheit der Linken, auf die, die genug davon haben, dass einzelne Branchen regelrecht verfolgt werden oder dass die Balearen derzeit keine Stimme in Madrid haben. Viele Menschen verlangen einen Wandel.

Also kein klares Nein zu Vox?

Ich trete mit meinem eigenen Programm an. Ich vertrete die größte Partei auf den Inseln, und laut den Umfragen sind wir momentan die Partei, die die meisten Stimmen bei einer Wahl bekommen würde.