Von Straßenbahn bis Sterngucker-Tourismus: Diese Projekte entstehen auf Mallorca mit EU-Geldern

Bereits mehr als 1,2 Milliarden Euro haben sich die Balearen aus den Next-Generation-Fonds gesichert. Wie den Überblick behalten über die riesige Anzahl an Projekten? Und wie das alles bis Ablauf der Frist umsetzen?

„Sea Starlight“: Himmel und Sterne gucken an der Küste von Menorca.  | FOTO: NAUTIC OCEAN

„Sea Starlight“: Himmel und Sterne gucken an der Küste von Menorca. | FOTO: NAUTIC OCEAN

Frank Feldmeier

Frank Feldmeier

Der siebentägige Segeltörn führt von Barcelona nach Menorca, dann entlang der Küste der Balearen-Insel. Die Teilnehmer genießen nicht nur das Meer, sondern vor allem den Blick in den Himmel, lernen Sterne und Planeten zu identifizieren, hören Seefahrergeschichten und bekommen die Entwicklung vom Sextanten über den Kompass bis zum GPS erklärt.

Auf das Projekt „Sea Starlight“ des Anbieters Nautic Ocean stößt man, wenn man eine interaktive Karte aufruft, die die Vertretung der Europäischen Kommission in Barcelona entwickelt hat. Sie zeigt exemplarisch Projekte in Katalonien und auf den Balearen, die mit den NextGeneration-Fonds gefördert werden. Im Fall des Segeltörns fließen unter dem Stichwort „innovative touristische Erfahrungen“ gut 1,7 Millionen Euro. Der Bereich „intelligentes, nachhaltiges und inklusives Wachstum“ ist einer von mehreren, die Brüssel fördert, damit sich die EU-Mitgliedsstaaten und deren Regionen schneller von den wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise erholen.

Die Töpfe

So häufig die Fonds zitiert werden, so schwierig ist es, einen Überblick über die Projekte und ihre Umsetzung zu behalten, die bis zum Jahr 2026 befristet ist. Das beginnt schon damit, dass es verschiedene NextGeneration-Töpfe gibt. Der wichtigste hat den sperrigen Namen Aufbau- und Resilienzfazilität (ARF, in Spanien MRR), er soll Wirtschaft und Gesellschaft nachhaltiger und krisenfester machen. Aus ihm haben sich die Balearen laut einer Übersicht der Landesregierung bislang 946 Millionen Euro gesichert, eine Liste umfasst knapp 200 Projekte. Knapp 60 Prozent der Gelder sind mittlerweile bereitgestellt – etwa in Form von Subventionen, Ausschreibungen, Abkommen –, gut 25 Prozent zugewiesen. Weitere 243 Millionen Euro sind noch beantragt.

Der zweitwichtigste Topf heißt REACT-EU. Aus ihm fließen noch weitere knapp 300 Millionen Euro. Diese Gelder sind mittlerweile zu 96 Prozent zugewiesen, sie kommen vor allem Gesundheitssystem und Bildungssektor zugute. Und es gibt noch weitere Töpfe unter dem NextGeneration-Dach, was den Balearen noch einmal 17 Millionen Euro bringt.

„Big Data“: Palmas Bus-Verbindungen mit grafisch aufbereiteten Daten besser planen.

„Big Data“: Palmas Bus-Verbindungen mit grafisch aufbereiteten Daten besser planen. / EMT

Die Projekte

Und um welche Projekte geht es nun? Hier kommt die interaktive Karte der EU-Stelle in Barcelona ins Spiel, die angesichts der langen Liste von Projekten sehr übersichtlich wirkt: Gerade mal neun Projekte sind für Mallorca eingetragen, deren Spannweite könnte jedoch breiter nicht sein.

Beispiel eins: In den Gemeinden Porreres und Felanitx soll die Bewässerung von Aprikosen-, Mandel-, und Johannisbrotkern-Pflanzungen angesichts drohender Dürreperioden optimiert werden. Genutzt wird Wasser der zwei örtlichen Kläranlagen, das mittels einer digitalen Steuerung auf 211 Hektar Fläche ausgebracht wird. In das öffentlich-private Projekt werden 9,3 Millionen Euro investiert, 7,4 Millionen von der Europäischen Union.

Beispiel zwei: Fähren, Container- und Kreuzfahrtschiffe sollen in den Häfen auf den Balearen und in Barcelona die Motoren abstellen und stattdessen per Kabel vollständig mit grünem Strom versorgt werden. Die Technik, die als cold ironing bekannt ist, soll Lärm wie Schadstoffemissionen auf null reduzieren und bis 2030 in allen spanischen Häfen umgesetzt sein. Es fließen 26,6 Millionen Euro, 8,8 Millionen direkt von der EU.

„Cold Ironing“: Schiffe im Hafen mit grünem Strom versorgen.  | FOTO: AUTORITAT PORTUÀRIA

„Cold Ironing“: Schiffe im Hafen mit grünem Strom versorgen. | FOTO: AUTORITAT PORTUÀRIA

Beispiel drei: In den Feuchtgebieten Maristany und Estany des Ponts in der Gemeinde Alcúdia sollen die Ökosysteme renaturiert werden. Geplant sind Maßnahmen zum Überschwemmungsschutz, zur Erholung der Vogelbestände sowie die Förderung des Birdwatch-Tourismus. Investiert werden 3,2 Millionen Euro, 2,2 Millionen direkt durch die EU.

Dann zeigt die Karte für die Balearen noch einige weitere, spanienweite Projekte, die anteilsmäßig den Bürgern auf den Inseln zugutekommen. Darunter fallen etwa Hilfen für Einzelhändler zur Digitalisierung ihres Geschäfts oder auch der Ankauf von Büchern für öffentliche Bibliotheken. Projekte, auf die die Landesregierung gern verweist, sind dagegen nicht in der Karte enthalten.

„Wir wollten zu keinem Zeitpunkt Anspruch auf Vollständigkeit erheben“, erklärt Carlota Martí, Sprecherin des EU-Büros in Barcelona. „Die Karte ist ein Pilotprojekt in Europa, um ‚Flaggschiff-Projekte‘ zu identifizieren.“ Angesichts von Hilfen in Höhe von 800 Milliarden Euro, die europaweit verteilt werden, sei das auch schwer anders möglich. Martí verweist darauf, dass die Karte weiter aktualisiert werde und dass auch die Empfänger der NextGeneration-Gelder selbst Projekte hochladen könnten.

Wie es vorangeht

Die Identifizierung der „Flaggschiffe“ durch die Landesregierung sieht derweil anders aus, sie sind allerdings zum Teil auch noch in Vorbereitung. Meistzitiert dürfte die Straßenbahn sein. Für die Tramvia Badia de Palma – die Strecke führt von der Plaça d'Espanya zum Flughafen – ist das Projekt ausgearbeitet und ein Abkommen mit dem spanischen Verkehrsministerium unterzeichnet. Ein Teil der nötigen 475 Millionen Euro soll aus dem NextGeneration-Topf kommen. Für eine zweite Phase bis zum Krankenhaus Son Espases jedoch dürfte der Zeitraum bis 2026 zu knapp sein.

Die Straßenbahn ist eines von zwölf Vorzeigeprojekten in einem Dossier der Landesregierung, darunter einige Dauerbaustellen wie die Förderung erneuerbarer Energien (68 Millionen Euro), der Bau von Sozialwohnungen (107 Millionen Euro), der Aufbau der digitalen Verwaltung (26 Millionen Euro) oder der Ausbau der Berufsausbildung (57 Millionen Euro). In diesen Bereichen würden die Projekte planmäßig nach und nach ausgeführt, heißt es. Weitgehend in trockenen Tüchern seien auch der Bau der neuen Kläranlage in Coll d'en Rabassa (240 Millionen Euro) sowie des Klinikums von Son Dureta (179 Millionen Euro). Inzwischen in der Phase öffentlicher Ausschreibung ist auch das Projekt der Kreislaufwirtschaft im Tourismus. Für knapp 42 Millionen Euro werden Vorhaben rund um Wassersparen, Müllvermeidung, Energieeffizienz und nachhaltige Mobilität gefördert.

Bei drei weiteren Projekten muss dagegen noch einiges passieren. Da wäre zum einen das geplante Forschungszentrum im alten Heizkraftwerk von Alcúdia zur Dekarbonisierung des Schiffsverkehrs. Das Gelände wurde zwar inzwischen erworben, dieses muss aber nun zunächst im Rahmen einer Ausschreibung entgiftet werden. 102 Millionen Euro sind für Alcúdia Tech Mar veranschlagt.

Erarbeitet werden muss noch ein Projekt für den Campus Palma Tech (20 Millionen Euro), der das Viertel Nou Llevant zum Innovationsdistrikt machen soll – eine Art urbaner Ableger der Balearen-Universität. Dasselbe gilt für CiCHLO (23 Millionen Euro), neben der Anlage in Lloseta ein weiterer Standort zur Erzeugung von grünem Wasserstoff – in diesem Fall aber mit den Sole-Rückständen der Entsalzungsanlage in der Bucht von Palma.

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