Die Rechtspopulisten fahren im Sprachenstreit auf Mallorca schweres Geschütz auf
Vox beharrt darauf, Katalanisch in den öffentlichen Schulen so schnell wie möglich zurückzudrängen. Das Druckmittel ist nichts weniger als der Haushaltsplan 2024
Diskretion geht anders. Entweder, die Volkspartei (PP) legt einen Zeitplan zur Einführung der freien Wahl der ersten Unterrichtssprache in allen Jahrgangsstufen vor. Oder die Rechtspartei Vox verweigert ihre Stimmen zum Beschluss des Haushaltsentwurfs 2024, für den die PP auf ihren Juniorpartner angewiesen ist. Die Drohung brachte der Vox-Abgeordnete Agustí Buades bei der Debatte des Balearen-Parlaments am Dienstag (24.10.) vor – und leitete seine Worte mit dem ironischen Zusatz ein: „Jetzt, da uns gerade keiner hört.“
Mit ihrem Bündnispartner Vox hat sich die regierende PP ein handfestes Problem eingehandelt. Die Rechtspartei schaltet nicht nur inhaltlich bei dem Ziel der Zurückdrängung des Katalanischen im öffentlichen Schulwesen auf stur und stimmte deswegen vergangene Woche überraschend gegen den Haushaltsentwurf der PP. Vox führt die konservative Volkspartei auch öffentlich vor und stellt die Autorität von Bildungsminister Antoni Vera (PP) infrage. Dieser lasse mit unverbindlichen Aussagen Zweifel aufkommen, ob er es mit der vereinbarten Freiheit bei der Wahl der Unterrichtssprache überhaupt ernst meine, erklärte Fraktionssprecherin Idoia Ribas.
Klassen nach Sprachen trennen
Konkret fordert Vox, die Klassen in Abhängigkeit von der gewählten Unterrichtssprache zu trennen – eine Neuorganisation, die in der Praxis nach Ansicht der Gewerkschaften personell wie finanziell schwer umsetzbar ist. „Oder will der Herr Minister den Kindern vielleicht Ohrstöpsel verpassen?“, fragte Ribas ironisch bei einer Debatte im Regionalsender IB3 – eine Anspielung auf die kürzliche Einführung der Regionalsprachen im spanischen Parlament.
Die PP-Chefin und balearische Ministerpräsidentin Marga Prohens stärkte dem kritisierten Minister den Rücken und wies die Kritik von Vox deutlich, wenn auch in konziliantem Ton zurück. Entscheidungen in zentralen Fragen wie der Unterrichtssprache könne man nicht übers Knie brechen, sondern müsse man vielmehr mit allen Beteiligten besprechen, mit Lehrern, Eltern, Gewerkschaften. Man werde die Absprachen mit Vox einhalten. Ein Zeitplan sei allerdings nicht vereinbart, vielmehr plane man eine stufenweise Einführung der freien Wahl der ersten Unterrichtssprache ab dem Schuljahr 2024/25.
Interne Krise in Vox
Die Lage ist auch deswegen prekär, weil es Spannungen innerhalb der Vox-Fraktion im Balearen-Parlament gibt, zwischen einem konzilianten Flügel, der dem Haushaltsentwurf der Volkspartei zustimmen will, und den Hardlinern. Diese setzten sich letztendlich durch, wie auch an einer Personalentscheidung deutlich wurde: Der stellvertretende Vox-Fraktionssprecher und Vertreter des konzilianten Flügels, Francisco José Cardona, wurde seines Postens entbunden. Der interne Streit beunruhigt auch die Parteispitze von Vox in Madrid, die sich inzwischen eingeschaltet hat.
Das sagt die Opposition
Die Spannungen zwischen PP und Vox sind eine Steilvorlage für die oppositionellen Sozialisten. Sprecher Iago Negueruela bot an, dass sich seine Partei bei der Abstimmung über den Haushaltsentwurf enthalte, wenn die PP im Gegenzug die Sprachpolitik von Vox ablehne und etwa die Kostenfreiheit des öffentlichen Nahverkehrs im kommenden Jahr fortführe. Mit der Zurückdrängung des Katalanischen werde der soziale Friede an den öffentlichen Schulen zunichtegemacht.
Das Gesetz schreibt einen Mindestanteil von 50 Prozent Katalanisch vor. In der Praxis werden aber die meisten Fächer in der Inselsprache unterrichtet. Der Gebrauch des Katalanischen auf den Balearen ist trotz der Förderung seit Jahren im Rückgang begriffen.
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