Bürgermeister der Touristenhochburg Calvià auf Mallorca: „Wir dürfen die Urlauber nicht dämonisieren“

Juan Antonio Amengual über seine Pläne für die Gemeinde, die Saison in Magaluf und seinen ersten Haushalt mit der Rechtspartei Vox

Juan Antonio Amengual ist seit Juni Bürgermeister von Calvià, der drittgrößten Gemeinde auf Mallorca.

Juan Antonio Amengual ist seit Juni Bürgermeister von Calvià, der drittgrößten Gemeinde auf Mallorca. / JUAN LUIS IGLESIAS

Johannes Krayer

Johannes Krayer

In der Woche vor Weihnachten ist Juan Antonio Amengual (konservative Volkspartei, PP) ständig auf dem Sprung. „Sie können sich nicht vorstellen, wie viel bei uns in der Gemeinde los ist“, sagt der Bürgermeister von Calvià, als er während des Telefoninterviews zum Auto hetzt, um zu einem Weihnachtskonzert zu fahren. Am Freitag (22.12.) ging es dann nach Madrid, wo er als neuer Präsident der alianza de municipios turísticos (Allianz der touristischen Gemeinden, AMT) mit der Zentralregierung Steuererleichterungen für die acht zugehörigen Kommunen aushandeln wollte. In der Großgemeinde Calvià regiert er seit Juni in einer Koalition mit der Rechtspartei Vox.

Sie sind erst seit ein paar Wochen Präsident der AMT. Was ist Ihr wichtigstes Ziel?

Wir wollen erreichen, dass man unsere Orte als sogenannte touristische Gemeinden einstuft. Damit können wir dann Steuervorteile durchsetzen. Zum einen wäre das ein reduzierter Mehrwertsteuersatz für die touristischen Gemeinden von drei Prozent statt den 21 Prozent, die wir bisher zahlen müssen. Und zum anderen würde das bedeuten, dass die Gemeinden einen Prozentsatz von bestimmten Abgaben behalten dürfen. Diese gesonderte Finanzierung wäre für die Urlaubsorte wichtig, um ein Stück weit die Ausgaben zu kompensieren, die wir vor allem in der Hochsaison haben.

Wer bestimmt, welche Orte touristische Gemeinde werden?

Die Zentralregierung in Madrid. Und damit wir dort größere Erfolgsaussichten haben, gibt es diesen Zusammenschluss der acht Urlaubsregionen. Wir stellen gemeinsam immerhin 20 Prozent der Hotelbetten in ganz Spanien.

Diese Gemeinden stehen vor allem für den Massentourismus. Ein Konzept, das heute zunehmend kritisch gesehen wird. Wie wollen Sie sich für die Zukunft aufstellen?

Es ist klar, dass das Erfolgsrezept dieser acht Orte aus Sonne und Strand besteht. Davon leben wir, es ist der zentrale Wirtschaftsmotor in diesen Gemeinden. Wir wollen erreichen, dass dieses Konzept ernst genommen und nicht verurteilt wird. Dank Sonne und Strand wurde der Tourismus in Spanien groß. Alles, was daraus geworden ist, verdanken wir diesem Konzept. Diese Sonderstellung muss anerkannt werden, gerade wegen der negativen Presse. Wir wollen, dass man den Strandtourismus als Industrie einstuft. In Deutschland baut ihr Autos, in Spanien bieten wir Dienstleistungen an. Im Sommer verfünffacht sich hier die Einwohnerzahl, da brauchen wir mehr Unterstützung.

Diese Überfüllung sorgt inzwischen für immer mehr Kritik, speziell bei den Einwohnern.

Das stimmt, aber wir wollen, dass der Tourismus auch für die Einheimischen ein Gewinn ist. Und wir haben in ganz Spanien dieselbe Herausforderung.

Um Druck vom Sommer wegzunehmen, wollen Sie wie auch Ihre politischen Vorgänger Calvià als ganzjähriges Urlaubsziel aufstellen. Wie wollen Sie das erreichen?

Calvià muss mehr als Strand und Sonne sein. Dafür gibt es die Initiative Calvià 365. Wir wollen Sporttourismus, Wandern oder Kongresstourismus fördern. Auch digitale Nomaden wollen wir anlocken. Dafür können wir uns auf modernisierte Hotels stützen, die inzwischen für hohe Qualität stehen.

Sie wollen auch die Strände ganzjährig bewirtschaften. 22 Unternehmen haben sich für die Konzession ab dem neuen Jahr beworben. Jetzt haben Sie die Qual der Wahl.

Wir haben gemerkt, dass es ein enormes Interesse daran gibt, eine Konzession für die Strände von Calvià zu bekommen. Die Mindestgebote wurden zum Teil verdoppelt.

Trotzdem gab es Beschwerden von Unternehmern, die die Preise für die Konzessionen für deutlich zu hoch halten.

Ja, aber diese Klagen kamen von den Unternehmen, die bisher die Konzessionen für die Strände innehatten. Die haben sich beklagt und Stimmung gegen die öffentliche Ausschreibung gemacht. Genannt wird eine fiktive Summe von 166 Millionen Euro, auf die sich die Konzessionen angeblich belaufen. Das seien die Einnahmen, die alle Strände gemeinsam innerhalb von vier Jahren möglicherweise abwerfen könnten. Das ist Demagogie. Für den Strand von Magaluf liegen Angebote über zwei Millionen Euro vor, verlangt haben wir nur etwas mehr als eine Million Euro.

Sie haben im Dezember Ihren ersten Haushalt verabschiedet, der mit 128 Millionen Euro 19 Millionen Euro höher ausfällt als bisher. Wo stammen die Mehreinnahmen her?

Diese Summe kommt vor allem durch Baugenehmigungen zustande, aber auch durch Steuereinnahmen und dem Geld, das die Zentralregierung überweist.

Warum finden sich im Haushalt keine Maßnahmen zum Klimaschutz? Konnten Sie mit Vox über das Thema nicht sprechen?

Das hat nichts mit Vox zu tun. In diesem Bereich gibt es keine Kürzungen.

Magaluf schien unter Kontrolle zu sein, doch zum Ende der Saison kam es doch zu Exzessen. Wie haben Sie den Sommer erlebt?

Die Gruppenvergewaltigungen haben die Saison überschattet. Aber die Polizei hat schnell reagiert. Die Geschäftsleute haben mir gesagt, dass sie sehr zufrieden sind mit der Saison.

Sie wollen, dass das neue und strenge Dekret für verantwortungsbewussten Tourismus für ganz Magaluf gilt. Ist das nötig, wo doch nur zwei, drei Straßen problematisch sind?

Ja. Das jetzige Dekret unterscheidet zwischen einer Straßenseite und der anderen. Das ist völlig willkürlich. Wir brandmarken mit der Definition dieses Gebiets die dortigen Besucher, die auf Mallorca einfach nur Spaß haben wollen. Wir waren doch alle mal jung. Wir dürfen die Urlauber nicht dämonisieren.

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