Plötzlich ist es still. Der Lärm aus der riesigen Fabrikhalle in Consell verstummt. Seit dem frühen Morgen wurden hier Mandeln der diesjährigen Ernte geknackt. Wenig später stellt sich heraus, dass die riesige, hochmoderne Maschinenanlage wegen einer Routinewartung abgeschaltet worden ist. Deswegen müssen die von den Landwirten abgelieferten Mandeln der neuen Ernte noch eine Weile ungeschält in Big Bags beim Eingang der Kooperative Camp Mallorquí warten.

Die Genossenschaft besitzt nicht die einzige Schälanlage auf Mallorca. „Aber nur Kerne, die hier geknackt und weiterverarbeitet worden sind, dürfen mit der EU-Herkunftsbezeichnung ‚Indicación Geográfica Protegida‘ (IGP) Ametlla de Mallorca verkauft werden“, sagt Toni Bonafé. Er ist seit 2019 Vorsitzender des Consejo Regulador, des Kontrollrats für das Herkunftssiegel, dem auch Mandelproduzenten und Verarbeitungsbetriebe angehören.

Ein neues Logo für die Mandel von hier

Gerade mal zwei Jahre hatte der Consejo Regulador die EU-Genehmigung für die Herkunftsbezeichnung, als 2016 auf Mallorca die ersten mit dem Feuerbakterium (Xylella fastitiosa) infizierten Mandelbäume entdeckt wurden. Von da an war der Kontrollrat nicht nur dafür verantwortlich, dass Mandelkerne vom spanischen Festland und aus Kalifornien nicht mit der Herkunftsbezeichnung „Mallorca“ verkauft werden. Gemeinsam mit den Agraringenieuren unterstützte der Consejo Regulador ab dann die Landwirte bei der Rodung der Mandelfelder sowie bei der Sortenauswahl für die neuen Plantagen. Zudem kommen Mitarbeiter des Landwirtschaftsministeriums auf die Fincas, um den Zustand der Bäume und deren Schnitt zu kontrollieren.

Doch erst wenn die wegen der Xylella-Plage gepflanzten Bäumchen fünf Jahre alt sind, also frühestens im Jahr 2023, werden die jungen almendros Mandeln zur Steigerung der Inselernten beitragen. Denn diese befinden sich seit Jahren im Abwärtstrend. Aber nicht alle: Denn erste Erfolge zeigen die Ernten der insgesamt 236 Landwirte, die Mitglieder der IGP sind und 3.590 der insgesamt 12.000 Hektar Mandelplantagen auf der Insel bewirtschaften. 2020 ernteten die IGP-Bauern 607 Tonnen Mandeln, das waren 20 Prozent mehr als im Vorjahr. Auch bei den Preisen bewährt sich die Mitgliedschaft: Die IGP-Landwirte bekommen dieses Jahr 4 Euro für das Kilo Mandeln, Bauern ohne Herkunftssiegel 3,60 Euro. Den Biobauern bringt die Mandel 8 Euro ein.

Doch dem Kontrollrat liegt nicht nur der Ertrag für die Landwirte am Herzen. Es geht ihm auch um den Landschaftsschutz. Und das wird sich, darin ist sich Bonafé sicher, die nächsten Jahrzehnte nicht ändern. Damit die einheimischen Mandelbäume schon auf den Feldern zu erkennen sind, plant der Kontrollrat Schilder mit dem IGP-Logo: Ein weißes „A“ für ametlla (Mandel) mit einer querliegenden Mandel auf braunem Untergrund. Das Wahrnehmen der Felder kann schließlich später entscheidend für die Kaufentscheidung sein.

„Oft werde ich gefragt, ob es eine Sicherheit gibt, dass die neuen Sorten auf den frisch gepflanzten Plantagen nicht von der Xylella befallen werden“, sagt der Vorsitzende. Eine hundertprozentige Sicherheit vor der Ansteckung gebe es derzeit nicht. Doch im Landwirtschaftsministerium arbeite man an einer Langzeitstudie und vergleiche die Anfälligkeit für das Feuerbakterium von neuen und alten Sorten mit und ohne Bewässerung.

Mandeln verpacken

Das Gespräch fand bisher vor den Regalen der Franchise-Filiale Farmers & Co statt. Sie ist in einem Raum der Kooperative in Consell eingerichtet. Zum Kernsortiment gehören neben Käse, Wein und Honig auch die Mandeln, die nebenan geknackt und verarbeitet werden.

Um die Anlage zu besichtigen, müssen Besucher Schutzanzüge überziehen. Wir erfüllen die hygienischen Vorgaben und betreten einen hohen Raum, in dem es angenehm nach Mandeln duftet. Bei ohrenbetäubendem Lärm spuckt ein Metallrohr im Sekundentakt beständig 250 Gramm geschälte weiße Kerne aus. Die Verpackung wird sofort luftdicht verschlossen, und ein Mitarbeiter muss sich beeilen, mit dem Auflegen eines Aufklebers nicht in Verzug zu geraten.

Die 250-Gramm-Packung ist die kleinste Einheit für den Endverbraucher, auch die gemahlenen Mandeln gibt es in dieser Dosierung. Darüber hinaus werden sie auch kiloweise abgepackt sowie auch in Säcken mit jeweils 25 Kilogramm – so verlassen die meisten Mandeln die Fabrik. Sie werden bestellt von Großhändlern, Bäckereien oder Zulieferern von Restaurants. Außer den weißen Kernen gibt es die Mallorca-Mandel auch mit braunem Häutchen, beide auch geröstet.

Unterstützung von der EU

Damit es auf Mallorca wieder mehr und größere Mandelfelder gibt und die Erträge nach und nach wieder steigen, ist der Kontrollrat den Landwirten außerdem behilflich, Subventionen für die Anpflanzung von Plantagen mit alten und neuen Sorten zu beantragen. „Gemeinsam mit dem Landwirtschaftsministerium haben wir für die Insel Gelder im Rahmen des EU-Programms Next Generation beantragt“, berichtet Bonafé. Er rechne mit der Bewilligung der Subventionen in rund einem Monat. Die Chancen für die Genehmigung sind seiner Meinung nach gut.