Ein kleiner Brotkrümel auf der Anrichte, und schon sind sie auf dem Vormarsch: Ameisen können im Sommer auf Mallorca zu einer wahren Plage werden. „Ich weiß gar nicht mehr, wo ich überhaupt noch Essen lagern soll. Außer in den Backofen oder in den Kühlschrank kommen sie einfach überallhin“, jammert eine deutsche Hausbesitzerin in einem Außenbezirk von Palma de Mallorca. Nicht einzelne Insekten, sondern ganze Hundertschaften zieht es teilweise auf die Terrassen und in die Innenräume der Wohnhäuser. Nicht alle verbreiteten Maßnahmen, um sie aufzuhalten, sind tatsächlich effektiv.

Mit wem haben wir es zu tun?

„Auf den Balearen sind etwa 60 Ameisenarten dokumentiert, die meisten von ihnen sind einheimische Arten, es gibt aber auch invasive Arten, die von außen hinzugekommen sind“, sagt Miguel Ángel Miranda, Dekan der zoologischen Fakultät der Balearen-Universität. Grundsätzlich, erklärt er, unterscheiden sich Ameisen durch eine Verschmälerung zwischen Brustkorb und Unterleib von anderen Insekten wie beispielsweise Termiten. „Sie sind soziale Insekten, die in Kasten unterteilt sind: die Soldaten, die Arbeiter und die für die Fortpflanzung zuständigen Tiere“, so Miranda. Allein die fortpflanzungsfähigen Tiere entwickeln Flügel. „Die gesamte Kolonie ist so koordiniert, dass eine Ameisenkönigin alle Eier legt, die dann die Kolonie erhalten.“

Die häufigste Ameisenart, die es auf Mallorca in Landhäuser, aber auch in Wohnungen in Mehrfamilienhäusern zieht, sei die invasive Argentinische Ameise (Linepithema humile). „Sie stammt ursprünglich aus Argentinien und tauchte erstmals in den 1950er-Jahren auf Mallorca auf. Sie ist in der Lage, sich in städtischen Gebieten anzusiedeln und sich von verschiedenen Arten von Nahrungsmitteln zu ernähren“, erklärt der Zoologe. Die Besonderheit: „Sie bildet auch Superkolonien mit Millionen von Individuen und hat sogar mehr als eine Ameisenkönigin.“

„Oft haben wir es in Häusern aber auch mit der einheimischen Gemeinen Ameise zu tun“, so Antonio Galán, Leiter der Schädlingsbekämpfungsfirma L’Artisan aus Palma. Sie habe eine fast schwarze Farbe und sei somit dunkler und etwas größer als die hellbraune, nur zwei bis drei Millimeter kleine Argentinische Ameise. Darüber hinaus fänden auch verschiedene Arten der Rossameisen (Camponotus ligniperda) den Weg in die Wohnhäuser. „Sie sind in Holz zu finden, gefährden allerdings nicht die Struktur wie Termiten, da sie ausschließlich bereits vorhandene Löcher und Tunnel im Holz nutzen“, so Galán weiter.

„Ameisen sind in der Natur ein wichtiger Bestandteil von Ökosystemen, da sie in großer Zahl vorkommen. Sie dienen als Nahrung für andere Tierarten, erfüllen aber auch eine ganze Reihe von Aufgaben, wie die Verbreitung von Pflanzensamen oder das Zersetzen von Kadavern und bringen organisches Material in den Boden ein“, unterstreicht Zoologe Miranda weiter.

Wie Die Invasion verhindern?

„Die erste Regel zur Vermeidung von Problemen mit Ameisen, insbesondere mit der Argentinischen Ameise, besteht darin, keine Nahrungsquelle in Reichweite zu lassen. Ameisen interessieren sich nur für das Essen in unseren Häusern und für uns Menschen überhaupt nicht“, so Miranda. „Wer Probleme mit Ameisen hat, sollte in jedem Fall direkt nach jeder Essenszubereitung alle Reste gut verpacken und die Oberflächen und Böden säubern“, so Kammerjäger Antonio Galán, dessen Unternehmen auf ganz Mallorca im Einsatz ist und vor 27 Jahren von seinem Vater gegründet wurde. Gerade im Sommer sei Vorsicht geboten, denn da seien die Tiere am aktivsten auf Futtersuche. „Sie mögen vor allem süße Speisen, aber auch Kadaver. Man sollte also darauf achten, dass keine toten Insekten unter Möbeln liegen“, ergänzt Eugenia Coll von der Schädlingsbekämpfungsfirma Illes Control.

Wann eingreifen?

„Wenn es nur vereinzelte Exemplare sind, die sich in die Wohnung verirren, dann würde ich gar nicht groß aktiv werden, sie sind ja nicht gefährlich“, betont Antonio Galán. Handelsübliche Fallen, die die nach dem Geruchssinn wandernden Tiere umlenken, könnten in weniger schwerwiegenden Fällen helfen, so Eugenia Coll. Wenn es jedoch zu einer dauerhaften Invasion käme, dann sei der Einsatz von professionellen Schädlingsbekämpfern unumgänglich. Das bestätigt auch Zoologe Miranda. „Eine wahllose Behandlung mit Insektiziden gegen Ameisen kann die Umwelt schädigen. Bei einem größeren Befall sollte die Behandlung von einem Fachunternehmen durchgeführt werden“, rät er.

Meist verwenden die Profis Köder, die von den Arbeiterameisen aufgenommen und in einem speziellen Magen, dem Kropf, gespeichert werden. „Wenn sie das Nest erreichen, geben die Ameisen die in der Speiseröhre gelagerte Nahrung durch ihre Mäuler von einer zur anderen weiter, sodass das giftige Gel in der Kolonie verteilt und die Population reduziert wird“, so Miranda.

„In Fällen von schwerer Plage ist die einzige Möglichkeit, den gesamten Ameisenbau außer Gefecht zu setzen“, sagt Galán. Bei einem Ortsbesuch müssten die Spezialisten zunächst herausfinden, wo sich der Bau befindet, dann käme ein spezielles Gel zum Einsatz. „In der Regel verwenden wir Mittel, die verträglich für die Umwelt sind und auch in Haushalten eingesetzt werden können, in denen Haustiere und Kleinkinder leben.“ Manchmal komme man um echte Chemiekeulen, die im Außenbereich eingesetzt werden, aber nicht herum, so Eugenia Coll. „Dann ist Vorsicht geboten. Dies müssen die Kammerjäger von Fall zu Fall abwägen.“

Von alten Hausmitteln, beispielsweise von Backpulver, das man auf die Ameisenstraße streut, damit die Tiere es fressen und dann an aufgeblähten Mägen sterben, raten alle befragten Experten ab. Auch von Duftkräutern oder stark riechenden Ölen, die den Geruchssinn der Insekten verwirren sollen, halten sie wenig. „Wenn es nur wenige Tiere sind, kann man sie einfach wegfegen, das genügt“, sagt Antonio Galán.