Der erste Heimatbesuch des früheren Königs Juan Carlos, zwei Jahre nachdem er sich wegen der Skandale um seine Finanzen nach Abu Dhabi absetzte, war eine Reise in die Vergangenheit. Am vergangenen Wochenende nahm der Rex Emeritus im galicischen Nobelbadeort Sanxenxo mit seiner Yacht Bribón an einer Regatta teil. Der 84-Jährige genoss sichtbar die Aufmerksamkeit und das Bad in der Menge, so wie zu seinen besten Zeiten. Dutzende Menschen jubelten ihm zu und rund 200 Journalisten waren für die Sportveranstaltung akkreditiert. Juan Carlos nahm einen Preis entgegen und besuchte ein Handballspiel seines Enkels Pablo Urdangarin. Die An- und Abreise erfolgte im Privatjet, den ihm angeblich sein Gastgeber in Abu Dhabi, Scheich Mohamed Bin Zayed, spendiert haben soll.

Erklärungen, wofür denn?

Den Journalisten beantwortete Juan Carlos Fragen aus dem Autofenster. Ob er wohl für seine dubiosen Finanzen der Vergangenheit Erklärungen geben werde, fragte eine Reporterin. „Erklärungen wofür denn?“, so die Antwort des gut aufgelegten Bourbonen. Diese Aussage brachte das Fass zum Überlaufen. Sein Sohn und Nachfolger auf dem Thron, Felipe VI., war nach Angaben der Berichterstatter des Königshauses „not amused“ über den Auftritt seines Vaters. Der erste Aufenthalt von Juan Carlos seit August 2020, als er sich buchstäblich in Nacht und Nebel aus dem Staub machte – offiziell, um die Arbeit des neuen Staatsoberhauptes nicht zu behindern – sollte diskret und bescheiden verlaufen. Genau das Gegenteil war der Fall. Der emeritierte König zeigte mit dem Schwelgen in Luxus – Privatjet, Yacht und umgeben vom Jetset – sowie seinen Aussagen nicht ansatzweise Reue für die Sünden der Vergangenheit.

„Ohne Zweifel hat er eine gute Gelegenheit ausgelassen, um Erklärungen zu geben und sich zu entschuldigen“, kritisierte Regierungssprecherin Isabel Rodríguez. Das ehemalige Staatsoberhaupt hätte bei seinem Heimatbesuch „vorsichtiger“ auftreten sollen, meinte die Ministerin der Sozialisten.

Ermittlungen eingestellt

Die Rückkehr des Altkönigs war möglich, weil im März die spanische Staatsanwaltschaft die Ermittlungen gegen ihn eingestellt hatte. Es ging dabei um ein Geschenk von 65 Millionen Euro von Saudi-Arabien, das möglicherweise mit der Vergabe eines Hochgeschwindigkeitszuges an ein spanisches Konsortium zusammenhängt. Juan Carlos bekam auch von anderen Millionären üppige Zuwendungen und versteckte sein Vermögen vor dem Fiskus in Steuerparadiesen. Diese Vergehen sieht die Staatsanwaltschaft als erwiesen an. Einige Vorgänge sind bereits verjährt, andere fanden statt, als der Monarch Immunität genoss, und schließlich bereinigte er andere Steuersünden durch Nachzahlungen von mehr als fünf Millionen Euro. Nur in London muss sich Juan Carlos noch vor Gericht verantworten. Seine frühere Geliebte Corinna zu Sayn-Wittgenstein wirft ihm Nötigung in Zusammenhang mit diversen Geldgeschäften vor.

Der Heimatbesuch war vorab mit dem Königshaus und der Regierung abgesprochen. Doch brachte die viertägige Reise die Institution unter Felipe VI. erneut unter gehörigen Druck. Seit er 2014 die Krone erbte, war der neue König darum bemüht, das ramponierte Image der Monarchie aufzubessern. Er setzte neue Verhaltensregeln durch, die den Mitgliedern der königlichen Familie etwa untersagen, Geschenke anzunehmen, die „über eine reine Geste der Höflichkeit hinausgehen“. Der Privatjet von Juan Carlos fällt bestimmt nicht in diese Kategorie. Offiziell zählt er noch zur „familia real“, obwohl Felipe ihm 2020 die Bezüge gestrichen hatte.

Besuch in Madrid

Am Montag (23.5.) nach der Regatta in Galicien traf Juan Carlos zu dem mit Spannung erwarteten Besuch bei Felipe in Madrid ein. Elf Stunden dauerte das Zusammentreffen im Zarzuela-Palast, wo der frühere Monarch jahrzehntelang gelebt hatte. Übernachten durfte er dort nicht. Es gab kein offizielles Foto von Vater und Sohn. Beim Essen waren Königin Letizia und Altkönigin Sofia sowie andere Familienmitglieder anwesend. Die beiden Bourbonen hätten „eine lange Konversation über Familienangelegenheiten gehalten sowie verschiedene Ereignisse und deren Auswirkungen in der spanischen Gesellschaft seit der Ausreise von Juan Carlos diskutiert“, hieß es in einer Mitteilung der Casa del Rey.

Die Sozialisten von Ministerpräsident Pedro Sánchez waren darum bemüht, das Ansehen des aktuellen Staatsoberhauptes vom Image dessen Vorgängers zu trennen. Felipe VI. zeige „wie eine Monarchie im 21. Jahrhundert sein muss“, unterstrich Regierungssprecherin Rodríguez. Doch der Koalitionspartner, das Linksbündnis Unidas Podemos, sah den Auftritt und die mangelnde Reue von Juan Carlos als neuen Beleg dafür, der Monarchie an den Kragen zu gehen, und den Weg hin zu einer Republik einzuschlagen. Auch die verschiedenen nationalistischen Parteien gehören traditionell zu den Feinden des Königshauses. „Juan Carlos ist der beste Republikaner, den dieses Land hat“, frohlockte sarkastisch Gabriel Rufián, der Fraktionssprecher der Republikanischen Linken Kataloniens ERC im spanischen Parlament. Die rechten Parteien und konservative Medien stellten sich dagegen hinter Juan Carlos und warfen den Linken vor, mit ihrer Kritik an dessen Besuch die Monarchie beschädigen zu wollen.

Nun ist Juan Carlos wieder in sein Luxus-exil in Abu Dhabi zurückgekehrt, wo er vorerst wohnhaft bleiben will. In der Pressemitteilung des Königshauses zum Besuch wird jedoch die Möglichkeit einer permanenten Rückkehr nach Spanien erwähnt. Die Begeisterung darüber dürfte sich im Zarzuela-Palast in Grenzen halten.