Tierschutz in Spanien: Was im neuen Gesetz steht - und was nicht

Die spanische Linksregierung verschärft die Auflagen massiv. Dass neben dem Stierkampf auch für die Jagd Sonderregeln gelten, hat nicht zuletzt taktische Gründe

Jagdhunde.

Jagdhunde. / L.O.

Thilo Schäfer

Thilo Schäfer

Bei Kontroversen um das Tierwohl ging es in Spanien bislang meist um den Stierkampf. Die Debatte um ein neues Tierschutzgesetz hat nun die Misshandlung von Jagdhunden und andere Aspekte auf die Tagesordnung gebracht. Nach langem Ringen wurde vergangene Woche im spanischen Parlament eine Reform mit knapper Mehrheit abgesegnet. Die Sozialisten der PSOE setzten sich am Ende gegen den erbitterten Widerstand ihres Koalitionspartners, des Linksbündnisses Unidas Podemos (UP), durch. Es stimmte letztlich einer Ausnahme der Schutzmaßnahmen für Jagdhunde zu. Das Gesetz verschärft zudem die Regeln zur Hundehaltung, schreibt die Sterilisierung von Katzen vor und verbietet den Verkauf exotischer Arten.

In den Wochen vor der Abstimmung im Congreso de los Diputados hatte es vielerorts in Spanien Demonstrationen gegeben, und zwar von beiden Seiten. Angeführt vom Verband der spanischen Jäger machten sich die Organisationen für eine Sonderregelung für die Tiere stark, die bei dieser Aktivität eingesetzt werden. Tierschützer und Umweltschutzgruppen protestierten gegen eine solche Ausnahme. Sie verweisen auf die weit verbreitete Misshandlung der Jagdhunde, die nach Ende der Saison oft ausgesetzt oder sogar getötet werden. Die Verabschiedung des Gesetzes sei „ein schwarzer Tag für die Tiere“, kritisiert die Tierschutzpartei Pacma, die bei den Parlamentswahlen 2019 fast ein Prozent der Stimmen in Spanien erreicht hatte.

Die Sozialisten bestritten dagegen, dass die Misshandlung von Jagdhunden gang und gäbe sei. Ein Sprecher der sozialistischen Regionalregierung von Extremadura sprach von Vorurteilen der urbanen Eliten gegenüber der Landbevölkerung. Die Jagd sei nicht das Privileg betuchter Aristokraten und Neureichen, sondern eine verbreitete und notwendige Tätigkeit der ländlichen Bevölkerung.

Jäger als Wählergruppe

Das ist allerdings nicht die ganze Geschichte. Die PSOE von Spaniens Ministerpräsident Pedro Sánchez hat in den dünn besiedelten Gegenden des Landes eine wichtige Wählerbasis, im Gegensatz zum Koalitionspartner UP, der vor allem in den größeren Städten seine Stimmen holt. Bei den Regionalwahlen im kommenden Mai hätten die Sozialisten mit einem strengeren Gesetz zum Tierschutz vielerorts auf dem Land wohl Anhänger verprellt, etwa in der Extremadura oder Kastilien-La Mancha, wo sie derzeit regieren.

Die Ausnahmeregel gilt neben der Jagd auch für Blindenhunde sowie Tiere im Dienst der Polizei und anderer Sicherheitskräfte oder der Rettungsdienste. Hirtenhunde werden von einer anderen Bestimmung ausgenommen. Es soll nämlich als Strafe gelten, wenn man einen Hund 24 Stunden unbeaufsichtigt lässt. Für andere Tiere gelten 72 Stunden.

In Spanien gibt es laut Schätzungen des Verbandes der Futterproduzenten (Anfaac) rund 29 Millionen Haustiere. Das neue Gesetz verlangt von Hundehaltern eine Art Halterschein. Dafür ist ein Kurs erforderlich, der kostenlos sein soll und online oder beim Tierarzt absolviert werden kann. Man muss dabei einen kleinen Test bestehen. Mehr ist zu der Regelung noch nicht bekannt.

Zudem wird für alle Hundehalter eine Haftpflichtversicherung Pflicht, wie sie bisher nur für als gefährlich eingeschätzte Rassen galt. Diese kostet in der Regel zwischen 25 und 50 Euro pro Jahr. Oft ist der eigene Hund aber schon über die Hausratversicherung mitversichert. Anstatt der bisherigen Liste von acht Rassen, die als gefährlich eingestuft sind, müssen bald alle Hunde ab einem Gewicht von zehn Kilo von einem Tierarzt auf ihre „Umgänglichkeit“ (sociabilidad) geprüft werden. Tiere, die den Test nicht bestehen, müssen dann an der Leine geführt werden oder einen Maulkorb tragen.

Für alle Katzen wiederum sieht das Gesetz eine Zwangssterilisierung vor, bevor sie ein Alter von sechs Monaten erreichen. Wichtig ist auch ein Verbot der Züchtung durch Privatpersonen: Wer fortan Tiere züchten will, muss sich in ein Register eintragen.

Tiere im Handel

Viel Streit gab es auch um das Verbot für Tierhandlungen. Diese dürfen keine Hunde, Katzen und Frettchen (hurones) mehr im Schaufenster anbieten und nur noch die Adoption dieser Art von Haustieren vermitteln. Der Sinn der Maßnahme ist, impulsive Käufe zu unterbinden, an Menschen, die sich aus einer Laune heraus ein Haustier zulegen und dieses dann sich selbst überlassen, wenn das Interesse erlischt. Betreiber von Tierhandlungen hatten vor der Abstimmung im Parlament gegen diesen Schritt demonstriert.

Das Gesetz enthält auch eine schwarze Liste von exotischen Spezies für den Handel. Darunter befinden sich vor allem Invasoren-Arten aus dem Ausland, die im Fall einer Freilassung in der spanischen Natur gehörige Schäden in den Ökosystemen anrichten können. Die Liste ist noch nicht definitiv, aber die Regierung trat Gerüchten entgegen, wonach auch Hamster betroffen sein könnten.

Zoo und Zirkus

Im Zoo und im Zirkus sollen in Zukunft keine Wildtiere mehr zu sehen sein, ebenso wenig auf Prozessionen. Der Stierkampf wird dagegen nicht angetastet. In Katalonien sind die corridas ohnehin seit Langem verboten, und in vielen anderen Regionen finden keine Stierkämpfe mehr statt. Der Oberste Gerichtshof Spaniens befand allerdings vor einigen Tagen, dass der Stierkampf Teil des sogenannten Kulturgutscheins sein müsse – im Gegensatz zur ursprünglichen Idee der Linksregierung. Achtzehnjährige erhalten einmalig 400 Euro für den Besuch von Konzerten, Theatern, Museen und nun eben auch Stierkämpfen, nicht aber Sportveranstaltungen.

Das Tierschutzgesetz muss nun noch durch den Senat. Bei UP sitzt der Frust tief darüber, dass man im Sinne des Friedens in der zuletzt arg angespannten Koalitionsregierung die Ausnahmeregelung für die Jagdhunde schlucken musste. Doch scheint es wenig wahrscheinlich, dass der Streit im Senat noch einmal neu aufgerollt wird.

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