Die Radsaison ist auf Mallorca gestartet. Bis Ende Mai wird die Insel wieder von der strampelnden Zunft bevölkert. Ein wichtiger Akteur aber hat sich zurückgezogen. Der Holländer Fred Rompelberg, der hinter dem Branchengiganten Max Huerzeler mit vier Leihstationen der zweitgrößte Radreise- und Leihanbieter ist, ist in den Ruhestand gegangen. „Meine Frau hatte gedroht, dass sie mich sonst verlässt“, sagt der 76-Jährige. Das Geschäft bleibt aber in der Familie. Neuer Leiter ist Schwiegersohn Jetse Scholma, der sich jahrelang gesträubt hatte, das Erbe anzutreten.

Ein fantastischer Geschäftsmann

Rompelberg und Huerzeler gehörten in den 80ern zur Bahnrad-Elite und jagten sich gegenseitig Rekorde ab. Als der Schweizer den Radtourismus auf Mallorca erfand, folgte der Holländer. Erst als Mitarbeiter, später als Konkurrent. Zwei Jahre lang fuhr Rompelberg für seinen früheren Rivalen als Tourguide, 1995 machte er sich selbstständig. Missgunst gab es deswegen nicht. „Anfangs habe ich alle Sachen von ihm gekauft und ihn wöchentlich um Rat gefragt. Er ist ein fantastischer Geschäftsmann“, sagt Rompelberg. „700 Gäste hatten wir im ersten Jahr. Bis zur Pandemie kamen jedes Jahr mehr. 2019 waren es 6.800 Kunden.“

„Sicherlich gab es keinen Streit, da beide unterschiedliche Bereiche bedienen“, sagt Jetse Scholma. Während Huerzeler sich auf das deutschsprachige Publikum rund um die Playa de Muro spezialisiert, verleiht Rompelberg seine Räder überwiegend an seine Landsleute und an Belgier an der Playa de Palma.

Der 42-jährige Schwiegersohn kennt das Geschäft seit 20 Jahren in- und auswendig. „Ich war früher ein fanatischer Hobbysportler und bin im Triathlon in der deutschen Bundesliga gestartet.“ Um sich auf eine Saison vorzubereiten, bewarb sich Scholma 2002 bei Rompelberg als Guide, wo er Letizia, eine der zwei Töchter des 76-Jährigen, kennenlernte. „Seitdem sind wir ein Paar.“

Arbeit und Familie trennen

Viele Jahre lang bettelte der Schwiegerpapa, dass die Kinder doch bitte eines Tages das Geschäft übernehmen sollen. Seine Tochter studierte an der Schauspielschule, Scholma promovierte in technischer Chemie. „Ich war dagegen, da ich Arbeit und Familie trennen wollte. Ich habe befürchtet, dass es zu Schwierigkeiten kommt, wenn wir rund um die Uhr zusammen sind“, sagt Scholma.

Doch der sturköpfige Rompelberg bekam seinen Willen. Nachdem Scholma an der Uni fertig studiert hatte, stieg er vor sieben Jahren beim Radverleih ein. Seit Februar hat er allein die Zügel in der Hand. „Es ist weniger stressig, da ich nun nicht mehr jede Entscheidung mit Fred diskutieren muss. Er sitzt noch im Beirat der Firma und bleibt so mit seiner Erfahrung erhalten.“

Alle drei Monate die Schule wechseln

Scholma kümmert sich um die Buchungen, seine Frau Letizia um das Abendprogramm. „Strategische Entscheidungen wie das zukünftige Konzept treffen wir aber gemeinsam“, so Scholma. Der Nachwuchs im Alter von vier, sechs und acht Jahren geht je drei Monate abwechselnd auf Schulen in Holland und auf Mallorca. „Zur Saison leben wir auf der Insel, im Sommer und Winter in der Heimat. Ich fühle mich hier wie dort wohl“, sagt Scholma.

Als Chef stand oben auf seiner Liste, die Organisation zu verbessern. „Fred wollte nie Aufgaben abgeben. Er hat die geführten Gruppen jeden Morgen auf der Straße mit einem Megafon eingeteilt. Die Leute mussten teilweise um ihren Platz in der Gruppe kämpfen.“ Was nach Chaos klingt, sieht der Rentner weniger schlimm. „In 20 Minuten hatte ich die Lage unter Kontrolle.“ Ganz der Insel fernbleiben will Rompelberg nicht. Die Stammgäste müssen schließlich gebührend begrüßt werden. „Zudem habe ich endlich Zeit zum Radfahren. Ich könnte wieder den Tourguide machen, dann aber mit einem E-Bike. Darauf fühle ich mich wie in jungen Jahren.“

Der schönste Monat im Jahr

Ganz so viele Radfahrer wie 2019 erwartet der holländische Anbieter nicht in diesem Jahr. „Normalerweise reservieren viele Leute schon Monate im Voraus. Durch die unsichere Lage wird der Urlaub heute eher spontan ein bis zwei Wochen vor dem Abflug gebucht“, sagt Scholma. Der Höhepunkt der Saison wird Ende April erreicht, wenn auch das ausverkaufte Volksrennen Mallorca 312 ansteht. Immer populärer wird das Radfahren auf Mallorca zudem im Herbst. „Der Oktober ist für mich der schönste Monat im Jahr. Die Sonne hat noch genügend Kraft, und abends bleibt es warm.“