Tomir, so heißt bekanntlich ein Berg auf Mallorca. Aber mit seiner Höhe von gut 1.100 Metern, Geröllzungen und felsigen Kletterpassagen ist der Puig Tomir nicht nur einer der anspruchsvollsten Gipfel der Insel, sondern jetzt auch Namensgeber für einen Schuh. Ein Modell, das für praktisch alle Outdoor-Aktivitäten rund um den gleichnamigen Berg taugen soll. Zum Beispiel für den Extremlauf Mallorca 5.000 Skyrunning am vergangenen Wochenende, bei dem diese Zahl von Höhenmetern auf einer Gesamtstrecke von 66 Kilometern überwunden werden musste – und der auch über den Gipfel des Tomir führte.

Für solche langen Läufe, bei denen es weniger auf Spitzengeschwindigkeiten denn auf Ausdauer ankommt, sei der Tomir ideal, meint Alejandro Forcades – ein Schuh für „Stunden über Stunden, die man in den Bergen ist“. Der Trailrunner aus Calvià, der zu Mallorcas Läuferelite gehört, gewann den Extremlauf am Samstag (22.10.) souverän mit einer Zeit von 8:33:29 Stunden – erfolgreiche Feuerprobe für den Tomir auf dem Tomir.

Made in Mallorca

Forcades ist nicht nur Markenbotschafter, sondern als studierter Wirtschaftswissenschaftler auch „Financial Operations Manager“ von Nnormal. So heißt die neue Marke, die Mallorcas Kultunternehmen Camper zusammen mit dem Extremsportler Kilian Jornet gegründet hat. Miguel Fluxá, vierte Generation der gleichnamigen Schuhmacher-Dynastie in Inca, firmiert als Generaldirektor und setzt damit den Spagat fort, den Camper seit Gründung der Marke 1975 vollführt: sich neu erfinden und gleichzeitig einer Tradition treu bleiben, die Mallorcas Deindustrialisierung überlebt hat. Camper (dt.: Bauer) ist das wohl am häufigsten angeführte Beispiel für Innovation auf der Insel. So reich das Sortiment auch ist – Sportschuhe waren bislang nicht dabei, Camper steht vielmehr für casual. Die Unternehmensgruppe dringt aber zunehmend in andere Branchen vor, betreibt Hotels in Berlin sowie Barcelona und ist derzeit an der Umgestaltung der Plaça Gomila beteiligt.

Die Schuhe Nnormal seien wirklich made in Mallorca, sagt Alejandro Forcades. Konzept und Design stammten von der Insel, auch die Prototypen, mit denen Kilian Jornet neue Rekorde wie etwa beim Ultra-Trail du Mont-Blanc aufstellte, seien in Inca entwickelt worden, handgefertigte Exemplare mit Komponenten aus dem 3-D-Drucker. Die Serienfertigung finde dann aber in China statt.

Der Name der Insel steckt aber auch im Markennamen: Die ersten drei Buchstaben stehen für das Land Norwegen, wo Jornet heute mit seiner Familie lebt und in dessen Fjord- und Gebirgslandschaften der gebürtige Katalane den Schuh ausgiebig testen konnte. Die drei letzten Buchstaben stehen für Mallorca, wo im Übrigen auch Trailrunner-Veteran Tòfol Castanyer aus Sóller für Nnormal wirbt statt wie früher für seine wie auch Jornets bisherige Hausmarke Salomon.

Langlebige Schuhe

Der Name ist eine Steilvorlage für Wortspiele in den sozialen Netzwerken – was ist schließlich schon normal? – wobei das doppelte N für „No-Normal“ steht. Zur Kommunikationsstrategie gehört das Bekenntnis, neue Wege gehen zu wollen. Die als Allrounder vermarkteten Schuhe sollen ein zeitloses Design haben und besonders langlebig sein, um Ressourcen zu schonen, so das Versprechen.

Nachhaltig sind vor allem solche Produkte, die man lange benutzen kann“, sagt Forcades. Kein unwichtiges Argument für Trailläufer auf Mallorca: Die Insel hat nicht ohne Grund den Beinamen Sa Roqueta – kleiner Fels. Es ist steinig in der Tramuntana, die Dämpfung der Trailschuhe mitunter schnell hinüber, die Sohle mit ihren speziellen Stollen abgewetzt.

Und so passt das zur Schau getragene Konzept der Nachhaltigkeit auch perfekt zu den prominenten Trägern der Schuhe. Castanyer engagiert sich mit Aktionsläufen und in Schulprojekten, bei denen er Kindern das reiche Erbe der Tramuntana nahebringen will. Vergangenes Wochenende trat er in den neuen Schuhen an, um in einem doppelten Extremlauf zweimal die Tramuntana zu durchqueren – und unterbot dabei mit gut 26 Stunden für die 190 Kilometer seine eigene Bestzeit. Schulklassen feuerten ihn mit Videobotschaften an, Hunderte Kinder liefen ein Stück mit. Jornet wiederum nutzt seine Prominenz für Kampagnen und Projekte zum Klimaschutz.

Mit norwegischem Akzent

Modelle gibt es derzeit zwei: Neben dem Tomir wurde auch der ebenso hohe norwegische Berg Kjerag im Namen verewigt. Bei diesem besonders leichten Schuh stehe die Laufgeschwindigkeit stärker im Vordergrund, betont Forcades – wobei die verwendeten Materialien und ihre Eigenschaften reichlich Stoff für Analysen in Fachmagazinen liefern. Weitere Modelle sind erst einmal nicht geplant, zumal der Tomir auch mit hohem Schaft für Ausflüge aller Art und in einer wasserabweisenden Version vertrieben wird. Erweitert wird das Sortiment vielmehr mit Sportbekleidung: Das Logo prangt künftig auch auf Laufhosen, Oberteilen und Accessoires. Dass das alles seinen Preis hat, versteht sich von selbst: Socken gibt es dann ab 20 Euro, Schuhe erst ab 150 Euro.

Auch wenn Nnormal seine Geschäfts- und Absatzzahlen derzeit noch diskret behandelt, scheint das Kalkül aufzugehen, trotz der gewaltigen und etablierten Markenkonkurrenz. Man habe Probleme, genügend Exemplare vorrätig zu halten, meint Forcades. Trailrunning liegt als naturverbundene Sportart im Trend, und gerade auf Mallorca gibt es eine große Anhängerschaft sowie zahlreiche Vereine. Bei der Pujada al Castell d’Alaró etwa, einem 14-Kilometer-Traillauf am vorvergangenen Wochenende, trugen laut Forcades bereits rund drei Dutzend der knapp 300 Läufer Modelle der neuen Marke an den Füßen.