Wer einmal im Hafen von Palma de Mallorca den Blick von den strahlend weißen Yachten abgewendet hat, um sich das Wasser näher anzuschauen, in dem sie schwimmen, der weiß: Dort unten sieht es nicht mehr ganz so schön aus. In der meist trüben und oft auch übel riechenden Brühe schwimmen allenfalls fette Karpfen, die sich von etwas ernähren, was man gar nicht so genau wissen will. Tauchertrupps bergen hier regelmäßig wahre Müllberge vom Hafengrund.

Zumindest was die Wasserqualität betrifft, ist nun Besserung in Sicht. Sie kommt in Form dicht gedrängter Miesmuschel-Bündel daher. Die sogenannte Bioremeditationstechnik ist ein Verfahren der Abfallentsorgung, bei der lebende Organismen – sogenannte Bioremediatoren – eingesetzt werden, um Schadstoffe von kontaminierten Standorten zu neutralisieren, abzubauen oder zu entfernen. Im Hafen von Palma wird dieses in New York bereits bewährte Verfahren jetzt ebenfalls angewendet – mit der Miesmuschel als Hauptdarsteller.

Aufgrund ihrer großen Toleranz gegenüber widrigen Umständen könne die Miesmuschel „als natürliches System zur Verbesserung der Umweltqualität“ genutzt werden, sagt Salud Deudero vom Centro Oceanográfico de Baleares, einem Ableger des Spanischen Ozeanografischen Instituts. Gerade in Häfen sei dies dringend notwendig, da dort Strömungen und Gezeiten nur eine geringe Rolle spielen und somit das Wasser kaum erneuert wird.

In diesen Reusen werden die Muscheln ins Wasser gelassen. Astilleros de Mallorca

Die Miesmuscheln kommen von der Nachbarinsel

Die Muscheln als Filtersystem, das klingt vielversprechend – und ist in der Praxis mit ziemlich wenig Aufwand verbunden. Mit logistischer Unterstützung der Werft Astilleros de Mallorca hat das Forschungsteam drei Käfige mit etwa je 30 Weichtier-Bündeln im Hafenbecken aufgestellt. Die Muscheln stammen allesamt von der Nachbarinsel Menorca. Als Vergleichsbasis brachten die Wissenschaftler zudem einen weiteren Käfig im offenen Meer an. Da die Miesmuscheln hier heimisch sind, bestehe keine Gefahr, dass sich invasive Arten rund um die Fallen ansiedeln.

Noch handele es sich aber um eine Testphase, unterstreicht Salud Deudero. Drei Monate lang wolle man die Muscheln im kontaminierten Hafenbecken hängen lassen, um dann die Auswirkungen zu analysieren. Die Erwartungen sind allerdings hoch: Nach den ersten Berechnungen der Wissenschaftler könnten etwa 4.000 Meter Weichtierseile innerhalb von drei Monaten das gesamte Wasser des Hafens von Palma filtern. Sollte sich diese Hoffnung erfüllen, steht der Miesmuschel eine steile Karriere bevor: Ziel der Hafenbehörde ist es, die mejillones bei erfolgreichem Abschluss der Testphase an allen Häfen rund um die Inseln einzusetzen.

Nur essen dürfe man die als Filter abgestellten Muscheln später nicht mehr, warnt Salud Deudero. Die Karpfen im Hafenbecken kommen ja schließlich auch nicht appetitlich daher.