Klimaneutral mit dem Wohnmobil nach Mallorca - dank Bio-Methan, Sonne und Wasserstoff
Ein Paar aus Ostfriesland ist mit seinem umgerüsteten Fahrzeug in ganz Europa unterwegs – und zeigt auch den Weg für die Insel auf
„Egal wo wir stehen, wir fallen auf“, sagen Ivonne und Bernd Brörmann, und meinen damit ihr Wohnmobil. Nicht nur, dass es sich um ein früheres Paketfahrzeug des Dienstleisters DHL handelt, das die beiden umgerüstet haben. Das mit einem monovalenten Erdgasantrieb ausgestattete Gefährt – der Motor wird also ausschließlich mit dem Kraftstoff Erdgas betrieben – trägt zudem eine leistungsstarke Solaranlage auf dem Dach. Mit einem Teil des per Sonnenenergie erzeugten Stroms wird durch Elektrolyse Wasserstoff hergestellt – und dieser wiederum dem Motor zugespeist.
Die Fahrt von Ostfriesland durch Luxemburg und Frankreich sowie Barcelona bis auf die Insel könnte man einerseits als eine Mallorca-Urlaubsreise ansehen, wie sie viele andere Deutsche auch unternehmen. Das Fahrzeug ist andererseits ein rollendes Pilotprojekt, das auf kleinstem Raum die Debatten um die Zukunft der Mobilität zusammenfasst. Praktisch kein fossiler Kraftstoff, dafür Bio-Methan, Solarenergie und grüner Wasserstoff – müsste das Paar mangels Angebot vor Ort nicht manchmal konventionelles Autogas zutanken, wären die beiden gar zu hundert Prozent klimaneutral unterwegs.
Fast 100.000 Kilometer
„So zuckeln wir quer durch Europa“, sagt Bernd Brörmann. „Es sind schon fast 100.000 Kilometer zusammengekommen“, erklärt er, nachdem er eine Lücke für das mächtige Fahrzeug – zulässiges Gesamtgewicht: mehr als fünf Tonnen – vor dem Verlagsgebäude der Mallorca Zeitung in Palma gefunden hat. Sorge um Knöllchen macht der 59-Jährige sich keine. Statt für Ärger sorge man allerorts für Neugier und habe jede Menge Fragen zu beantworten.
Und das machen die beiden gerne. Denn ihre Mission ist nicht nur ein gutes Gewissen durch klimaneutrale Mobilität. „Wenn wir reisen wollen, dann klimaneutral, und zwar jetzt, und nicht irgendwann in 20 Jahren.“ Das Paar versucht mit seinem Projekt auch darauf aufmerksam zu machen, was in der aktuellen Mobilitätsdebatte schiefläuft. „Was in den vergangenen zehn Jahren passiert ist, ist schwer zu verkraften“, sagt Brörmann, nicht wütend, sondern mit dem kühlen Blick des Sachverständigen.
Der Sachverständige für Gasanwendungen beobachtet im Prinzip zwei Kardinalfehler: Zum einen hätten Politik und Wirtschaft in Deutschland die strategisch wichtige Entwicklung der E-Mobilität lange Zeit verschlafen und anderen Standorten überlassen. Und jetzt, da es ein Bewusstsein für das Problem der fossilen Brennstoffe gebe, setze man einseitig auf Elektroautos. Dabei hätten diese bei ihrer Ökobilanz – Stichwort Batterie – ebenfalls mit Problemen zu kämpfen. Ein Verbot von Verbrennungsmotoren sei außerdem nicht wirklich mehrheitsfähig.
Die Entwicklung von mit Biogas betriebenen Fahrzeugen sei praktisch aufgegeben worden, nur bei Bussen werde noch investiert. „Ich sehe, dass wir uns breiter aufstellen müssen“, sagt Brörmann. Auf diese Weise ließe sich eine sofortige ökologische Entlastung erreichen und die Zeit für die Entwicklung einer tragfähigen Elektromobilität nutzen.
Umrüstung in Eigenregie
Die Umrüstung des Fahrzeugs begann vor vier Jahren. Nachdem den Brörmanns klar geworden war, dass sie mit politischem Engagement nicht weiterkamen, wollten sie zumindest im eigenen Wirkungskreis etwas erreichen. Als Sachverständiger hatte der Deutsche ausreichend Know-how, Ivonne Brörmann brachte durch ihre Tätigkeit im medizinischen Bereich der Dialyse-Anwendungen ebenfalls technisches Wissen mit.
Was genau steckt nun im Wohnmobil? Die Solaranlage auf dem Dach liefert unter idealen Voraussetzungen eine Leistung von rund 1,5 Kilowatt. Der Überschuss wird in einem 300-Amperestunden-Lithium-Eisenphosphat-Akku gespeichert. Mit dem gewonnenen Strom – soweit er nicht für sonstige Geräte im Wohnmobil nötig ist – wird dann so viel Wasserstoff hergestellt, dass dieser rund zehn Prozent des Erdgasanteils ersetzen kann. Dafür braucht es keine Fabrik, der grüne Wasserstoff kommt aus einer unscheinbaren Box.
„Das Projekt soll zeigen, dass mit vorhandenen Mitteln bereits heute Antriebskonzepte realisiert werden können, die der batteriebetriebenen Elektromobilität mit all ihren ungelösten Problemen weit voraus sind“, erklärt der Deutsche. Es ist ein bisschen im Kleinen, was auf Mallorca im Großen immer wieder angekündigt und derzeit geplant wird: die Wasserstofffabrik in Lloseta, die grünen Wasserstoff für Busse und Hotels liefern soll. Oder das mit EU-Geldern finanzierte Forschungszentrum im alten Heizkraftwerk von Alcúdia, wo Lösungen für den klimaneutralen Schiffsverkehr gefunden werden sollen. Genau das seien die Ansätze, die jetzt konsequent vorangetrieben werden müssen, findet Brörmann.
Noch ein weiter Weg
Dass der Weg dorthin noch weit ist, das zeigt der Reisealltag auf Mallorca. Brörmann sagt, seit seinem letzten Besuch vor einem Jahr habe die Blechlawine konventioneller Fahrzeuge auf den Inselstraßen weiter zugenommen. Gastankstellen dagegen gibt es nur zwei, im Gewerbegebiet Son Bugadelles bei Santa Ponça sowie beim Energiekonzern Endesa in Palma. Das Wohnmobil verfüge zwar über eine Reichweite über 450 bis 550 Kilometer. Doch weitere Stationen auf der Insel würden helfen, unnötige Fahrten zu verhindern. Auch wenn diese klimaneutral sind.
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