Der Energiekonzern Endesa hat das alte Heizkraftwerk von Port d'Alcúdia, das bereits in den 1980er Jahren stillgelegt wurde, an den Fonds Gingko Advisor verkauft. Das haben der Konzern sowie der neue Besitzer am Freitag (6.5.) gegenüber der MZ bestätigt.

Das ehrgeizige Projekt namens Alcúdia Tech Mar, das ein Zentrum zur Dekarbonisierung der Meereswirtschaft und zum Schutz des Lebensraums Meer auf dem Gelände des früheren Kraftwerks vorsieht, sei dadurch nicht gefährdet, heißt es. Der Fonds mit Sitz in der Schweiz habe Erfahrung mit der Entgiftung alter Industrieanlagen. Der neue Besitzer werde sich bemühen, im Konsens mit den Behörden das Gelände an künftige Anforderungen anzupassen, heißt es bei Endesa. 

Nachhaltigkeit statt Spekulation

Man sei kein Spekulationsfonds, sondern auf Nachhaltigkeitsprojekte sowie die Zusammenarbeit mit öffentlichen Institutionen spezialisiert, erklärt auch Antonio Truan, Spanien-Verantwortlicher des Fonds, im Gespräch mit der MZ. Gemeinsam werde man das künftige Projekt erarbeiten. Truan gibt aber auch zu bedenken, dass die Entgiftung des Industriegeländes eine aufwendige Angelegenheit sei und mehrere Jahre in Anspruch nehmen werde. 

Die balearische Landesregierung hat Alcúdia Tech Mar zum Projekt von strategischem Interesse erklärt, derzeit werden Hilfen aus Subventionsprogrammen der EU und der spanischen Regierung beantragt. Unter anderem geht es darum, fossile Energieträger im Schiffsverkehr durch nachhaltige Energien wie grünen Wasserstoff zu ersetzen.

Als einst Franco das Kraftwerk besuchte

Das frühere Heizkraftwerk namens Central Térmica de Alcúdia in unmittelbarer Nähe des Frachthafens von Port ­d'Alcúdia ist nicht zu ­verwechseln mit dem heutigen Kohlekraftwerk Es Murterar, das weiterhin, wenn auch nur noch auf Sparflamme, in Betrieb ist. Das alte Kraftwerk war damals eines der modernsten seiner Art in ganz Spanien. Nicht umsonst besuchte Diktator Franco die Insel im Jahr 1960, um das Werk zu besuchen und als Beispiel für den industriellen Fortschritt des Landes zu würdigen.

Auf der gegenüberliegenden Seite des knapp 30.000 Quadratmeter großen Fabrikgeländes ließ das später von Endesa übernommene Unternehmen Gesa eine Siedlung mit rund 30 Wohnhäusern für hochrangige Werksangestellte und deren Familien errichten. Dazu gehörten auch Kirche, ­Supermarkt, Spielplatz und Schwimmbad.

In den 1980er Jahren kam dann das Aus für das alte Kraftwerk. So hatte sich die auf Mallorca geförderte Braunkohle hinsichtlich ihres Brennwertes als zu minderwertig für den immer höheren Energiebedarf erwiesen. Gesa musste Steinkohle vom Festland nach Alcúdia transportieren, um die Stromversorgung während der Spitzenverbrauchszeiten im Hochsommer gewährleisten zu können. Ein neues Kraftwerk musste her - Es Murterar.

Komplex unter Denkmalschutz

Ein Projekt von 2004 sah vor, in der stillgelegten Anlage einen Industrie- und Kulturpark entstehen zu lassen. Doch es fehlte das Geld, das Projekt verlief im Sande. Seitdem verfällt die Anlage mit den zwei weithin in der Bucht von Alcúdia sichtbaren Türmen. Endesa beantragte zwar 2016 bei der Gemeinde eine Lizenz zum Abriss des Werks. Doch Alcúdia stellte den Komplex unter Schutz, außerdem läuft derzeit ein Denkmalschutzverfahren des Inselrats.

Dass die öffentliche Hand von einem Vorkaufsrecht Gebrauch mache, sei zwar prinzipiell möglich, stehe aber nicht zur Debatte, so der Baudezernent von Alcúdia, Joaquín Cantalapiedra. Alcúdia Tech Mar sei durch den Verkauf nicht gefährdet. Bei einem Projekt dieser Dimension müssten ohnehin öffentliche Verwaltung und private Hand an einem Strang ziehen.