Wie Handydaten verraten, welche Nationalitäten wo auf Mallorca ihren Urlaub verbringen

Das spanische Statistikinstitut hat in einer langjährigen Studie untersucht, wo sich Besucher der Insel am liebsten aufhalten

Eine Frau schaut auf ihr Handy, während sie einen Sonnenbad am Strand nimmt. Foto: Clara Margais/dpa

Eine Frau schaut auf ihr Handy, während sie einen Sonnenbad am Strand nimmt. Foto: Clara Margais/dpa / Foto: Clara Margais/dpa

Patrick Schirmer Sastre

Patrick Schirmer Sastre

Früher war es viel einfacher. Oder zumindest übersichtlicher. Die Urlauber kamen nach Mallorca über Reiseveranstalter. Die schickten die Menschen mit dem Flugzeug oder der Fähre auf die Insel. Von da ging es in ein Hotel. Für die Statistiker und Tourismusförderer im Jahr 1966 war es dadurch ohne Weiteres möglich, am 7. Juli jenen Jahres den Urlaubern Nummer 1.000.000 und 1.000.001 einen Blumenstrauß zu überreichen. Doch wie misst man heute – angesichts des Individualtourismus –, wie viele Menschen in den Urlaub nach Mallorca kommen? Am Flughafen und den Häfen? In den Hotels und legalen Ferienhäusern? Mit Umfragen und Hochrechnungen?

Das spanische Statistikinstitut INE versucht es nun auf anderem Wege und hat für die vergangenen Jahre die Nutzerdaten von ausländischen Mobiltelefonen ausgewertet. Damit will es viel genauer erfassen, wer wie lange an welchem Ort verbringt. Denn legale Unterkünfte sind vielleicht nicht jedermanns Sache, aber das Handy, das hat eigentlich jeder dabei. Und das ermöglicht spannende Beobachtungen.

Die Methode

Das INE hat ein Abkommen mit den drei größten spanischen Mobilfunkanbietern abgeschlossen, in deren Netz die ausländischen Handys sich bei einem Aufenthalt in Spanien einwählen. Die Macher der Studie betonen, dass die Daten der Urlauber anonymisiert übermittelt werden.

Der Beginn eines Aufenthalts wird ab der Nacht gewertet, ab der ein Handy zwischen 22 Uhr und 6 Uhr morgens in einer Gemeinde in Spanien registriert wird und auch zwischen diesem Zeitpunkt und der nächsten Nacht Signale abgibt. Sobald es in einer Nacht nicht mehr registriert wird, obwohl es im Laufe des Vortags noch in Spanien war, gilt der Urlaub als beendet.

Dem Urlauber wird eine Karenzzeit von sieben Tagen eingeräumt. Sollte das Handy im Laufe dieser Zeit wieder in derselben Gemeinde ein Signal abgeben, wird davon ausgegangen, dass der Urlaub fortgesetzt wurde. Taucht es in einer anderen Gemeinde auf, gilt diese als neuer Urlaubsort. Kommt das Signal nach mehr als einer Woche zurück, geht die Statistik von einem neuen Urlaubsbeginn in Spanien aus.

Die Einschränkungen

Das System ist natürlich nicht perfekt, wie die Macher der Studie in einer Pressemitteilung unumwunden zugeben. So kann nicht ausgeschlossen werden, dass eine Person mit mehreren Handys unterwegs ist und dadurch doppelt oder dreifach gezählt wird. Da es auch Residenten mit ausländischer Mobilfunknummer gibt, muss es sich bei den Handys nicht immer um Geräte von Urlaubern handeln. Und die wenigen Menschen, die ohne Handys reisen, werden von diesem System nicht erfasst.

Die Auswertung

Statistiken sind nicht immer ein Quell an Unterhaltung, aber das Tool, mit dem man sich diese Statistiken auf der Website des Instituto Nacional de Estadística anschauen kann, ist sehr gut gemacht. Es reicht bis ins Jahr 2019 zurück, sodass Monat für Monat die Daten für jede Gemeinde auf Mallorca ausgewertet werden können.

Wenig überraschend dürfte die Dominanz der Deutschen sein. Schauen wir uns stichprobenartig den Juli 2023 an. In 40 der 53 Gemeinden auf Mallorca wurden mehrheitlich deutsche Handys erfasst. Platz zwei belegten erwartungsgemäß die Briten. In zwei Gemeinden, Escorca und Bunyola, stellten die Italiener die größte Anzahl an ausländischen Handys.

Die Deutschen nahmen dafür ganze Gemeinden in Beschlag. In Mancor de la Vall, Santa Eugènia und Ariany gab es zwar Mobilfunknummern unterschiedlicher Nationen, die Deutschen sind aber die Einzigen, die in der Statistik auftauchen. Ganz anders ist die Lage hingegen in Deià. Dort belegten die Deutschen nur Platz drei (hinter den Briten und den US-Amerikanern), im August sogar nur Platz vier (hinter Frankreich). Auch in anderen Gemeinden gibt es Überraschungen. Die vermeintliche Deutschen-Hochburg Santanyí im Südosten der Insel ist seit Mai dieses Jahres laut INE in britischer Hand.

Die Deutschen sind treuer

Auffällig ist auch, dass die Deutschen im Vergleich zu der anderen großen Urlaubergruppe, den Briten, über das Jahr gesehen weitaus treuer sind. Von Januar bis April waren sie mit großem Abstand die größte Gruppe auf den Balearen. Im Mai und Juni schmolz die Führung dahin, und in den beiden Hauptsommermonaten Juli und August kamen mehr Briten. Im September übernahmen die Deutschen dann wieder.

Nur vier nicht-europäische Länder schicken ausreichend Urlauber, um statistisch erfasst zu werden. Die US-Amerikaner tauchen den ganzen Sommer über vor allem in der Tramuntana auf. Estellencs verzeichnete im Juli 41 Kanadier. In Artà waren es im August 447 algerische Handys. Und in Inca 123 Mobiltelefone aus Marokko.

Möglich sind auch Vergleiche zu den vergangenen Jahren. Im Vor-Corona-Jahr 2019 waren es im Juli in Palma 288.000 ausländische Handys (davon 104.000 deutsche). Im Juli des Pandemie-Jahres 2020 sank die Urlauber-Zahl auf 60.000 (26.000 Deutsche). Im Juli 2021 waren es wieder 153.000 Urlauber (55.000 Deutsche). 2022, als die Pandemie quasi schon vorbei war, zählte das INE in der Stadt schon 373.000 Urlauber (164.000 Deutsche). Und dieses Jahr ging es noch einmal hoch auf 385.000 Urlauber (172.000 Deutsche).

Und die Mallorquiner?

Die Statistik ermöglicht auch Aufschlüsse darüber, wohin die Spanier reisen. Auf die einzelnen Inseln ist das nicht herunterzubrechen, aber zumindest erfährt man mit den Statistiken, dass es die Bewohner der Balearen im Hauptreisemonat August bei Auslandsreisen vor allem nach Frankreich zog (8.600 Handys), Platz zwei belegt Italien (6.100), Platz drei Deutschland (6.000).

Wiederholt sich das Phänomen vom vergangenen Jahr, dürfte Deutschland im Dezember übrigens eine regelrechte Welle an Urlaubern von den Inseln erwarten. Damals wollten sich 9.900 Balearen-Bewohner einen Glühwein in authentischer Weihnachtsmarkt-Atmosphäre genehmigen.

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