Schon seit Jahren hinge zu Hause an der Wand ein Bild von einem Gletscher auf Island, erzählt Jorgina Fusté. „Ich wollte das schon immer einmal in echt sehen.“ Die Marketingmanagerin einer Musikagentur und ihr Lebenspartner flogen Ende Juli für zehn Tage in den nordischen Inselstaat. „Die Landschaft ist faszinierend. Wenn wir uns auf Mallorca Natur vorstellen, denken wir an Bäume und andere Pflanzen. Aber dort bedeutet Natur eine karge Gegend“, erzählt Fusté.

Wo die Natur nach Natur riecht: Marina Forteza und ihre Mutter auf dem Jakobsweg. |

Ein paar Tage der Hitze entkommen, sich an Orte ohne Menschenmassen zu begeben – das sind die Zielsetzungen vieler Mallorquiner, die in den Sommerurlaub fahren. So war es auch bei der Regisseurin Marga Melià. Mit ihrem Mann und ihrem vierjährigen Sohn ging es mit der Fähre nach Barcelona und von dort mit dem Auto über Frankreich in die Schweiz. „Ich liebe es, Auto zu fahren und spontan zu sein. Es gibt mir ein Gefühl von Abenteuer. Vor allem wenn man, wie in der Schweiz, auf nicht so viele andere Urlauber trifft.“ Nur der Wunsch nach Kälte, der habe nicht so geklappt. „Wir waren in der zweiten Julihälfte da – mitten in der Hitzewelle.“

Regisseurin Marga Melià zog es in die Schweiz. Hier posiert sie in Bern. |

Reisen im Sommer seien für die Mallorquiner dabei eher die Ausnahme, heißt es vom balearischen Reiseverband Aviba. „Wer vom Tourismus lebt, verreist eher im Winter. Dann sind Fernreisen sehr beliebt. New York dürfte durch den Direktflug hoch im Kurs stehen. Aber wir erwarten auch viele Buchungen für Lappland.“

Im Sommer verreisten eher die Beamten sowie Selbstständige, die sich ein paar Tage freinehmen können. Frankreich und Portugal seien in diesem Sommer sehr beliebt gewesen; die Nachfrage nach Deutschland und Großbritannien habe hingegen nachgelassen. Ein wenig überraschend: Auch die Nachfrage nach Hotelurlauben in Türkei und Ägypten sei hoch gewesen.

Und natürlich reisen auch die Mallorquiner gern innerhalb Spaniens. Hier wird vor allem der Norden des Landes bevorzugt. „Meine Mutter hat mich gefragt, ob wir den Jakobsweg machen wollen“, erzählt die Lehrerin Marina Forteza, die Mann und Tochter daheim ließ. „Es ist eine sehr heilsame Art des Reisens. Man bewegt sich und hat viel Zeit, um in sich zu gehen.“ Die Landschaft Nordspaniens vermittle Ruhe. „Die Natur riecht dort noch nach Natur.“ Zudem sei es – auch bei ihr kommt der Hinweis – wesentlich kühler als auf der Insel.

2021 habe sie noch coronabedingt mit der Familie Urlaub auf Mallorca gemacht. „Aber dieses Jahr ist es unmöglich. Die Hotels kann sich niemand mehr leisten“, sagt Marina Forteza. Auch Aviba konstatiert im Vergleich zu anderen Gegenden Europas „sehr hohe“ Hotelpreise. Der Reiselust der Inselbewohner bremse das aber ebenso wenig wie die Inflation. „Die Leute wollen raus.“

Von hohen Preisen in Island und in der Schweiz wissen freilich auch Fusté und Melià zu berichten. „Wir haben die Unterkünfte lange im Voraus gebucht“, erklärt die Regisseurin. „So war es dann halbwegs bezahlbar.“ Ganz entkommen lässt sich der Insel aber auch in der Ferne nicht. „Am letzten Tag unserer Reise haben wir eine Wal-Tour gemacht“, erzählt Jorgina Fusté. „An Bord des Schiffes war ein Mann, der einen Rucksack mit der Aufschrift ‚Turisme Calvià‘ trug.“