Die Stromtarife in Spanien können einen ganz schön paranoid werden lassen. Manch einer bekommt Schweißausbrüche, wenn die Partnerin oder ein Mitbewohner die Waschmaschine zum falschen, weil teureren Zeitpunkt einschaltet. Dabei ist es gar nicht so einfach, den richtigen Moment abzupassen, um Geld zu sparen. Hier kommt es auf die Wahl des Tarifs an. Einige Pakete kosten zwar etwas mehr, sorgen dann aber dafür, dass zu jeder Tageszeit der Lichtschalter angeknipst werden kann, ohne dass gleich Armut droht. Andere Angebote sind auf den ersten Blick billiger, bringen aber strikte Regeln mit sich.

Der regulierte Markt

In Spanien wird ein Standardtarif angeboten, der „Precio voluntario para el pequeño consumidor“ (PVPC). Der Preis ändert sich stündlich je nach Lage auf dem Großhandelsmarkt. Wenn in den Zeitungen steht, dass der Strompreis auf Rekordhöhe ist, sind die Kunden betroffen, die den regulären Tarif beziehen. Der aktuelle Betrag, der für die Kilowattstunde entrichtet werden muss, kann auf einer offiziellen Seite des Ministeriums nachgeschaut werden. Übersichtlicher ist es aber auf der Seite des privaten Vergleichsportals Selectra.

Eigentlich hatte die Regierung vor einem Jahr ein Drei-Stufen-Modell eingeführt, das den Stromverbrauch zu Stoßzeiten drosseln sollte. Das Ministerium hatte zu diesem Zweck den Tag in drei Phasen eingeteilt: Die hora punta von 10 bis 14 Uhr sowie 18 bis 22 Uhr, wenn der Strombedarf besonders hoch ist. Die hora llana von 8 bis 10 Uhr, 14 bis 18 Uhr und 22 Uhr bis Mitternacht sowie die hora valle von Mitternacht bis 8 Uhr sowie an Wochenenden und Feiertagen. Zur hora punta war der Strom wesentlich teurer als zur hora valle. Sprich: Stromfresser wie Geschirrspüler oder Waschmaschine sollten nachts laufen.

Durch die Ukraine-Krise funktioniert das System aber nicht mehr wirklich. „Gas ist sehr teuer, und dennoch ist Spanien zur Energieerzeugung darauf angewiesen. Die hohen Kosten geben die Produzenten an den Endverbraucher weiter“, sagt Alfonso Rodríguez, Chef des Verbraucherschutzverbands Consubal. Tagsüber können Windkraft und Sonnenenergie zur Stromgewinnung benutzt werden. Nachts ist das Gas fast alternativlos.

Das führt dazu, dass die hora valle nicht mehr der günstigste Zeitpunkt des Tages geworden ist. Das zeigt ein Blick auf die Strompreise am Montag (1.8.): Im Zeitraum von Mitternacht bis 8 Uhr liegt die Preisspanne zwischen 31 und 33 Cent pro Kilowattstunde. Die günstigste Phase ist von 14 bis 18 Uhr, wenn der Preis auf 28 Cent sinkt. Am teuersten ist weiterhin die Stoßzeit am Abend von 19 bis 22 Uhr. Hier kostet die Kilowattstunde 38 Cent.

Der freie Markt

Wer sich hingegen auf ein Angebot von den Energiekonzernen einlässt, dem können diese stündlichen Rechenspiele schnuppe sein. Auf dem freien Markt hat der Kunde die Auswahl zwischen zahlreichen Anbietern und Modellen. Neben der Frage, wo der Strom herkommen soll, müssen vor allem die persönlichen Gepflogenheiten berücksichtigt werden: Bin ich am Wochenende oft daheim? Konzentriert sich mein Stromverbrauch auf wenige Stunden am Tag? Möchte ich mir den Kopf zerbrechen, ob die Waschmaschine gerade laufen darf?

Auf der Stromrechnung findet sich ein QR-Code wieder, der zu einem Vergleichsportal der spanischen Wettbewerbsbehörde führt. Die Website ist derzeit wegen Wartungsarbeiten leider nicht aktiv. Unter „comparador tarifas luz“ lassen sich im Internet private Vergleichsportale finden. Spaniens größter Anbieter ist Endesa.

Die verschiedenen Tarife

In der Regel unterscheiden sich die Tarife in Festpreis (precio estable) und zeitabhängige Modelle (discriminación horaria). Beim Festpreis gibt es wiederum einen fixen Betrag für den ganzen Monat (wer weniger als kalkuliert verbraucht, bekommt unter Umständen einen Anteil zurück) oder einen festgeschriebenen Preis für die Kilowattstunde. „Hier sind jedoch oft Klauseln versteckt. Wir bekommen nicht wenige Beschwerden von Leuten, denen die Stromkonzerne trotz vorher abgesprochenem Betrag die Preise erhöht haben. Manchmal sogar ohne Ankündigung“, so Rodríguez.

So hat beispielsweise Endesa die Preise zum 1. Juli heftig angezogen und verdoppelt. In den meisten Fällen lohnt sich dann ein Tarifwechsel, da die Unternehmen mit Rabattaktionen locken. „Auch hier sollte man aber immer auf das Kleingedruckte schauen. Die Firmen gehen auf keinen Fall ein Minusgeschäft ein“, sagt der Verbraucherschützer.

Bei den zeitabhängigen Modellen gibt es oft kostenlose Stunden und Tage. Außerhalb dieser Zeiten ist der Preis für die Kilowattstunde dann aber extrem hoch. Da sollte die Waschmaschine dann auf die Stunde genau programmiert sein.