Nicht die Urlauber, die am Freitag vergangener Woche auf Mallorca ohne Sicherheitsabstand und Masken feierten, sondern die Medien sind an der Schließung der Partymeilen an der Playa de Palma verantwortlich. So der Tenor vieler derzeit in den sozialen Netzwerken geteilter Beiträge. Dazu gehört etwa ein Interview, das Michael Bohrmann, der Wirt des "Deutschen Ecks" in der Bierstraße, dem Kölner "Express" gab. „Ich bin den ganzen TV-Teams und allen, die Videos gedreht haben, sehr dankbar", formuliert er sarkastisch.

Bohrmann bestreitet ebenso wenig wie sein Kollege Max Grantin-Rohkst vom Et Dömsche, dass die Party auf der Bierstraße am Freitagabend vergangener Woche (10.7.) außer Kontrolle geraten war. Die Mallorca Zeitung hatte darüber als Erste berichtet (und dabei auch hervorgehoben, dass die Wirte alle Sicherheitsvorkehrungen eingehalten hatten und es vielmehr die Urlauber und die Straßenverkäufer waren, die unvorsichtig waren). Die Lage sei aber "nur zwei, drei Stunden" außer Rand und Band gewesen, so Bohrmann. Schon am Samstag habe man gemeinsam dafür gesorgt, dass derlei nicht wieder vorkomme (auch darüber hatte die MZ berichtet).

Zu diesem Zeitpunkt allerdings lief die deutsche Medienberichterstattung gerade erst an. Etliche Kamerateams rückten am Ballermann an. Dort ging es am Wochenende ruhiger zu, aber so manche Urlaubergruppe ließ sich von den Reportern dazu animieren, grölend in die Kamera zu jubeln, wie etwa Aufnahmen des Videoreporters Sven Gonzales belegen. Hinzu kamen Berichte spanischer Medien über das Partygeschehen in der Punta Ballena, dem britischen Pendant zum Ballermann in Magaluf. Zur weiteren Bebilderung wählten viele Redaktionen, gerade in Deutschland, Archivaufnahmen aus, die aber natürlich nichts über die aktuelle Situation aussagten.

Von Bildern getrieben

Die Politik reagierte panisch: In Deutschland warnte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn am Montag (13.7.) bereits vor einem "zweiten Ischgl", auf Mallorca bastelte man schon am Dienstag (14.7.) an der dann am Mittwoch bekanntgebebenen Schließung von Bierstraße, Schinkenstraße und Punta Ballena. Und das alles nicht aufgrund von polizeilichen Ermittlungen, sondern allein wegen der in den Medien zirkulierenden Bilder.

Sind nun also die Medien, ist die "Lügenpresse" an dem Malheur schuld, wie es in vielen Foren heißt? Ganz so einfach ist es nicht. Eine überzogene Berichterstattung hat sicherlich zum Basta! der Balearen-Regierung beigetragen. Es bleibt jedoch auch die Verantwortung jener, über die da berichtet wurde: zumeist junge Urlauber, die in Corona-Zeiten so feiern wie in Vor-Corona-Zeiten. Die "Bild-Zeitung" etwa veröffentlichte noch am Mittwoch ganz ähnliche Bilder einer Party, die in der Nacht von Montag auf Dienstag in einem etwas weiter abgelegenen Lokal an der Playa de Palma entstanden.

Offener Brief an die "Party People"

Und es gibt auch Stimmen aus der Szene, die die "Party People" selbst für das zumindest vorzeitige Ende des Ballermanns verantwortlich machen. So erreichte die Mallorca Zeitung die E-Mail eines mit der Situation an der Playa de Palma vertrauten Lesers: "Die Bilder vom Wochenende, sei es nun vom Ballermann oder aus Magaluf, zeugen doch von einer ganz bestimmten Haltung: Wir sind blöd. Wir sind egoistisch und rücksichtslos", schreibt Peter Schulze.

Und weiter: "Auch wenn auf Mallorca-Portalen und Online-Publikationen jetzt unterstellt wird, dass die Medien in ihrer Sensationsgeilheit ein Event total aufgebauscht haben, um sich zu empören, sage ich: falsch! Ihr, die Party People vom Ballermann, seid selbst schuld! Ihr wisst, dass die Regierung nur darauf wartet, den Partymeilen den Todesstoß zu versetzen, und dann liefert ihr solche Bilder! Wie ignorant kann man denn bitte sein? Hauptsache saufen, koste es was es wolle. Wir lassen uns das feiern nicht verbieten, Yolo, Corona ist nur eine Grippe und Malle nur einmal im Jahr!". Damit habe man sich ins eigene Fleisch geschnitten.

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