Saisonarbeiter auf Mallorca aufgepasst: Diese Rechte und Pflichten haben "fijos discontinuos"

Mit Beginn der Urlauber-Saison werden viele Mitarbeiter für einige Monate des Jahres angestellt. Was im Arbeitsvertrag stehen sollte

Vor allem im Hotel- und Gaststättengewerbe findet das Modell der „fijos discontinuos“ auf den Balearen Anwendung.  | FOTO: EUROPA PRESS

Vor allem im Hotel- und Gaststättengewerbe findet das Modell der „fijos discontinuos“ auf den Balearen Anwendung. | FOTO: EUROPA PRESS / Simone Werner

Simone Werner

Simone Werner

Ostern ist für viele Hotels, Restaurants, Cafés und Geschäfte jedes Jahr der Startschuss für die neue Saison. Einige suchen derzeit noch nach Personal. Da sie nicht das ganze Jahr geöffnet sind, stellen sie Mitarbeiter als sogenannte fijos discontinuos an. Die „unstetig Unbefristeten“ bekommen unbefristete Verträge, die nur einige Monate im Jahr gelten. Die Arbeitnehmer haben so eine gewisse Sicherheit, auch nächste Saison eine Arbeit und ein Einkommen zu haben. Der Arbeitgeber wiederum kann sie trotz der Saisonalität an sich binden und für eine gewisse Kontinuität sorgen. Das Modell ist vor allem im Tourismus, aber auch in anderen Branchen gängig. Neben einheitlichen nationalen Regelungen gibt es für die verschiedenen Branchen eigene Tarifverträge (convenios colectivos) sowie womöglich auch Betriebsverereinbarungen (convenios de empresa). Wir fassen zusammen, was Saisonarbeiter wissen sollten.

Bereiche mit fijos discontinuos

„Die Vertragsart kommt bei Jobs ins Spiel, die mit Unterbrechungen ausgeführt werden, aber fest sind“, betont der auf Arbeitsrecht spezialisierte Anwalt Luís Huerta von Buades Legal. Der Mallorquiner schätzt, dass auf den Balearen 95 Prozent der fijos discontinuos im Tourismus- und Hotel- und Gaststättengewerbe tätig sind – als Köche, Kellner, Reinigungspersonal, Küchenhilfen, Rezeptionisten oder Gärtner. Aber auch Angestellte, die etwa während eines Schul-jahres als Aufsichts- oder Kantinenpersonal angestellt sind, oder Saisonarbeiter in der Landwirtschaft bekommen „Fijo Discontinuo“-Verträge.

„Es handelt sich um eine nationale Vertragsmodalität, die längst nicht nur auf den Inseln Anwendung findet“, betont Alejandro García, Verantwortlicher für die Abteilung Arbeitsrecht im Anwaltsbüro Bufete Antonio Font. Auch in Skigebieten, etwa in den katalanischen Pyrenäen oder der Sierra Nevada, gebe es die fijos discontinuos.

Das Modell der "fijos discontinuos" ist vor allem im Tourismus-Sektor und Hotel- und Gaststättengewerbe beliebt.

Das Modell der "fijos discontinuos" ist vor allem im Tourismus-Sektor und Hotel- und Gaststättengewerbe beliebt. / Ramon

Wie Festangestellte

Hierzulande gibt es grob vier verschiedene Arbeitsvertragsarten, die jeweils weitere Unterarten haben: Arbeitsverträge können unbefristet (contrato indefinido) oder befristet (contrato temporal) sein. Daneben gibt es Praktikantenverträge (contrato de prácticas) und Ausbildungsverträge (contrato para la formación y el aprendizaje). Die fijos discontinuos fallen in die Gruppe der unbefristeten Verträge.

Ein Betrieb kann auch ein Misch-Modell wählen und einige Mitarbeiter als herkömmliche Festangestellte (fijos ordinarios), andere als fijos discontinuos anstellen. „Nehmen wir etwa an, ein Hotel auf Mallorca ist ganzjährig geöffnet. In der Hochsaison aber wird mehr Personal benötigt. Dann arbeitet ein Teil der Mitarbeiter eine bestimmte Zeit lang als Verstärkung der Belegschaft“, so García.

Die Vorhersehbarkeit der Stoßzeiten macht den Unterschied

Ob Unternehmer sich für befristete Verträge oder aber die unstetigere Variante entscheiden, hänge vor allem von der Vorhersehbarkeit der Stoßzeiten ab. Betriebe in Tourismusgebieten können aufgrund der Erfahrungen aus den Vorjahren abschätzen, wann besonders viel Trubel herrscht. „In anderen Fällen wiederum ist die Arbeitszunahme nicht vorhersehbar, etwa wenn eine Fabrik plötzlich einen sehr großen Auftrag bekommt“, erklärt Huerta. Dann dürfe das Unternehmen Mitarbeiter für das Projekt mithilfe von befristeten Verträgen (contratos temporales) anstellen. „Mit Vertragsende erlischt dann automatisch auch das Arbeitsverhältnis. Das ist bei den fijos discontinuos nicht der Fall. Sie arbeiten beispielsweise in der nächsten Saison wieder“, erklärt Luís Huerta. Daher müssen sie auch nicht jedes Jahr einen neuen Arbeitsvertrag unterschreiben, sondern bekommen ihn nur einmalig.

Vorteile für beide Seiten

Ohne das Modell der fijos discontinuos könnten viele Unternehmen auf Mallorca laut García gar nicht überleben: „Wenn ich etwa ein Hotel in Arenal habe, in das nur sieben Monate lang viele Gäste kommen, ich aber auch im Winter allen Mitarbeitern Gehälter zahlen müsste, wäre das unrentabel.“ Zudem könne ein Betrieb hierzulande nach der Saison nicht einfach mehr als zehn Mitarbeiter entlassen. „Streng genommen müsste man dann ein ERE (Expediente de Regulación de Empleo, kollektive Entlassung, Anm. d. Red.) beantragen“, sagt Alejandro García.

Beiträge zur Seguridad Social

Um den Unternehmen zu helfen, die Saison früher zu beginnen oder zu verlängern, bekommen Betriebe Steuererleichterungen – sofern sie in den Monaten Februar, März oder November fijos discontinuos beschäftigen. Seit 2024 spart ein Unternehmen auf diese Weise, egal in welcher Branche, pro Mitarbeiter 262 Euro pro Monat an Beiträgen für die Seguridad Social. Statt beispielsweise 600 Euro zahlt das Unternehmen in den besagten Monaten aktuell 338 Euro pro Mitarbeiter an Beiträgen.

Generell gilt für die fijos discontinuos eine Mindestdauer der tatsächlichen Aktivität von drei Monaten pro Jahr, im Hotel- und Gaststättengewerbe sind es sechs. Für viele Arbeitnehmer sei das Modell, bis zu neun Monate zu arbeiten und dann drei frei zu haben, reizvoll. „Sie haben dann zwar weniger Einnahmen, die freie Zeit entschädigt aber“, weiß García.

Weitere Jobs oder Arbeitslosengeld

Andere würden sich im Winter weitere Jobs suchen oder Arbeitslosengeld beziehen. „Ob jemand Anspruch darauf hat, muss im Einzelfall entschieden werden. Es gilt: Wer ein Jahr lang voll gearbeitet hat, hat vier Monate lang Anspruch auf die Zahlungen“, so García. Für alle, die 2024 erstmals als Saisonkraft im Tourismus arbeiten, bedeutet das: Sie müssen mindestens zwei Saisons mitgemacht haben, um Arbeitslosengeld beziehen zu können.

Prinzipiell könne ein fijo discontinuo, sofern in seinem Vertrag keine Exklusivitäts- oder Wettbewerbsklausel steht und er beide Tätigkeiten unter einen Hut bekommt, übrigens gleichzeitig als normaler Festangestellter in mehreren Betrieben angestellt sein. „Bei einem Koch oder Kellner ist das meist kein Problem, bei einem Geschäftsführer schon“, so García.

Den Arbeitsvertrag genau prüfen!

Den Arbeitsvertrag genau prüfen! / DPA

Besonderheiten im Vertrag

Offizielle Vertragsentwürfe der fijos discontinuos zum Herunterladen gibt es hier (Modalidad de contrato indefinido, Descarga el modelo de Contrato de trabajo indefinido (Castellano)). Die Verträge sehen auf den ersten Blick aus wie die herkömmlicher Festangestellter. „Nur der Teil Segunda ist anders“, so Huerta. Dort muss der Arbeitgeber die voraussichtliche Dauer der Tätigkeit, Arbeitszeit und deren ungefähre Verteilung sowie die Form und Reihenfolge der Einberufung der fijos discontinuos gemäß geltender Tarifverträge oder der Betriebsvereinbarungen angeben.

Für das llamamiento, so heißt die Wiedereinberufung der Saisonkräfte zum Anlaufen der neuen Saison, gelten einige Grundregeln: Die Wiedereinberufung muss in den meisten Fällen mindestens sieben Tage vor Arbeitsbeginn am besten schriftlich geschehen. In Ausnahmefällen könnten es auch 48 Stunden sein – etwa wenn ein Hotel im Winter eigentlich geschlossen hat, zu Silvester aber eine Party organisiert.

Klage beim Sozialgericht

„Wird ein Angestellter nicht wiedereinberufen, gilt das als Kündigung. Er kann das Unternehmen dann beim Sozialgericht verklagen und wird Erfolg haben“, betont Huerta. Häufig passiere auch der umgekehrte Fall: Ein Unternehmen will Mitarbeiter zurückholen, diese sind jedoch nicht zu erreichen, weil sie einen anderen Job gefunden, aber nicht gekündigt haben.

Mitarbeiter, die länger in einem Unternehmen angestellt sind als andere, haben im Hotel- und Gaststättengewerbe Vorrecht gegenüber Letzteren – sofern sie dieselbe Tätgkeit ausüben. „Nehmen wir an, Maria arbeitet seit 15 Jahren als Reinigungskraft in einem Hotel, Patricia seit sechs Jahren. Dann muss das Unternehmen zuerst Maria wiedereinberufen. Beruft es Patricia ein, kann Maria dagegen klagen“, so Huerta.

Das steht Ihnen zu

Neben den genannten Besonderheiten haben fijos discontinuos prinzipiell dieselben Rechte wie herkömmliche Festangestellte, was etwa Kündigungsfristen, Urlaubstage oder Überstunden betrifft. Angestellte im Hotel- und Gaststättengewerbe bekommen laut Huerta anteilig 30 Tage (días naturales, also inklusive Wochenenden) pro Jahr Urlaub. „Wer also sechs Monate arbeitet, hat Anspruch auf 15 Tage“, so der Anwalt. Laut dem allgemeinen spanischen Arbeitsrecht muss jeder Angestellte, der 40 Stunden pro Woche arbeitet, mindestens eineinhalb Tage am Stück frei haben. „Jemand darf also sechs Tage, etwa von Montag bis Samstag arbeiten, sofern er am Samstag nur einen halben Tag arbeitet“, spezifiziert Huerta. Meistens seien die freien Tage am Samstagnachmittag und den kompletten Sonntag oder den ganzen Sonntag und den Montagvormittag. Angstellte unter 18 Jahren müssen per Gesetz sogar mindestens zwei Tage am Stück frei haben, betont Huerta.

Im Hotel- und Gaststättengewerbe auf den Balearen müssen Angestellten verpflichtend zwei freie Tage am Stück gewährt werden. Es gibt zudem eine Besonderheit: Sofern es zwischen dem Unternehmen und den Angestellten ausdrücklich vereinbart ist, können die Tage in Betrieben mit über 30 Mitarbeitern auch nicht am Stück genommen werden, so García.

Maximal 80 Überstunden pro Jahr

Als Faustregel für Überstunden gelte die Grenze von 80 pro Jahr. „Wird jemand gezwungen, mehr zu tun, kann er sein Unternehmen anzeigen“, so Huerta.

Als Kündigungsfrist gelten wie bei normalen Festangestellten sowohl für Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer in den meisten Fällen zwei Wochen. Bei freiwilliger Kündigung eines Angestellten auf einem Posten mit mehr Verantwortung, etwa als Rezeptions- oder Küchenchef, gilt im Hotel- und Gaststättengewerbe eine Frist von 30 Tagen. Für Arbeitnehmer, die ein schweres Vergehen (z. B. Diebstahl) begangen haben, gelte die Zwei-Wochen-Frist nicht. Sie können mit sofortiger Wirkung gekündigt werden (despido disciplinario) und erhalten auch keine Abfindung.

Im Falle einer grundlosen Kündigung (despido improcedente) hat der Angestellte das Recht auf 33 Tage Gehalt pro gearbeitetem Jahr. Wer weniger als ein Jahr gearbeitet hat, etwa ein fijo discontinuo, der einmalig neun Monate im Einsatz war, bekommt den entsprechenden Anteil. Ist jemand mehrere Jahre lang nur als fijo discontiuno angestellt und arbeitet jeweils nur einige Monate, zählt nur die Zeit, in der er auch tatsächlich aktiv war.

Beim geltenden Mindestlohn, der jährlich ein wenig angehoben wird, wovon auch die fijos discontinuos profitieren, entscheiden im Falle von Hotels einerseits die Sterne einer Unterkunft, andererseits die Kategorie (Koch, Kellner etc.) des Postens. Details dazu für das Hotel- und Gaststättengewerbe gibt es hier.

Abschied in die Winterpause

Nähert sich die Nebensaison, verabschiedet sich ein Betrieb ähnlich wie bei der Wiedereinberufung nach einem festgelegten Muster von den fijos discontinuos. Erneut gilt das Kriterium der Betriebszugehörigkeit (antigüedad). Sie erinnern sich an María und Patricia? Patricia, die noch nicht so lange im Unternehmen arbeitet wie Maria, muss das Unternehmen zuerst in die Winterpause „entlassen“. „Es darf also nicht passieren, dass man vor einem Kollegen, der im selben Bereich arbeitet wie man selbst, aber kürzer im Unternehmen ist, aufhören muss zu arbeiten“, sagt García. Eine Frist für die offizielle Bekanntgabe des Datums, an dem das Arbeitsverhältnis vorerst pausiert, gibt es für die Arbeitgeber nicht. In den meisten Fällen würden Angestellte vor Ort ohnehin mitbekommen, wann das Hotel voraussichtlich schließen wird.

Gut zu wissen

Eines wissen laut García selbst viele erfahrene fijos discontinuos nicht: Wenn in einem Betrieb, in dem normale Festangestellte (fijos ordinarios) und fijos discontinuos arbeiten, eine Stelle als herkömmlicher Festangestellter frei wird, muss das Unternehmen den Posten den fijos discontinuos anbieten. „Der Unternehmensleiter muss sich zwar nicht für den Mitarbeiter mit der längsten Betriebszugehörigkeit entscheiden. Da er seine Wahl aber gut begründen muss, liegt es nahe, dass er dies tut“, erklärt García.

Vertragsentwurf und Mindestlohn:

Vertragsentwurf: bit.ly/3UT3RSq, Mindestlohn für Angestellte im Hotel- und Gaststättengewerbe auf den Balearen:

https://www.ccoo-servicios.es/archivos/balears/hosteleria-baleares-1abr2023-31mar2025.pdf (ab S. 35)

Alejandro García:

Bufete Antonio Font, Tel.: 971-22 91 60, bufeteantoniofont.com

Luís Huerta:

Buades Legal, Tel.: 971-22 94 13, buadeslegal.com

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