So können Auswanderer auf Mallorca deutsches Arbeitslosengeld beziehen

Nach drei beziehungsweise sechs Monaten sind die spanischen Behörden zuständig

Wer auf Mallorca Arbeitslosengeld aus Deutschland beziehen will, muss dies zuvor rechtzeitig bei der Behörde beantragen. | FOTO: DPA

Wer auf Mallorca Arbeitslosengeld aus Deutschland beziehen will, muss dies zuvor rechtzeitig bei der Behörde beantragen. | FOTO: DPA / Simone Werner

Simone Werner

Simone Werner

Wer in Deutschland arbeitslos geworden ist und sein Glück auf der Insel probieren will, bekommt „Starthilfe“ vom deutschen Arbeitsamt. Wir erklären, unter welchen Voraussetzungen und wie lange Interessenten auf Mallorca Arbeitslosengeld aus Deutschland beziehen können und welche Dokumente sie dafür einreichen müssen.

Voraussetzungen

Der Gedanke, sich einfach auf die Insel abzusetzen und dort neu zu starten, ohne den deutschen Behörden Bescheid zu sagen, ist für viele verlockend, weiß Rainer Fuchs, Rechtsanwalt und früher Diplomat an der Deutschen Botschaft in Madrid. „Doch das ist dumm, denn so verzichtet man auf seine Ansprüche“, sagt er eindringlich. Statt einfach so bei möglichen neuen Arbeitgebern auf der Insel vorstellig zu werden, rät er jedem eindringlich, sich vor der Ausreise in Deutschland bei der Bundesagentur für Arbeit (BA) arbeitssuchend zu melden und die Sachbearbeiter über das geplante Auslandsvorhaben zu informieren – sofern der Betroffene auch tatsächlich Anspruch auf Arbeitslosengeld hat.

„Die arbeitslose Person muss sich vor ihrer Ausreise mindestens vier Wochen der Agentur für Arbeit zur Verfügung stellen, damit diese ihre Vermittlungsbemühungen einleiten kann“, betont Irmgard Pirkl, Sprecherin der BA. Nur in Ausnahmefällen, etwa wenn der Ehegatte im Ausland eine Beschäftigung aufnimmt oder fortsetzt, kann die Frist kürzer ausfallen. Da die Bearbeitung des Antrags für die Leistungsmitnahme einige Zeit beanspruche, empfehlen die Verantwortlichen, sich so früh wie möglich zu melden.

Das richtige Dokument besorgen

Die betroffene Person erhält von den Sachbearbeitern dann das Dokument PD U2, das sie später beim Arbeitsamt auf Mallorca (SOIB, Servei d’Ocupació) vorlegen muss. Liegt das Dokument nicht rechtzeitig vor der Abreise vor, sendet die Behörde es auch an die ausländische Anschrift, gegebenenfalls auch an den ausländischen Träger der Arbeitslosenversicherung, heißt es in einem Merkblatt.

Generell, betont die Sprecherin, sei die Leistungsmitnahme allerdings nur möglich, wenn die Bezieher auf Mallorca aktiv nach Arbeit suchen und als Arbeitssuchende ihre Pflichten nach den hier geltenden Rechtsvorschriften erfüllen. Dazu heißt es in dem Merkblatt etwas umständlich: „Sie müssen den Vermittlungsbemühungen des ausländischen Trägers zur Verfügung stehen. Zu ihren Pflichten gehören in der Regel außerdem die Wahrnehmung von Melde- oder Kontrollterminen beim ausländischen Träger und die Mitwirkung bei Stellenangeboten.“ Auf Mallorca dank des deutschen Arbeitslosengeldes auf der faulen Haut zu liegen, ist also unzulässig.

Fristen und Bezugsdauer

Einmal auf der Insel angekommen, müssen sich Arbeitssuchende innerhalb von sechs Tagen beim SOIB melden und können alle Angebote nutzen, etwa Berufsberatungen oder Fortbildungen. „Ist der sechste Tag nach der Abreise ein Samstag, Sonntag oder gesetzlicher Feiertag, ist der darauffolgende Werktag maßgebend“, heißt es im Merkblatt der BA. Die Frist müsse man auch einhalten, wenn der Arbeitssuchende das Dokument PD U2 vor seiner Abreise noch nicht ausgehändigt bekommen hat.

Die Berechnung der Höhe des Arbeitslosengeldes überlassen Antragsteller besser den Sachbearbeitern.

Die Berechnung der Höhe des Arbeitslosengeldes überlassen Antragsteller besser den Sachbearbeitern. / DPA

Ein Beispiel

Auch um die Gelder in voller Höhe ausgezahlt zu bekommen, rät die Bundesagentur für Arbeit dringend dazu, die Frist einzuhalten, und gibt ein Beispiel, das man auf jedes beliebige Jahr ummünzen kann: Nehmen wir an, jemandem wurde in dem Dokument PD U2 als Mitnahmezeitraum der 1. Oktober bis 31. Dezember 2024 bescheinigt. Er reist am 1. Oktober aus. Bei einer Meldung bis zum 7. Oktober zahle das Amt die Leistung ab 1. Oktober. Bei einer Meldung nach dem Stichtag ist Zahlungsbeginn der Tag der Meldung. „Der Mitnahmezeitraum verschiebt oder verlängert sich nicht“, liest man. Eine Zahlung kann also auch in diesem Fall nur bis maximal zum 31. Dezember 2024 erfolgen.

Maximal drei beziehungsweise sechs Monate

Das deutsche Arbeitslosengeld bekommen Betroffene dann drei Monate lang. Die Höhe des Betrags ist dieselbe wie bei einem Bezug in Deutschland (Mehr Informationen dazu gibt es hier). In Einzelfällen kann der Zeitraum auf bis zu sechs Monate verlängert werden. Dafür muss ein formloser Antrag auf Verlängerung allerdings spätestens am letzten Tag des ursprünglichen Mitnahmezeitraumes bei der Bundesagentur für Arbeit eingegangen sein.

Jobsuche auf Mallorca

Im besten Fall finden Bewerber innerhalb der ersten drei oder sechs Monate nach Ausreise auf der Insel einen Job. Andernfalls sind künftig die spanischen Behörden für ihn zuständig. „Mit dem Tag, an dem man die Arbeit antritt, bekommt man kein deutsches Arbeitslosengeld mehr“, betont Fuchs. Achtung, wer sich irgendwann überlegt, seinen Job selbst zu kündigen, sollte wissen: Auf das spanische Arbeitslosengeld (prestación por desempleo) hat ein Antragsteller überhaupt nur Anspruch, wenn die Firma ihm gekündigt hat oder das Arbeitsverhältnis, wie im Vertrag für Saisonkräfte (fijos discontinuos) vorgesehen, zum Ende der Tourismussaison endet oder er nach der Probezeit nicht übernommen wird.

Vier Monate bis zwei Jahre

Die Dauer des Rechts auf spanisches Arbeitslosengeld hängt davon ab, wie viele Tage man innerhalb der vergangenen sechs Jahre angestellt war, und schwankt zwischen vier Monaten (360 Tage angestellt) und maximal zwei Jahren (volle sechs Jahre angestellt). Für alle, die 2024 erstmals als Saisonkraft im Tourismus arbeiten, bedeutet das: Sie müssen mindestens zwei Sommer gearbeitet und Sozialversicherungsbeiträge eingezahlt haben, um Arbeitslosengeld beziehen zu können. Wer im Bezugszeitraum eine neue Anstellung findet, kann den Restanspruch bei erneuter Arbeitslosigkeit weiter nutzen.

Um die Zahlungen vom SEPE (Servicio Público de Empleo Estatal ) zu bekommen, müssen sich Antragsteller innerhalb von 15 Tagen beim SOIB melden. Es gibt drei Anlaufstellen in Palma und je eine in Alcúdia, Felanitx, Inca, Magaluf und Manacor. Sie sind nur vormittags für den Publikumsverkehr geöffnet (Mo.–Fr. 9–14 Uhr). Die Zuständigkeit richtet sich nach dem Wohnort. Auf der Website kann man dazu seine Postleitzahl eingeben.

Zurück in/ab nach Deutschland

Für Arbeitssuchende, die nach Deutschland zurückwandern und das spanische Arbeitslosengeld dort beziehen wollen, gelten die in die umgekehrte Richtung bekannten Voraussetzungen und Fristen: Sie müssen auf Mallorca mindestens vier Wochen lang als Arbeitssuchender (demandante de empleo) eingeschrieben gewesen sein. Dann können sie die spanischen Gelder drei oder sechs Monate lang in ihrem Heimatland beziehen. Dafür müssen die Betroffenen die Rückreise und Mitnahme der Zahlung beim SEPE (U2-Dokument) beantragt haben und sich innerhalb der ersten Woche nach der Ausreise bei der Bundesagentur für Arbeit melden.

Sowohl in Deutschland als auch auf der Insel kommt man um den Gang zum Arbeitsamt nicht herum.

Sowohl in Deutschland als auch auf der Insel kommt man um den Gang zum Arbeitsamt nicht herum. / DPA

Zwischenbeschäftigung (nicht) erforderlich

Nehmen wir an, jemand hat eine Zeit lang auf Mallorca gearbeitet, kehrt dann nach Deutschland zurück und will deutsches Arbeitslosengeld (ALG) beziehen. Die ausländischen Versicherungs- und Beschäftigungszeiten können beim Anspruch auf ALG oder der Erhöhung der Anspruchsdauer dann nur berücksichtigt werden, wenn der Bewerber zwischen der Beschäftigung im Ausland und dem Beginn der Arbeitslosigkeit und Antragstellung auf unbestimmte Dauer in Deutschland versicherungspflichtig war, heißt es im Merkblatt (Punkt 3).

Es gibt aber Ausnahmefälle, in denen keine Zwischenbeschäftigung in Deutschland erforderlich ist – etwa wenn der Arbeitnehmer seinen Wohnsitz in Deutschland beibehalten hat und nur kurzzeitig auf Mallorca beschäftigt ist (und der hiesigen Versicherungspflicht unterliegt). Betroffene sind sogenannte „unechte Grenzgänger“. „Der Fall tritt selten auf, etwa bei jungen Menschen, die noch zu Hause bei ihren Eltern wohnen und eine Zeit lang auf der Insel arbeiten“, kommentiert Fuchs. Sie müssen als Nachweis über ihre ausländischen Versicherungs- und Beschäftigungszeiten das Formular PD U1 bei den spanischen Behörden anfordern.

Das Ratgeber-Buch von Rainer Fuchs.

Das Ratgeber-Buch von Rainer Fuchs. / Verlag

Über den Autor

Rainer Fuchs war fünf Jahre lang Sozialattaché an der deutschen Botschaft in Madrid und lange zuständiger Ministerialrat im Bundesarbeitsministerium und im EU-Sozialausschuss in Brüssel. Seine besondere rechtliche Expertise hat er in einem Buch zusammengefasst.

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