Feigenparadies Mallorca: Etwa 250 Sorten gibt es auf der Insel

Ende August sind die figues reif. Ein Besuch auf einer Finca bei Maria de la Salut

Feigen kann man für viele Rezepte verwenden.

Feigen kann man für viele Rezepte verwenden. / Nele Bendgens

Ein Besuch im August auf einer Feigenplantage hat es in sich: Die rotbraunen Furchen des gepflügten Feldes sind staubtrocken, Steine liegen obenauf, es geht sich nicht gerade bequem. Als die erste Baumkrone erreicht und es in ihrem Schatten kühler wird, berichtet Miquel Vives, dass auf seiner 15 Hektar großen Finca 400 Feigenbäume wachsen. Er hat die Plantagen von seinen Eltern geerbt. Wenn er mittags mit der Arbeit als Sekretär im Rathaus von Maria de la Salut fertig ist, kommt er hierher und kümmert sich um Tiere und Bäume.

„Die Feige braucht Hitze, um Fruchtzucker zu bilden“, sagt der 45-Jährige. Er wolle den Klimawandel nicht herunterspielen, doch bisher beträfe er ihn noch nicht. Der Norden Mallorcas wäre, vor allem in Meernähe, traditionell reicher an winterlichen Niederschlägen als andere Zonen, vom Meer her erreiche täglich um die Mittagszeit eine frische Brise die Finca. Obendrein zähle der Feigenbaum (Ficus carica bot., higuera span., figuera kat.), wie auch der Mandel- und der Johannisbrotbaum, zu den Bäumen der Trockenkultur conreu en sec.

Wie sehr Wasser den Feigen schadet, beweisen die dickhäutigen, faden aber größeren Früchte, die auf den Märkten der Inselfeige Konkurrenz machen. „Sie werden mit Bewässerungsystemen in Murcia und Almería angebaut“, berichtet Vives. Wie bei vielen anderen Obstsorten mit Bewässerung auch sei ihr Aroma komplett verwässert. Und nicht nur das: Sie kämen unreif in Kühlkammern und reiften ohne Sonne, überstehen dafür aber schadlos Lagerzeiten und lange Transporte.

Das Feuerbakterium greift an

Nicht so die Mallorca-Feige, sie verdirbt extrem rasch und sollte am selben Tag geerntet und verkauft werden. Das gelingt nur den wenigen Landwirten, die heute noch selbst ernten und verkaufen. „Eine Zeit lang habe ich um fünf Uhr morgens Feigen gepflückt, eine Stunde später mussten sie beim Supermarkt abgeliefert werden“, sagt Vives. Für ein Kilogramm Feigen habe er dann schlappe 75 Cent ausbezahlt bekommen, dafür lohne sich das Frühaufstehen nicht.

Doch es gibt noch mehr Steine, die auf den Weg des Plantagenzüchters gelegt werden. Denn das Feuerbakterium, die Xylella fastidiosa hat nicht nur den einheimischen Mandelbäumen den Garaus gemacht, es befällt auch die Feigenbäume. „Das Bakterium greift vor allem alte Bäume an“, sagt der Mallorquiner.

Feigen müssen vorsichtig bewässert werden.

Feigen müssen vorsichtig bewässert werden. / Nele Bendgens

250 Sorten gibt es auf der Insel

Sorten wie beispielsweise die Coll de Dama wären besonders anfällig für die Infektion, die Bordissot blanc dagegen immun gegen den Befall. Wenn 20 Feigenbäume seiner Plantage sterben, pflanze er 20 neue und künftig natürlich nur Sorten, bei denen die Erfahrung zeigte, dass ihnen die Xylella nichts anhaben könne. Und die Zahl der einheimischer Sorten ist riesig, denn die Vermehrung der Tiefwurzler ist einfach. Im Frühjahr kommen Stecklinge vom Mutterbaum in die Erde und können veredelt werden. Immer dann, wenn die Neuzüchtung einer Sorte besonders gelungen war, gab man ihr einen Namen, so kam es auf Mallorca zu rund 250 verschiedenen Sorten.

Anbau ohne Chemie

Die Feigenbäume bei Maria de la Salut kommen nicht nur ohne Wasser aus, sie brauchen auch keine chemischen Mittel. Vives pflügt den Boden einmal im Jahr, damit sich kein Unkraut ausbreiten kann. Zwischen Dezember und Januar schneidet er die Bäume. Die higueras tragen üppig Früchte, und weil die Kronen riesengroß sind, erntet Vives sie nur so weit, wie seine traditionelle Holzleiter reicht. Den Rest überlässt er den Vögeln. Mitarbeiter von Fet a Sóller holen die Früchte ab, und kochen sie zu Marmelade ein.

Oder die Feigen trocknen auf Metallgittern der Finca in der Sonne. Ursprünglich wurden hierfür Unterlagen aus Schilfrohr geflochten. Gut eine Woche lang dehydriert die Sonne die Früchte, danach werden sie bei 100 Grad im Backofen sterilisiert. Zum Konservieren drückt man die mittlerweile flachen Feigen gemeinsam mit Fenchelästchen und zwei Fingerbreit Anisschnaps in ein Schraubglas. „Was man alles mit Feigen anstellen kann, ist im Verkaufsraum von Montserrat Pons bei Llucmajor zu sehen“, sagt Vives. Einen Teil der Ernte liefert er nach Son Mut Nou, dort werden die Früchte weiterverarbeitet.

Delikatessen für Schweine

Denn die Feige hat viel mehr zu bieten als eine nostalgische Zutat zum Käse eines pa amb oli. Sie schmeckt als Chutney pikant, in Salaten und Desserts für Gourmets liefert sie eine fruchtige süße Note. Trotzdem sind viele auf der Insel der Meinung, dass ihr wichtigster Platz der im Ernährungsplan der schwarzen Schweine ist. Werden diese mit frischen Feigen gefüttert, liefern sie bekanntlich beste Schinken und Sobrassada.