Gesetzesänderung bei der Vermögensteuer: Für Immobilien-Investoren auf Mallorca kann es dicke kommen

Anwalt Alejandro del Campo hat deshalb den Fiskus vor der EU-Kommission verklagt

Äußerst beliebt bei Deutschen: Port d'Andratx.

Äußerst beliebt bei Deutschen: Port d'Andratx. / Pere Joan Oliver Orell

Patrick Schirmer Sastre

Patrick Schirmer Sastre

Man kann sich lebhaft vorstellen, wie Alejandro del Campo am anderen Ende des Telefons die Hände in die Luft wirft, während er erzählt. In seiner Stimme, in seinen Worten dringt Fassungslosigkeit durch. Der Grund: der neueste Einfall des spanischen Gesetzgebers bei der Vermögensteuer für Nicht-Residenten. Denn die können jetzt richtig zur Kasse gebeten werden. Der mallorquinische Steueranwalt verklagt deswegen jetzt den spanischen Fiskus vor der EU-Kommission.

Dabei sah vor Kurzem noch alles so gut aus für vermögende Ausländer mit Investitionswünschen auf dem mallorquinischen Immobilienmarkt. Erst im Jahr 2021 entschied das Oberste Gericht der Balearen, dass Immobilienbesitz auf Mallorca über eine ausländische Gesellschaft nicht der Vermögensteuer unterliegt. Solch eine Besteuerung sei zwar laut Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Deutschland und Spanien möglich, die spanische Gesetzgebung sehe dies aber nicht vor, da die Vermögensteuer nur für natürliche Personen gelte, die in Spanien ansässig sind. Mehrere verbindliche Auskünfte der Steuerbehörde bestätigten diese Ansicht.

Kehrtwende beim Gesetzgeber

Doch dann die Kehrtwende: Ende 2022 erarbeitete die Zentralregierung eine neue, befristete „Reichensteuer“. Diese diente vor allem dazu, die Vermögensteuer über einen Umweg in den Autonomieregionen einzuführen, die diese ausgesetzt hatten – Madrid und Andalusien. Dabei nutzte Madrid die Gunst der Stunde und überarbeitete auch das Gesetz für die Vermögensteuer. Fortan stand da nun: Wenn die spanischen Vermögenswerte einer ausländischen Gesellschaft über 50 Prozent der Aktiva betragen, wird das Unternehmen im Sinne der Vermögensteuer als ansässig betrachtet. Und der Gesellschafter damit vermögensteuerpflichtig. Doch damit nicht genug: Mit der neuen Regelung unterliegen nicht nur die spanischen Aktiva der Vermögensteuer, sondern alle Vermögenswerte, egal wo sie sich befinden.

Der mallorquinische Steueranwalt Alejandro del  Campo zieht erneut den spanischen Fiskus vor die EU-Kommission.  | FOTO: B. RAMON

Der mallorquinische Steueranwalt Alejandro del Campo zieht erneut den spanischen Fiskus vor die EU-Kommission. | FOTO: B. RAMON / Patrick Schirmer Sastre

Als Beispiel nennt del Campo einen in Berlin ansässigen Unternehmer, der als alleiniger Gesellschafter über eine Firma eine Zwei-Millionen-Euro-Villa in Port d’Andratx hält. Gleichzeitig hält diese Gesellschaft auch eine Wohnung in Berlin, die 500.000 Euro Wert ist. Da der Wert der spanischen Immobilie den persönlichen Freibetrag von 700.000 Euro übersteigt, wird der Berliner vermögensteuerpflichtig. Nach der neuen Regelung muss er die Abgabe aber nicht nur für das Haus am Yachthafen zahlen, sondern auch für die Wohnung in Berlin. Bestätigt wurde dies durch eine verbindliche Auskunft, die das Finanzamt auf Anfrage eines Deutschen mit Immobilienbesitz auf Ibiza erteilte.

Der Clou beim Zeitpunkt der Gesetzesänderung

Besonders dreist – oder clever, wie man es nimmt – war der Zeitpunkt, an dem die Gesetzesänderung in Kraft trat: der 29. 12. 2022. Die Vermögensteuer ist eine Stichtagssteuer, die am 31.12. rückwirkend für das vergangene Jahr gültig wird. Das heißt: Alle Betroffenen werden nun für 2022 zur Kasse gebeten. Der Reaktionsspielraum betrug zwei Tage.

Alejandro del Campo hat nun den spanischen Fiskus bei der EU verklagt. Er kennt sich mit dem Prozedere aus. Schließlich ist er auch bei der Auslandsvermögenserklärung Modelo 720 so vorgegangen. Der jahrelange Rechtsstreit endete Anfang 2022 mit einem Erfolg vor dem EuGH. Auch in diesem Fall dürfte es länger dauern. „Ich rechne damit, dass wir erst in einem Jahr wissen, ob die Klage angenommen wurde“, sagt Alejandro del Campo. Der Anwalt hofft, dass Madrid vorher einlenkt und das Gesetz korrigiert.

Für die Betroffenen bleibe nun vor allem eine Option: Wer es sich leisten kann, reichert die Gesellschaft um Vermögenswerte im Ausland an. Wenn diese mehr als 50 Prozent betragen, muss man sich um die Vermögensteuer sowieso keine Gedanken machen.

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