"Verschärfter Hindernislauf“: Warum Auswandern nach Mallorca fiskalisch gesehen noch komplizierter geworden ist

Bei der Verlagerung des Lebens- und Arbeitsmittelpunkts von Unternehmern und Leistungsträgern aus Deutschland auf die Insel ist mehr zu beachten, als viele denken. Eine neue Initiative der PlattesGroup soll angesichts der errichteten „Steuer-Mauer“ helfen, ein finanzielles Großschadensereignis zu vermeiden

Für immer mehr Menschen ist eine physische Anwesenheit an einem realen Arbeitsplatz mit Schreibtisch in Deutschland nicht mehr notwendig. Doch im mediterranen Lebens- und Arbeitsumfeld geraten fiskalische Regelungen und Fallstricke des Zuzugslands leicht aus dem Blickfeld.

Für immer mehr Menschen ist eine physische Anwesenheit an einem realen Arbeitsplatz mit Schreibtisch in Deutschland nicht mehr notwendig. Doch im mediterranen Lebens- und Arbeitsumfeld geraten fiskalische Regelungen und Fallstricke des Zuzugslands leicht aus dem Blickfeld. / PlattesGroup

Was ist ein Auswanderer? Ist das auch jemand, der von einer deutschen Stadt nach Mallorca umzieht? Also letztendlich von der Freizügigkeit ohne Grenzkontrollen und der Niederlassungsfreiheit profitiert, wie sie die Europäische Union ermöglicht? Müsste man nicht 30 Jahre nach Inkrafttreten des Maastrichter Vertrags vielmehr von Binnenmigration statt von Auswanderung sprechen?

Trotz aller Fortschritte des Einigungsprozesses in einer gewachsenen EU können Finanzexperten diese Frage nur schwerlich mit Ja beantworten. Denn der europäische Gedanke, der in politischen Sonntagsreden so hochgehalten wird, hat bislang noch wenig Eingang in die nationalen Finanzämter gefunden. „Tangiert die Mobilität den staatlichen Steueranspruch, versteht der Fiskus keinen Spaß“, stellt Christian Jahndorf fest. „Die guten Rechtsgrundsätze sind vergessen.“

Der Rechtsanwalt und Professor an der Universität Münster, der an der Universität Hamburg Steuerberater und Rechtsanwälte im Studiengang „Master of International Tax (M.I.Tax)“ mit ausbildet, geht sogar noch weiter. Seit dem Jahr 2022 hat die Bundesrepublik für den Wegzug ins Ausland neue Hürden errichtet und nach Einschätzung von Jahndorf eine regelrechte Steuer-Mauer errichtet. „Der Hindernislauf wurde weiter verschärft. Die neue Gesetzgebung ist ein großes Ärgernis und ein Rückschritt für die europäische Integration.“

Wenn Leistungsträger auswandern

Gleichzeitig befassen sich immer mehr Bundesbürger mit dem Thema Auswanderung, wie Willi Plattes aus zahlreichen Gesprächen mit Vertretern des Mittelstands weiß. Dass Mallorca nicht mehr nur Feriendomizil ist, sondern immer häufiger auch als neuer Lebens- und Arbeitsmittelpunkt in Betracht gezogen wird, davon zeugt auch eine gerade erschienene Titelgeschichte im „Focus“ (externer Link). Das Magazin verweist auf „die miese Stimmung in Deutschland gepaart mit der Tatsache, dass eine physische Anwesenheit an einem realen Arbeitsplatz mit Schreibtisch im verregneten Hamburg, Köln oder Berlin nicht mehr notwendig ist“.

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Spanische und deutsche Perspektive an einem Tisch: Willi Plattes (li.), Prof. Dr. Christian Jahndorf.

Angesichts einer zunehmenden Unzufriedenheit mit den politischen Entwicklungen in Deutschland dächten immer mehr Leistungsträger über einen Wechsel des „politischen Dienstleisters“ nach, wie es der CEO der PlattesGroup auf Mallorca formuliert. Diese Zielgruppe mag nicht so naiv an das Thema Auswanderung herangehen, wie es etwa in TV-Formaten im deutschen Privatfernsehen inszeniert wird. Dennoch unterschätzten gerade auch Unternehmer die immensen und gewachsenen steuerlichen Dimensionen einer Wohnsitzverlagerung nach Mallorca, so Plattes mit Verweis auf zahlreiche Praxisfälle. Und zu dieser Erfahrung gehört auch, dass viele Auswanderer nicht „über Felsbrocken, sondern über Kieselsteine“ stolpern.

Um also zu verhindern, dass die Auswanderung zu einem „fiskalischen Großschadensereignis“ führt, haben sich die beiden führenden Steuerexperten zu einem gemeinsamen Projekt zusammengetan, bei dem sich nun die beiden Perspektiven ideal ergänzen sollen. Dabei geht es darum, die sehr komplexen steuer- und zivilrechtlichen Aspekte aus deutscher wie spanischer Sicht ausführlich zu beschreiben. Dies geschieht nun in einer Serie von Veröffentlichungen, in einem ausführlichen Dossier auf der Website der PlattesGroup (link.plattes.net/steuermauer) sowie bei einer Informationsveranstaltung am 2. Oktober um 13 Uhr im Club der Mallorca Zeitung in Palma (siehe unten).

Verschärfte „Exit Tax“ seit 2022

Die staatliche Steuer-Mauer, das ist die Wegzugsbesteuerung oder die „Exit Tax“. Grundsätzlich betroffen sind praktisch alle Inhaber von Anteilen an Kapitalgesellschaften, die von Deutschland ins Ausland ziehen. In Ausnahmefällen gelte dies aber auch für Gesellschafter von Personengesellschaften oder Inhaber von Betrieben, wie Jahndorf erklärt. „Die Steuer zielt also auf die unternehmerischen Leistungsträger unserer Gesellschaft.“

Dazu muss man wissen: Das Finanzamt in Deutschland setzt den Wegzug letztendlich einer Veräußerung gleich. Besteuert wird somit der Gewinn aus der (fiktiven) Veräußerung eines Kapitalgesellschaftsanteils. „Mit anderen Worten nimmt der Gesetzgeber den Wegzug zum Anlass, die stillen Reserven des Unternehmens zu besteuern, ohne dass dem Wegzügler zur Steuerzahlung erforderliche Liquidität zufließt“, so Jahndorf.

Das war zwar auch schon vor dem Jahr 2021 so. Doch anders als heute stundete der Gesetzgeber bei einem Wegzug innerhalb der EU die Steuer zinslos und ohne Sicherheitsleistung – ein EU-Privileg, mit dem seit dem Jahr 2006 dem Gebot der Niederlassungsfreiheit Rechnung getragen wurde. Mit dem Jahreswechsel 2021/2022 schaffte Deutschland dieses Privileg dann wieder ab. Dass der Gesetzgeber dies als eine Umsetzung der europäischen ATAD-Richtlinie darstellte, also der Anti-Tax-Avoidance Directive, ist nach Einschätzung von Jahndorf besonders perfide und eine bewusste Irreführung. Schließlich zielte diese Richtlinie auf die EU-weite Einhaltung von Mindeststandards ab und sicherlich nicht auf eine Verschärfung der bestehenden und im Sinne der maximalen europäischen Mobilität gedachten Regelung in Deutschland. „Der Gedanke, dass Europa zusammenwächst, wird ad absurdum geführt.“ Die verschärfte Regelung sei vielmehr ein beträchtliches Hindernis für die von der EU so viel beschworene Mobilität.

Schleichender Prozess

Die seit 2022 errichtete Steuer-Mauer ist nur eines von vielen Hindernissen und Fallstricken, die ohnehin zu bewältigen sind und im so attraktiven mediterranen Lebens- und Arbeitsumfeld im Zuzugsland leicht aus dem Blick geraten. Zumal die Verlagerung des Wohnsitzes oft ein schleichender Prozess ist, wie Plattes beobachtet. Den regelmäßigen Urlaubsaufenthalten folgen immer längere Perioden auf der Insel, ein Immobilienerwerb, unternehmerisches und soziales Engagement. Der Zeitpunkt des tatsächlichen Umzugs sei im Nachhinein oft genauso schwer zu ermitteln wie fiskalisch folgenreich. Denn auch hier gilt: Unkenntnis schützt vor Strafe nicht. Schließlich wird der Umzug „wissentlich“ vorgenommen, die möglichen Konsequenzen werden also nach Lesart des Finanzamts billigend in Kauf genommen. „Die Schwelle zum bedingten Vorsatz ist sehr niedrig“, so Plattes.

Hinzu kommen fehlende Kenntnisse bei Auswanderern über die Funktionsweise des spanischen Fiskus, der etwa weder eine Veranlagung noch einen Steuerbescheid wie in Deutschland kennt. Dass sich das Finanzamt schon melde, wenn es etwas wolle, sei ein häufiger Denkfehler von Deutschen in Spanien, haben die beiden Rechtsanwälte festgestellt. Trotz deutscher Insel-Community, deutscher Ansprechpartner und auf die deutsche Zielgruppe ausgerichtete Angebote – die Regeln macht der spanische Fiskus. Viele Auswanderer seien sich nicht im Klaren darüber, dass sie „Feuer in Papiertüten transportieren“, wenn sie ihre deutsche Perspektive eins zu eins mit auf die Insel brächten.

Nächste Generation mitdenken

Was also in der Praxis die Organisation von Flugticket, Umzugstransporter und Hauskauf auf Mallorca sind, ist aus steuerlicher Sicht ein komplexes Zusammenspiel dreier Dinge. Da wären zum einen die steuerlichen Folgen eines Wegzugs aus Deutschland. Da wären zum anderen die fiskalischen Eigenheiten in Spanien, mit denen die neuen Steuerinländer zurechtkommen müssen. Und da wären drittens weitere Folgen, die sich aus den konkreten Lebensumständen im Zusammenspiel von deutschen und spanischen Gesetzen ergeben. Das betrifft beispielsweise Sonderregelungen für die Anwendung von Wegzugssteuer oder Erbschaftssteuer – wer macht sich schon Gedanken über den späteren Lebensmittelpunkt der Kinder? –, aber auch eine Reihe von anderen, generationenübergreifenden Aspekten.

Wird der Wegzug nach Mallorca zum fiskalischen Desaster, ist es nur ein schwacher Trost, dass sich die Wegzugssteuer durch eine Rückkehr nach Deutschland auch rückwirkend binnen einer Frist von sieben Jahren beseitigen lässt. „Besser als Scherben aufzukehren ist es, die Wegzugsbesteuerung durch vorausschauende Planung zu vermeiden“, so Jahndorf. Nötig ist nach Ansicht von Plattes vielleicht kein „Rundum-sorglos-Paket“, aber sehr wohl eine Beratung und Betreuung, die der enormen Komplexität gerecht wird und eine grenzüberschreitende sowie generationenübergreifende Perspektive garantiert. Egal ob man den Umzug auf die Insel nun Auswanderung nennen mag oder nicht.

Info-Veranstaltung: Auswandern und die Steuer-Mauer

Experten informieren unter anderem über die Auswirkungen der Wegzugsbesteuerung und Möglichkeiten zur Anwendung der „Lex Beckham“. Die Referenten bei der Präsenzveranstaltung mit limitierter Teilnehmerzahl sind Prof. Dr. Christian Jahndorf (Rechtsanwalt, Partner HLB Schumacher, apl. Professor an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster), Dr. Ralf Demuth (Rechtsanwalt, Steuerberater, Partner c.k.s.s.), Dr. Christian Kahlenberg (FGS), Thomas Fitzner (Assistent der Geschäftsleitung der PlattesGroup) und Willi Plattes (CEO PlattesGroup).

  • Montag, 2. Oktober, 13 bis ca. 17 Uhr
  • Veranstaltungsort: Club Diario de Mallorca/Mallorca Zeitung
  • E-Mail-Kontakt: annika.plattes@plattesgroup.net
  • Teilnahmegebühr: 50 € zzgl. IVA
  • Weitere Infos und Anmeldung: link.plattes.net/esteuermauer