Vom Wasser und dem Leben in Gemeinschaft: Zwei inspirierende Ausstellungen im CCA Andratx auf Mallorca

Bei "Worlds Within Worlds" und "Bodies of Water" geht es um mehr als um Kunst von Individuen

Im Innenhof plätschert die symbolisch aufgeladene Wasserskulptur der Künstlerin Ida Retz Wessberg.

Im Innenhof plätschert die symbolisch aufgeladene Wasserskulptur der Künstlerin Ida Retz Wessberg. / Nele Bendgens

Brigitte Rohm

Bei jedem Schritt durch die neue Ausstellung „Worlds Within Worlds“ in der Kunsthalle des CCA Andratx begleitet die Besucher eine Sound-Kulisse. „Wir hören eine Menge Witze, Murmeln, philosophische Konversationen, dazu die Klänge dieses Ortes: Vögel, Ziegen, die Geräusche der nächtlichen Tramuntana“, erklärt die kroatische Kuratorin Jelena Tamindzija Donnart.

Die akustische Arbeit der dänischen Künstlerin Sophie Erlund sei zentral: Sie beschwört Atmosphäre und Kontext herauf, in denen die übrigen Werke entstanden. Denn die fünf Künstler, die vergangenen November im CCA residierten, kannten sich von einem früheren Projekt und bildeten eine eingeschworene Truppe. „Es war wirklich ein Jackpot“, sagt die Kuratorin. „Wir wollten die Idee dieses Lebens in Gemeinschaft durch die Kunst transportieren.“

Die Ausstellung wird auch in Kroatien zu sehen sein

Das sich entwickelnde Projekt besteht aus mehreren Etappen: Ende April wird die Ausstellung im Museum of Modern Art Dubrovnik zu sehen sein, im September in der Kunsthalle in Zagreb. Und das CCA hatte vor der Eröffnung der großen Schau schon ein wenig Platz für ein „Präludium“ frei gemacht, durch das die Koordinatorin Jackie Herbst führt. Trotz ihrer sehr unterschiedlichen Ausdrucksformen hätten die Künstler zu einer besonderen Symbiose gefunden, sagt sie: „Jeder hatte zwar seine eigene Welt innerhalb seines Ateliers, aber alle teilen sich die gleiche Bühne, und jeder hat dort seine Stimme.“

Josep Maynou gab etwa den Impuls, aus Holzresten Bretter zu fertigen und diese in ein spaßiges, visuelles Tagebuch zu verwandeln, auf dem sich die Künstler mit Brandmalkolben austobten. Seine Vollendung erreichte dieses Gesamtkunstwerk dann in Form einer hölzernen Tischtennisplatte: Die Künstler liebten es, jeden Abend gemeinsam zu kochen und sich durch die inseleigenen Alkoholika zu probieren. Jeder, der zum Essen blieb, verewigte sich mit einer Zeichnung auf dem Tisch, der auch zum Spielen genutzt wurde.

Gemeinschaftswerk: Die Tischtennisplatte in „Worlds Within Worlds“.

Gemeinschaftswerk: Die Tischtennisplatte in „Worlds Within Worlds“. / Nele Bendgens

Ein sicherer Raum mit Menschen des Vertrauens

Zu den individuellen Werken der Künstler zählen Arbeiten von Stephen Kent, die Malerei und Druck kombinieren und mit unserer Wahrnehmung spielen, oder minimalistische Bilder von Igor Eškinja, bei denen Baustoffe wie Rigipsplatten zum Einsatz kommen. Bewegend ist eine Serie mit Zeichnungen von Mark Požlep, die auf einem traumatischen Erlebnis basieren: Vor einigen Jahren wagte der slowenische Künstler eine Überfahrt auf dem Ärmelkanal in einem kleinen Boot. Dabei waren sein Begleiter und er der Naturgewalt von Sturm und Wellen schutzlos ausgeliefert.

Požlep verlor das Bewusstsein, geriet in eine Art Trance. Jackie Herbst sagt: „Er nutzte die Residenz, um das aufzuarbeiten – hier hatte er Zeit und war von Menschen umgeben, denen er vertraute.“ Ein sicherer Raum, den er privat nicht suchte: Požlep lebte nach der Grenzerfahrung weiter auf einem Hausboot. „Das Wasser bleibt sein Zuhause“, so Herbst.

Zeichnungen von Mark Požlep.

Zeichnungen von Mark Požlep. / Nele Bendgens

Verbundenheit mit dem Element Wasser

In gewissem Sinne gilt das auch für die Künstlerinnen der hydrofeministischen Ausstellung „Bodies of Water: Where does the host body end and the amniotic body begin?“, die in der Galerie des CCA startet. Die dänische Kuratorin und Mutter Malou Solfjeld betont, sich durch die Schwangerschaft und Geburt ihres Sohnes mehr denn je mit dem Element Wasser verbunden zu fühlen. Ein Vorraum der Schau diene zum Stillen und als Leihbibliothek mit Büchern zum Thema Wasser. Doch es sei kein reiner Wohlfühlort: „Ich werde darin wohl auch meine Recherche-Notizen darüber teilen, wie kaputt die Welt ist“, warnt sie.

Solfjelds Sohn indes planscht beim Besuch unbekümmert an der im Innenhof installierten „Water Sculpture for The Tramuntana Spring“ von Ida Retz Wessberg und Assistent Hans von Hirsch: Die Keramikschalen verweisen etwa auf vitalisiertes Wasser oder kombinieren die Form des H₂O-Moleküls und des Uterus. Letzterer spielt auch eine wichtige Rolle in der Malerei der Künstlerin Emilie Imán, die ganzheitliche Wege erforscht, um Körper, Geist, Zeit und Raum zu transzendieren.

Kuratorin und Mutter aus Leidenschaft: Malou Solfjeld mit Sohn.

Kuratorin und Mutter aus Leidenschaft: Malou Solfjeld mit Sohn. / Nele Bendgens

Sissel Marie Tonn interessiert sich in ihrer aktuellen Arbeit für „Sentinel Species“ – Lebewesen, die auf Gefahren für den Menschen hinweisen. Die Künstlerin, die die Vorstellung eines von seiner Umgebung getrennten Körpers hinterfragt, füllte organähnliche Glasobjekte mit ihrem eigenen Blut und mit Mikroplastik.

Ein Video von Enar de Dios Rodríguez beleuchtet die Kartierung und Ausbeutung des Meeresbodens durch den Menschen. Ein ironischer Seitenhieb der Künstlerin zu dieser neuen Form des Imperialismus: Sie gestaltete Broschüren zum erschlossenen Grund des Ozeans – im Stil von Tourismus-Flyern.

Vernissage: 25. Februar, 18-21 Uhr.

„Worlds Within Worlds“: Werke von Sophie Erlund, Stephen Kent, Igor Eškinja, Mark Požlep und Josep Maynou, bis 1. April.

„Bodies of Water“, Werke von Enar de Dios Rodríguez, Emilie Imán, Sissel Marie Tonn und Ida Retz, bis 1. Juni.

Di.-Sa. 11-17 Uhr, Carrer S’Estanyera, 2, Andratx, ccandratx.eu

Abonnieren, um zu lesen

THEMEN