Besuch beim neuen Weltkulturerbe: So stellt Gordiola auf Mallorca Glaskunst wie vor 300 Jahren her

Auf der Insel wird die Glasbläserei seit über acht Generationen von der Firma am Leben erhalten

Muss man gesehen haben: In der Fabrik von Gordiola können Besucher den Handwerkern bei der Arbeit zusehen.

Muss man gesehen haben: In der Fabrik von Gordiola können Besucher den Handwerkern bei der Arbeit zusehen. / B.RAMON

Neben dem Sibyllengesang und der balearischen Küche als Teil der mediterranen Gastronomie gibt es jetzt auf Mallorca ein drittes immaterielles Weltkulturerbe: Anfang Dezember hat die Unesco die Manuelle Glasfertigung in die entsprechende Liste aufgenommen. Das Traditionshandwerk war von Finnland, Frankreich, Spanien, Tschechien, Ungarn und Deutschland als Welterbe nominiert worden.

Auf Mallorca wird die Glasbläserkunst seit über acht Generationen von der Firma Gordiola am Leben erhalten. Das Unternehmen ist heute im Besitz der Familie Aldeguer Palou. Die Auszeichnung bedeute ihr sehr viel, sagt Mar Aldeguer Palou, eine der Eigentümerinnen. „Es ist die Anerkennung eines jahrhundertealten Kunsthandwerks, das heutzutage angesichts all der Industrialisierung, die uns umgibt, sehr schwer zu bewahren ist.“

Der Glasklumpen wird auf über 1.000 Grad erhitzt ... | FOTO: CATI CLADERA/EFE

Der Glasklumpen wird auf über 1.000 Grad erhitzt. / CATI CLADERA/EFE

Bei Gordiola arbeiten derzeit sieben Glasbläser: drei Meister und vier Gehilfen, darunter auch eine Frau. In der Firma gibt es bis auf eine Sägemaschine keine weiteren Maschinen. Alles wird per Hand gemacht. Das Glas wird bei Temperaturen von weit über 1.000 Grad Celsius geschmolzen und ist dann nur für kurze Zeit formbar.

Zur Herstellung von Hohlglas blasen die Handwerker eine kleine Kugel heißes, zähflüssiges Glas mithilfe einer Pfeife auf und bringen sie durch Drehen, Schwenken und die Bearbeitung mit traditionellen Werkzeugen in die gewünschte Form.

Anfänge im Jahr 1719

Die Ursprünge des Unternehmens gehen auf einen jungen Glasmacher aus der Krone von Aragón, Blas Rigal, zurück, der sich 1719 auf Mallorca niederließ und bei der Stadtverwaltung von Palma die Genehmigung zur Eröffnung eines Glasofens beantragte. Am 16. August 1719 erteilte ein gewisser Don Gaspar de Puigdorfila die Erlaubnis für den von Rigal beantragten Ofen. Finanziert hatte ihn der katalanisch-aragonesische Kaufmann Bernardo Gordiola.

Der kleine Ofen im römischen Stil mit kreisförmigem Grundriss und gewölbter Kuppel, in dem Glas mit Holz und Holzkohle gebrannt wurde, stand im Zentrum von Palma. Heutzutage befinden sich sowohl die Fabrik als auch ein eigens eingerichtetes Museum sowie die Verkaufsräume in Algaida.

... und dann nach und nach in Form gebracht.  | FOTO: CATI CLADERA/EFE

Im Verkaufsraum von Gordiola. / B. Ramon

Die Technik des mundgeblasenen Glases lässt sich auf der iberischen Halbinsel bis in die Antike zurückverfolgen und stammt aus dem östlichen Mittelmeerraum, wo sie auf die Mitte des 1. Jahrhunderts vor Christus datiert wird. Schon der römische Geschichtsschreiber Plinius berichtete über die Herstellung von Glas in Hispania um das dritte Viertel des 1. Jahrhunderts nach Christus. Besonders hervor taten sich in der Glasfertigung die muslimischen Reiche, später spezialisierten sich auch Handwerker der Korone von Aragón darauf.

Im 18. Jahrhundert erlebte die Glasbläserei einen Aufschwung durch die Wirtschaftspolitik der Bourbonen, die sich auf die nationale Produktion konzentrierte. Daraus hervor ging auch die Königliche Glasfabrik La Granja in Segovia, die ebenfalls in die Unesco-Liste aufgenommen worden ist. Darüber hinaus unterstützte die Krone, wie im Fall von Gordiola, die private Produktion.

In dem Verkaufsraum von Gordiola in Algaida.   | FOTO: B.RAMON

So wird das Glas in Form gebracht. / Cati Cladera/Efe

Schwierigkeiten bereite heute unter anderem die Mitarbeitersuche, berichtet Mar Aldeguer Palou. „Diejenigen, die sich damit beschäftigen, sind Künstler. Und es gibt nur sehr wenige von ihnen.“ Von der Welterbe-Erklärung erhofft sich Mar Aldeguer nicht zuletzt mehr Besucher, „die zu uns kommen, unser Handwerk schätzen und auch kaufen.“ Viele Menschen dächten, dass die bei Gordiola hergestellten Gläser oder Leuchter teuer seien, weil sie sie mit Industrieprodukten verglichen. Das eine habe mit dem anderen aber nur wenig zu tun. Richtig wertgeschätzt werde das handgemachte Glas erst, wenn man einmal gesehen hat, wie es hergestellt wird. „Die Leute sind dann immer ganz fasziniert.“

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