Bekannt aus Almodóvar-Filmen: Blanca Portillo bespielt die Bühnen auf Mallorca

Die hochkarätige spanische Schauspielerin gastiert mit „Silencio“ auf der Insel. In dem klugen Stück wird eine Rede des Dramatikers Juan Mayorga zum Bühnenmonolog

Worte mit viel Tiefgang treffen auf große Schauspielkunst: Blanca Portillo schlüpft in die Rolle des spanischen Dramatikers Juan Mayorga

Worte mit viel Tiefgang treffen auf große Schauspielkunst: Blanca Portillo schlüpft in die Rolle des spanischen Dramatikers Juan Mayorga / Veranstalter

Brigitte Rohm

Brigitte Rohm

Ein angesehener Dramaturg (gespielt von Blanca Portillo) greift mit zitternden Händen nach einem Wasserglas, nimmt einen Schluck. Dann zieht er ein Taschentuch aus den Tiefen seines Fracks, in dem er sich sichtlich unwohl fühlt, tupft sich damit die schweißnasse Stirn ab und richtet sich schließlich mit ausladenden Gesten an unsichtbare Zuschauer auf der Bühne und an das reale Publikum im Raum: „Herr Direktor, meine Damen und Herren Akademiker ... Die Situation ist theatralisch!“

Diese Situation, in der es im rund 90-minütigen Monolog „Silencio“ geht, fußt auf einem Ereignis aus der Wirklichkeit: Juan Mayorga, einer der bedeutendsten spanischen Dramatiker der Gegenwart, wurde 2019 zum Mitglied der Real Academia Española ernannt, der maßgeblichen Institution für die Pflege der spanischen Sprache. In seiner Antrittsrede sprach er über die Bedeutung der Stille im Theater und im Leben. Schnell wurde ihm klar, dass der Text selbst Potenzial für die Theaterbühne besaß.

Brillanter Text und außergewöhnliche schauspielerische Leitung

„Als Juan Mayorga die Rede schrieb, sagte er mir, dass ich sie genauso gut an seiner Stelle halten könnte“, erklärt Blanca Portillo im Interview mit der MZ. „Für mich war das zunächst eine Anekdote, eine Schmeichelei von Juan. Doch als die Pandemie kam, schlug ich ihm vor, diese Idee in die Tat umzusetzen. Und wir machten uns an die Arbeit.“ Das Ergebnis kann sich sehen lassen: „Silencio“ begeistert die Kritiker landesweit sowohl wegen des brillanten Textes als auch aufgrund der außergewöhnlichen Leistung von Portillo.

Die 59-Jährige wurde jüngst bei den Goya-Filmpreisen 2022 als beste Schauspielerin für den Film „Maixabel“ ausgezeichnet. Darin spielt sie die Witwe eines von der Terrororganisation ETA ermordeten Politikers. Deutschen Kinobesuchern dürfte sie auch durch die Filme „Zerrissene Umarmungen“ und „Volver“ von Pedro Almodóvar bekannt sein.

In letzterem verkörperte sie die krebskranke, zurückgezogen lebende Agustina. „,Volver‘ war eine wunderbare Reise, die damit begann, das Genie Almodóvar zu treffen und mich in seine Hände zu begeben. Ein echtes Privileg“, erinnert sich Portillo und schwärmt von dem starken Ensemble dieses Films: „Ich habe es immer vorgezogen, in einer Gruppe zu arbeiten und nicht allein. Im Grunde mag ich keine Monologe. Mir gefallen die inneren Monologe der Figuren, wie Agustina sie hatte.“

Figuren aus dem Nichts holen

Und dennoch macht sie sich nun in „Silencio“ solo die Bühne zu eigen – mit großer Hingabe, denn Juan Mayorga spreche ihr mit seinen Worten aus der Seele, sagt die Schauspielerin. „Die gesamte Rede hat mich beeindruckt und bewegt. Sie ist eine tiefgründige und ungeheuer klare Reflexion.“ Für Portillo ist die Stille selbst ein Raum für Reflexion: „Darin liegt das, was wir denken und nicht sagen, oder das, was wir denken und nicht sagen wollen oder nicht sagen können oder nicht sagen sollten.“

Blanca Portillo im Theaterstück "Silencio".

Blanca Portillo im Theaterstück "Silencio". / Javier Mantrana

Das Schwierige und zugleich Aufregende bei dem Projekt „Silencio“ sei gewesen, eine Rede in ein funktionierendes Stück zu verwandeln. „Wir mussten Konflikte und Emotionen suchen und Figuren aus dem Nichts holen“, sagt Blanca Portillo. Dabei hätten beide, sie und der Dramatiker und Regisseur, der hier auch zum Protagonisten werden sollte, Hand in Hand gearbeitet.

Komplizenschaft mit dem Publikum

„Wir haben zwei Charaktere erschaffen, die weder Juan noch ich sind: einen Autoren, der gerade in die Akademie berufen wurde, und eine befreundete Schauspielerin, die er bittet, die Rede in seinem Namen zu halten. Sie ‚gibt sich als er aus‘, und von da an beginnen die Konflikte“, erklärt Portillo. Die Art, wie der verkrampfte Akademiker dargestellt wird, stamme von dieser Schauspielerin. Wenn in dem Meta-Stück die Realität zur Fiktion wird, geschehen laut Portillo Dinge, die nicht Teil der Rede waren oder der persönlichen Beziehung zwischen Mayorga und ihr entspringen.

Zu einem Schlüsselmoment wird die Hommage an den Avantgarde-Komponisten John Cage und sein 1952 entstandenes „stilles“ Musikstück „4‘33“: Vier unbequeme Minuten und 33 Sekunden schweigt Portillo. „Das schafft eine besondere Komplizenschaft mit dem Publikum und gibt den Ton an für alles, was während der Aufführung passieren wird“, sagt die Schauspielerin. Die Zuschauer kämen mit auf eine Reise durch die Stille, die Welt des Theaters und menschliche Leidenschaften.

„Silencio“ in Palma und Inca:

3. März, 20 Uhr, Teatre Principal d’Inca, 14–25 Euro, Karten: teatreprincipalinca.koobin.com

4. März, 20 Uhr, 5. März, 18 Uhr, Teatre Principal de Palma, 8–25 Euro, Karten: teatreprincipal.koobin.com 

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