Sturm auf die Denkmäler: Acht Künstlerinnen rütteln in dieser Schau auf Mallorca an klassischen Machtsymbolen

Im Casal Solleric in Palma ändert eine hochkarätige Ausstellung unseren Blick auf das Konzept hinter Monumenten. Bernardí Roig reibt sich derweil in einer weiteren Schau an den Räumen des Palastes auf

Goldene Stöckelschuhe auf Gebetsteppich: ein Werk von Zoulikha Bouabdellah.

Goldene Stöckelschuhe auf Gebetsteppich: ein Werk von Zoulikha Bouabdellah. / G. Bosch

Brigitte Rohm

Brigitte Rohm

Ob heroische Reiterstandbilder oder überdimensionale Statuen von Diktatoren: Das Schema traditioneller Denkmäler ist geformt von Patriarchat und Militär und verzahnt mit Ideen von Männlichkeit, Dominanz, Nationalismus und Krieg. Die hochinteressante Gruppenausstellung „Breaking the Monument“ stellt diesen künstlerischen Kanon für Machtsymbole ebenso infrage wie die damit verbundenen Inhalte. Acht renommierte, internationale Künstlerinnen mit unterschiedlichem kulturellen und politischen Hintergrund entwerfen zeitgemäße und feministische Neuinterpretationen des Konzepts „Denkmal“.

Das Projekt ist eine Kooperation mit dem Centro Galego de Arte Contemporánea in Santiago de Compostela. Kuratiert ist es von dessen Leiter Santiago Olmo und Fernando Gómez de la Cuesta, Palmas Generalkoordinator für Kultur und bildende Kunst und Direktor des Casal Solleric. Der erste Raum ist der Künstlerin Manal AlDowayan gewidmet, die ihr Heimatland Saudi-Arabien dieses Jahr bei der Biennale in Venedig vertritt. Unter anderem sind hier Exemplare ihrer Stoff-Totem-Reihe zu sehen. Die Resilienz dieser Skulpturen liegt in ihrer Weichheit, Anpassungsfähigkeit und Beweglichkeit. Auch würdigt AlDowayan mit ihren Werken Textilarbeiterinnen im Mittleren Osten und thematisiert die Verhüllung, das Unsichtbarmachen von Frauen.

Weiche Kissen-Skulpuren, „Totems“, von Manal AlDowayan.

Weiche Kissen-Skulpuren, „Totems“, von Manal AlDowayan. / G. Bosch

Gegenentwurf zu Monumenten für die Ewigkeit

Um Stoffe geht es auch bei den „Bottaris“ der koreanischen Künstlerin Kimsooja: Die traditionellen Reisebündel, hier in einer Version aus gebrauchten Bettdecken und Kleidungsstücken, enthalten nur das allernötigste Hab und Gut – ein Gegenentwurf zu massiven Monumenten für die Ewigkeit. Und doch erfahren diese Objekte, die von Armut und Migration erzählen, mit der Inszenierung durch die Künstlerin eine ästhetische Aufwertung. Weiter geht es mit der mexikanischen Künstlerin Claudia Peña Salinas, die in vielen Arbeiten über präkolumbische Monumente reflektiert. So auch bei „Moctezuma’s Ixtapan Fountain“, einer Messingstabskulptur, die sich mit den beiden Wassergottheiten des aztekischen Pantheons auseinandersetzt.

Die mit algerischer Abstammung in Russland geborene Künstlerin Zoulikha Bouabdellah kontrastriert, oft wenig subtil, traditionell sakrale Elemente mit modernen Symbolen – hier bei der Installation „Silence Noir“ mit Pumps, die sie auf Gebetsteppichen platziert. Rosetten an der Wand verweisen auf geometrische Ornamente aus dem arabischen Raum, sind aber aus den Silhouetten der französischen Militärflugzeuge „Mirage“ geformt – und bekommen so etwas Bedrohliches. Explizit politisch und rebellisch wird es dann mit Arbeiten der Italienerin Marinella Senatore, die selbst Aktivistin und bekannt für partizipative Performances ist. Die hier gezeigten Fotografien und die mit einer Sturmhaube bedeckte Büste sind Früchte einer Zusammenarbeit mit dem russischen Kollektiv Pussy Riot.

„Bottaris“ von Kimsooja.

„Bottaris“ von Kimsooja. / G. Bosch

Vielseitig präsentieren sich die Werke der Baskin Ana Laura Aláez: organische Skulpturen, die mit Sehgewohnheiten brechen, eine Installation als Hommage an Sängerinnen, die Aláez im Laufe ihres Lebens geprägt haben – eine Referenz an das Mythische, das Denkmäler umgibt – oder eine eindrucksvolle, mit pulsierend-elektronischer Musik unterlegte Videoarbeit. Faszinierend auch die Collagen der Serie „Womankind“ von der in Peru geborenen Künstlerin María María Acha-Kutscher, die unter anderem Fotografien aus Archiven zu fiktiven Dokumenten zusammenfügen, bei denen die Frau im Zentrum steht. Im letzten Raum sind Werke der ägyptischen Künstlerin Ghada Amer zu sehen: eine erotische Stickerei, die die weibliche Sexualität feiert, und Keramikskulpturen der Reihe „Thoughts“. Sie sind zufällig und ungefiltert aus den Resten beim Bearbeiten von Tonplatten entstanden.

Erste Schau von Bernardí Roig in 25 Jahren

Zwar ist der größte Teil der Ausstellungsfläche den starken Positionen dieser acht Künstlerinnen vorbehalten, der bekannte mallorquinische Künstler Bernardí Roig bekam für seine erste Schau im Casal Solleric seit 25 Jahren aber zumindest einige Bereiche in der Peripherie des Gebäudes zugewiesen. Es handle sich dabei auch nicht um eine Ausstellung, sondern um ein „Netz von Reibungen“ mit den Räumen des Hauses, erklärte Roig selbst.

So besetzte der Künstler den roten Saal mit zwei Arbeiten, darunter seinem ersten Video, „El hombre de la lámpara“: Der Protagonist trägt des Nachts einen Kronleuchter wie aus dem Solleric über der Schulter. Neben einem weiteren Video im Schaukasten und einer Skulptur auf dem Balkon beinhaltet die Ausstellung einen im Innenhof platzierten Turm aus 72 Polystyrol-Blöcken und Leuchtstoffröhren, laut Roig ein „umgekehrter Leuchtturm“. Eine Maske mit dem Gesichtsabdruck des Künstlers und einem Geweih verweist auf Aktaion aus der griechischen Mythologie: Der überraschte die Göttin Artemis beim Bad und wurde von ihr in einen Hirsch verwandelt.

Bernardí Roig vor seiner Skulptur im Hof.

Bernardí Roig vor seiner Skulptur im Hof. / G. Bosch

Casal Solleric, Gruppenausstellung „Breaking the Monument“, bis 31. März, Bernardi Roig, „La habitación roja“, bis 14. April

Außerdem zu sehen: Gruppenausstellung mit den Werken der zehn Finalisten des Premi Ciutat de Palma Antoni Gelabert d’Arts Visuals 2023, bis 10. März, Marcelo Víquez: „Sin título“, bis 17. März.

Di.–Sa. 10–20 Uhr, So. und Feiertage 11–14.30 Uhr, Passeig del Born, 27, Palma. Website: casalsolleric.palma.es

Abonnieren, um zu lesen