Meinung | Kommentar

Deutsche mit Migrationshintergrund am Ballermann

Das eigentlich Besorgniserregende an der Geschichte über die mutmaßliche Gruppenvergewaltigung ist das Interesse an einem irrelevanten Migrationshintergrund, meint MZ-Chef Ciro Krauthausen in diesem Kommentar

Urlauberbeine, mutmaßlich mit und ohne Migrationshintergrund.

Urlauberbeine, mutmaßlich mit und ohne Migrationshintergrund. / B. Ramon

Die Geschichte ist so schon widerlich genug: eine mutmaßliche Gruppenvergewaltigung an dem vor unappetitlichen Vorfällen mit volltrunkenen Deutschen nur so strotzenden Ballermann. Hinzu kommt jetzt auch noch eine nicht minder schlimme Diskussion über den „Migrationshintergrund“ der Beschuldigten.

Uns erreichen Dutzende, oft sehr aggressiv formulierte Zuschriften, in denen uns vorgeworfen wird, diesen Migrationshintergrund nicht deutlich zu machen. Auch in der sich in den deutschen Medien überschlagenden Berichterstattung über den Fall spielt das Thema eine nicht unerhebliche Rolle: Sind die Eltern oder Vorfahren der Beschuldigten nun Ausländer oder nicht? Worauf lassen die Vor- und Nachnamen schließen?

Um es vorweg zu nehmen: auf gar nichts.

Gute Deutsche aus dem Münsterland, nicht so gute Deutsche aus dem Sauerland

Die Assoziation Migration und Straftaten scheint mittlerweile in breiten Teilen der deutschen Öffentlichkeit gefangen zu haben und wird von offensichtlich orchestrierten Kampagnen weiter geschürt. Die mutmaßlichen Brandstifter vom Ballermann – die Kegelbrüder – waren „gute“ Deutsche aus dem Münsterland, die mutmaßlichen Vergewaltiger vom Ballermann aus dem Sauerland sind es eher nicht.

Da möchte man laut ausrufen: Sagt mal, habt Ihr sie noch alle?

Darüber berichten oder nicht?

Wir – übrigens deutsche und spanische Staatsbürger mit und ohne Migrationshintergrund – mussten dieser Tage entscheiden, ob wir uns auf diese Diskussion einlassen und über diesen Aspekt informieren. Wir tun es nicht.

Weil man damit schon in die Falle gelaufen ist. Und weil die Herkunft der Eltern und die daraus kulturelle Prägung vollkommen irrelevant für die Beurteilung von Straftaten ist. Dass man das in Deutschland offenbar wieder unterstreichen muss, ist das Erschreckendste.

Alemanes con trasfondo migratorio (Übersetzung ins Spanische)

La historia ya es bastante repugnante de por sí: una presunta violación en grupo en el Ballermann, zona que rebosa de irritantes incidentes protagonizados por alemanes borrachos. Para colmo, ahora se abre un debate no menos desagradable sobre el „trasfondo migratorio“ de los investigados. Recibimos docenas de mensajes, a menudo muy agresivos, en los que se nos acusa de no aclarar este punto. El tema también desempeña un papel no desdeñable en la abrumadora cobertura del caso en los medios de comunicación alemanes. Muchos de ellos se preguntan sobre qué sugieren nombres y apellidos de los investigados. ¿Son extranjeros sus padres, sí o no? Asociar inmigración y delincuencia parece haber calado muy hondo en amplios sectores de la opinión pública alemana. Campañas a todas luces orquestadas azuzan aún más esta vinculación. Los presuntos incendiarios del Ballermann – los llamados „Kegelbrüder“ del año pasado – eran „buenos“ alemanes, los presuntos violadores del Ballermann no lo son tanto. Nosotros –ciudadanos alemanes y españoles con y sin trasfondo migratorio– hemos tenido que decidir estos días si cedemos a las presiones e informamos sobre este aspecto. No lo hacemos. Porque hacerlo es ya caer en la trampa. Y porque el origen de los padres y la impronta cultural resultante es completamente irrelevante para la valoración de un delito. Que esta obviedad, al parecer, haya que subrayarla en Alemania, es lo que más asusta de este caso.