Eigentlich wollte Kristian Romberg (Name von der Redaktion geändert) etwas Gutes für die Umwelt tun, als er Anfang März nach Mallorca kam und sein Elektroauto mitbrachte. Zwei Monate lang hat der deutsche Geschäftsmann aus Hannover beruflich auf der Insel zu tun. „Mallorca rühmt sich ja damit, für Urlauber mit E-Autos attraktiv zu sein“, so Romberg. Doch seine anfängliche Freude darüber, mit möglichst geringem ökologischem Fußabdruck über die Insel zu fahren, legte sich schnell. „Ich habe mich von der Werbung der Politiker blenden lassen. Letztlich ist die Situation auf der Insel für Elektroauto-Fahrer eine Katastrophe. Ich kann allen Urlaubern nur raten: Kommen Sie bloß nicht mit Ihrem Elektroauto nach Mallorca “, sagt er.

Nicht, dass es die versprochenen Ladestationen nicht gäbe. „Tatsächlich gibt es Hunderte, Mallorca hat das dichteste Ladesäulennetz Spaniens und eines der am besten ausgebauten in Europa. Doch das ist nur die Theorie.“ Die Praxis sehe ganz anders aus als von der sozialistischen Ministerpräsidentin Francina Armengol wiederholt angepriesen, berichtet der deutsche MZ-Leser.

Viele MELIB-Stationen können nur von Einheimischen benutzt werden

Da sei zum einen die Applikation MELIB der balearischen Landesregierung, die viele der Ladestationen aufführt und den Nutzern als Wegweiser dienen soll. „Ein Großteil der Infos dort sind einfach hanebüchen falsch“, so Kristian Romberg. Beispielsweise darüber, welcher Anbieter die jeweilige Ladestation betreibe. Dies sei aber oft entscheidend, gerade für Nicht-Residenten. „Viele Stationen sind für Anwohner bestimmter Gemeinden kostenlos, können von Außenstehenden aber gar nicht genutzt werden.“

Ebenfalls ärgerlich – und in der MELIB-App oft nicht aktualisiert dargestellt – sei die Funktionstüchtigkeit vieler Ladestationen. Bei Ladesäulen der Firma Fenie Energia beispielsweise käme es oft zu Kommunikationsproblemen, wenn die Station nicht mit der App und dem Internet verbunden ist. „Dann funktioniert die Verwaltung nicht, und man kann weder zahlen noch sie nutzen“, so Romberg. In Deutschland würden solche technischen Schwierigkeiten oft durch Aufkleber mit QR-Codes auf den Ladesäulen umgangen, die die Nutzer einfach mit dem Smartphone einscannen können, um dann doch an den gewünschten Strom zu kommen. „Das scheinen die Mallorquiner so gar nicht zu machen“, so der Deutsche resigniert.

Und auch mit dem lokalen Anbieter U Energia aus Sóller gebe es Probleme. Die Applikation von U Energia sei voller Informatikfehler, sodass die einwandfreie Nutzung derzeit unmöglich sei. „Allerdings scheint sie so wenige User zu haben, dass es wohl kaum jemandem vor mir aufgefallen ist“, so Romberg. Immerhin sei der Kundenservice bei dem mallorquinischen Unternehmen hervorragend. „Zusammen mit einer Mitarbeiterin habe ich ein umfassendes Feedback abgegeben, und sie haben sich sehr gefreut und es als Anregung genutzt, alle Bugs zu beheben. Bis dahin darf ich kostenlos aufladen, sie haben mir extra eine Telefonnummer gegeben, die ich nur anzurufen brauche, wenn ich an einer ihrer Ladestationen bin.“

Ladedauer häufig auf drei Stunden begrenzt

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So viel Engagement und Verbesserungswillen würde sich der Hannoveraner von der balearischen Landesregierung auch wünschen. Nicht nur, dass die MELIB-App-Infos oft nicht aktuell seien. Auch die Ladestufen der politisch viel beworbenen öffentlichen E-Tankstellen seien oft viel zu gering, um Autos wie Rombergs MBW iX3 vollständig aufzuladen. Bei geringer Ladestufe müsse das Auto viele Stunden an den Strom angeschlossen sein, um danach mehr als eine Handvoll Kilometer fahren zu können, genau wie auch bei den Ladestationen auf den Lidl-Parkplätzen.

Doch an den öffentlichen Stationen sei die Ladedauer meist auf drei Stunden limitiert. „Es gibt nur sehr wenige mit starker Ladestufe, die gut funktionieren. Die schwächeren Stufen mögen für Residenten und Bewohner, die nachts zu Hause aufladen, ausreichend sein, weil sie nur kurz nachladen, aber nicht für Urlauber oder Menschen wie mich, die mit dem Auto hier sind, aber keine Unterkunft mit entsprechender Infrastruktur haben.“ Romberg ärgert, dass die Problematik bei der Regierung schon lange bekannt ist, aber sich nichts ändere. Zwischenzeitlich habe er bereits überlegt, sich einen Leihwagen zu mieten – auf Spritbasis.