Spätestens 2024 sollen in Palma keine Pferdekutschen mehr verkehren. Das beschloss die Stadt Ende Juli, nachdem zum wiederholten Male ein Kutschpferd auf der Straße zusammengeklappt war (MZ berichtete). Als mögliche Alternative brachte das Rathaus Elektrokutschen ins Spiel. Nun jedoch kamen Zweifel auf, ob das überhaupt realistisch ist.

„Das Projekt mit den Elektrokutschen ist derzeit unmöglich umzusetzen“, sagt Toni Mira von Beer Bike España, einer Firma, die Urlaubergefährte vertreibt und auf ihrer Website auch Elektrokutschen präsentiert. „Es gibt eine unüberwindbare Hürde. Für diese Gefährte existieren keine eigenen Regeln. Sie werden daher wie Elektroautos behandelt.“ Und das ziehe einen Rattenschwanz von Folgen mit sich. Es sei nicht damit getan, der Kutsche einen elektrischen Antrieb zu verpassen. Sie bräuchte unter anderem Licht, Airbags und Anschnallgurte. „Sonst würde die Kutsche auf keinen Fall eine Zulassung bekommen“, so Toni Mira.

Das Modell von Beer Bike España würde keine Zulassung bekommen. | FOTO: BBE

Auch der deutsche Tüftler Charly Bosch, der mit seinem Elektroauto-Nachbau des historischen Loryc auf Mallorca bekannt geworden ist, hat sich Gedanken gemacht. „Es bestehen in allen europäischen Ländern die gleichen Zulassungsbedingungen für die Elektrofahrzeuge. Natürlich könnte die Stadt Palma einen Alleingang hinlegen, aber wer hält dann bei einem Unfall den Kopf hin, wenn sich ein Tourist verletzt und auf Schadenersatz klagt?“ Der Deutsche plädiert für eine völlig andere Lösung. Getreu dem Motto: Ohne Pferd ist das keine richtige Kutsche. „Die Leute wollen eine individuelle Stadtrundfahrt. Da muss man schauen, mit welchem Gefährt das möglich ist“, so Bosch. Ein originelles Elektroauto, so meint er, täte es doch auch.

Gab es Verhandlungen?

Laut Toni Mira hat es schon vor anderthalb Jahren Gespräche der Stadt Palma mit Beer Bike España gegeben. Dabei sei dem Rathaus klar geworden, dass es keine schnelle und einfache Lösung gibt. „Der einzige Weg wäre, wenn das Rathaus eine gesetzliche Regelung für die Elektrokutschen einführt“, sagt Mira. „Das wollen die Politiker aber nicht. Sie haben das Projekt daher erst einmal auf Eis gelegt.“ Doch in diesem Punkt steht Aussage gegen Aussage. Denn laut Francesc Dalmau, der im Rathaus für den nachhaltigen Verkehr zuständig ist, hat die Prüfung der Alternativen zu den Pferdekutschen noch gar nicht begonnen. „Ich habe bislang mit keinem Unternehmen gesprochen“, sagt er und verweist darauf, dass das Verbot der Pferdekutschen gerade einmal wenige Wochen zurückliegt.

So machen es die Deutschen

Die Lage scheint verzwickt, dabei liegt die Lösung gar nicht so fern. In verschiedenen deutschen Städten, wie Leipzig, Berlin oder Münster, gibt es schon seit Jahren Elektrokutschen. „Wir haben unseren Prototypen nach jahrelanger Handarbeit 2013 fertiggestellt“, sagt Tristan Rasper von Prinzipal-Express in Münster. Das Gefährt sieht aus wie ein Mix aus Bollerwagen, Traktor und Kutsche. „Wir haben eine Zulassung als Elektro-Pkw mit einem extra Kennzeichen als Sonderfahrzeug, das nur 25 km/h schnell ist. Als solches brauchen wir weder Gurt noch überstandenen Crash-Test oder Rückspiegel.“ Warnblinker, Licht und Hupe sind dann aber doch nötig.

Das Unternehmen hat bei der Stadt eine Sondergenehmigung eingeholt, um durch verkehrsberuhigte Gassen im Zentrum fahren zu dürfen. Zwölf elektrische Pferde sind gewissermaßen vor die Kutsche gespannt. Die Batterie hält je nach Strecke zwischen fünf und sieben Stunden.

Und was sagen die Kunden zur pferdelosen Kutsche? „Die sind sehr zufrieden. Sie sehen uns aber mehr als Oldtimer und vermissen die Tiere daher gar nicht“, sagt Rasper, der sich die Kutsche auch in Palma vorstellen kann. „Wenn sie durch den deutschen TÜV kommt, dann wohl auch in anderen Ländern.“