Cala Millor auf Mallorca ist derzeit eine Großbaustelle - werden die Arbeiten fertig, bis die Urlauber wiederkommen?

Weite Teile der Fußgängerzone des Küstenorts auf Mallorca werden derzeit umgebaut – und sorgen für gähnende Leere in den meisten Läden. Dafür soll im Frühling alles besser werden. Doch die Händler vor Ort sind skeptisch

Sophie Mono

Sophie Mono

„We wish you a merry Christmas“, tönt es aus dem Inneren eines Modegeschäfts auf die Straße. Das Schaufenster ist weihnachtlich dekoriert, Schals und dicke Jacken sind gut sichtbar drapiert. Ein Stück Winterstimmung in Cala Millor auf Mallorca– einem Ort, der eigentlich vom Sommergeschäft lebt. Der Bademodeladen gegenüber hat seit Monaten geschlossen, auch die angrenzende Eisdiele bleibt bis Frühjahr zu. Irgendwie wirkt es hier öde – anders als eine Straße weiter, an der Strandpromenade, die bei sonnigem Wetter Spaziergänger anlockt.

"Es kommen kaum Kunden"

„Es kommen kaum Kunden. Wenn ich nicht geöffnet haben müsste, würde ich auch zumachen“, sagt Adela Aguilar. Sie betreibt seit 18 Jahren den Tabakladen direkt neben dem Modegeschäft. „Um die Jahreszeit ist es hier immer wie ausgestorben. Aber dieses Jahr noch mehr als sonst.“ Grund dafür sind die Bauarbeiten, die auch die kläglichen Versuche der Händler, Besinnlichkeit in den Küstenort zu bringen, zunichtemachen.

Seit Anfang November ist die Fußgängerzone von Cala Millor en obras. Zwischen den Querstraßen Primavera und Sol Naixent ist die Geschäftsstraße Cristòfol Colom gezeichnet durch offen liegende Rohre, Bauschutt, Absperrungen und Bagger. Nur die nördliche Verlängerung, der Carrer des Sol, an der der Tabakladen liegt, ist noch unberührt.

Der Zeitplan

„Wenn wir Pech haben, starten sie hier erst kurz vor Saisonbeginn mit den Arbeiten und werden dann nicht rechtzeitig fertig“, so Aguilar. Man merkt ihr an, dass sie den Arbeiten skeptisch gegenübersteht. „Natürlich ist es gut, dass hier etwas passiert. Es war nötig. Aber ich habe Angst, dass es dann wieder auf die Schnelle passiert und nicht sauber gearbeitet wird.“ Das sei schon häufiger bei öffentlichen Arbeiten im Ort vorgekommen. „Es gibt aber auch positive Beispiele. Der Carrer Binicanella ist wirklich schön geworden“, findet die gebürtige Andalusierin.

Diese unter deutschen Fernsehzuschauern als „Goodbye-Deutschland-Straße“ bekannte Stichstraße liegt nur wenige Meter vom Tabakladen entfernt. Hier sind gleich mehrere Lokale deutscher Auswanderer angesiedelt, die durch die Vox-Reality-Sendung bekannt geworden sind. Sie wurde bereits in vergangenen Wintern erneuert. Ein neues Straßenpflaster und viele Palmen machen einen gepflegten Eindruck.

Solarzellen und Grünflächen

Wenn alles nach Plan verläuft, dann wird auch die Fußgängerzone bald so ähnlich aussehen. Ein Video, das das Rathaus der MZ bereitstellt, lässt erahnen, wie es einmal werden könnte: Unter Schatten spendenden Metallpavillons, auf denen neue Solarzellen prangen, sind zahlreiche Grünflächen und Bänke zu erkennen, die zum Verweilen einladen. Das Pflaster hat einen künstlerischen Touch – die Entwürfe lieferte der bekannte spanische Designer Javier Mariscal. 2,7 Millionen Euro kostet das Projekt, das bis Ostern fertiggestellt werden soll.

„Man kann nur hoffen, dass sie es bis dahin schaffen. Bei dem Lärm und Schmutz hat wirklich niemand Lust, einkaufen zu gehen“, sagt eine junge Angestellte in einem Bekleidungsgeschäft, dessen ausgestellte Ware nur wenige Meter von der Absperrung um Kunden wirbt. Sie arbeite zum ersten Mal im Winter hier und könne daher schlecht vergleichen, wie es sonst um diese Zeit so laufe. „Aber die meiste Zeit über fühle ich mich total überflüssig.“

Bauleiter zuversichtlich

Der zuständige Bauleiter Fulvio Toro zeigt sich zuversichtlich, dass alles bis Ostern fertig wird.

Der zuständige Bauleiter Fulvio Toro zeigt sich zuversichtlich, dass alles bis Ostern fertig wird. / Nele Bendgens

Über viele Hundert Meter hinweg ist der Straßenbelag herausgerissen, gearbeitet wird während des MZ-Besuchs am Freitagvormittag (23.12.) jedoch nur an einer Stelle. Eine Handvoll Arbeiter sind im Einsatz – und scheinen es eher ruhig angehen zu lassen. „Wir arbeiten auf Hochtouren“, widerspricht Fulvio Toro. Er stellt sich als verantwortlicher Bauleiter vor. Man sei ein wenig im Verzug, räumt er ein. „Es treten immer mal Probleme auf, die man nicht vorhersehen kann. Aber wir sind dennoch zuversichtlich, dass wir den Zeitplan letztlich einhalten.“

Vor allem sämtliche Wasser-, Gas- und Stromleitungen werde man auf jeden Fall in den kommenden Monaten im Erdreich neu verlegen und auch das Pflaster fertigstellen. Ob man mit allen weiteren Feinheiten fertig werde, zeige sich dann kurzfristig.

Hübsch, aber unpraktisch

Catalina Valls schüttelt den Kopf, wenn das Thema auf die Arbeiten zu sprechen kommt. Seit 27 Jahren betreibt sie den Schmuckladen Semiramis, vor dessen Eingang die Straße seit Wochen aufgerissen ist. Vorher arbeitete die Mallorquinerin bereits zwölf Jahre lang als Angestellte in Läden in der Fußgängerzone. „Umfassend renoviert wurde in all der Zeit nicht. Natürlich ist es gut, dass jetzt von öffentlicher Seite Geld in die Hand genommen wird“, meint sie. Aber es sei bedauerlich, dass die Verantwortlichen im Rathaus in der Planungsphase zu keinem Zeitpunkt das Gespräch mit den ansässigen Ladenbetreibern gesucht hätten. „Der Entwurf, der nun umgesetzt wird, sieht zwar hübsch aus, ist aber nicht praktisch“, findet sie. Im Sommer platze die Fußgängerzone vor lauter Passanten regelmäßig aus allen Nähten. „Wenn sie jetzt so viele Grün- und Sitzflächen in die Mitte bauen, wird es künftig noch enger und unbequemer, vor allem für Menschen mit Kinderwagen oder Rollstühlen.“

Ihrer Meinung nach sei weniger mehr. Doch die Bedürfnisse der Händler hätten seit jeher keine Priorität im Rathaus von Sant Llorenç gehabt. „Die Gegend bringt der Kommune zwar viel Geld. Gleichzeitig wohnen hier aber fast keine Leute. Entsprechend wenig Wähler gibt es, und das merkt man bei der Gewichtung der Themen, denen die Politiker Beachtung schenken.“ Besonders hapere es an der Instandhaltung im öffentlichen Raum. „Die geplanten neuen Grünflächen werden permanente Pflege brauchen. Ich bezweifle, dass sich jemand darum kümmert. Und dann wird es nicht nur unpraktisch, sondern auch hässlich. Ich hoffe, ich irre mich.“