Der lange Schatten vom Cursach-Prozess: Warum auf Mallorca erneut Polizisten vor Gericht stehen

Der nächste Prozess gegen Beamte der Ortspolizei von Palma läuft: Wie kamen 2012 die Fragen eines internen Tests zur Beförderung vorab in die Hände zweierPrüflinge? Der Skandal brachte die Ermittlungen gegen den Megapark-Boss Bartolomé Cursach erst ins Rollen

Die sieben Angeklagten vor Gericht. Daniel Montesinos im roten Pulli wurde freigesprochen.

Die sieben Angeklagten vor Gericht. Daniel Montesinos im roten Pulli wurde freigesprochen. / B. Ramon

Es ist das Jahr 2012. Bei der Ortspolizei von Palma werden 14 teilweise hochrangige Stellen ausgeschrieben. Doch irgendetwas stimmt nicht. Zwei Bewerber sollen im Vorfeld einen Teil der Fragen zugesteckt bekommen haben. Auf dem Revier gilt dies sogar als offenes Geheimnis. Die Fragen wurden vom E-Mail-Konto des Sicherheitsbeauftragten der Stadt Palma an einen Polizisten geschickt, der nicht an der Prüfung teilnahm. Dieser Polizist leitete die E-Mail an zwei Prüflinge weiter. Wochen später ließ er diesen ominösen Vorgang von einem Notar beglaubigen.

Wie es dazu kommen konnte und was genau geschehen ist, wird seit vergangenem Mittwoch (21.2.) vor dem Landgericht in Palma untersucht. Angeklagt sind sechs Ortspolizisten sowie der Ex-Sicherheitsbeauftragte, denen jeweils bis zu anderthalb Jahre Haft und zwölf Jahre Berufsverbot drohten. Einige von ihnen standen schon im Prozess gegen Megapark-Besitzer Cursach vor Gericht. Damals wurden alle freigesprochen.

Knaller zum Prozessbeginn

Wie im Cursach-Prozess gab es auch hier gleich zu Anfang einen Knaller. Denn Staatsanwalt Juan Carrau, der auch beim Megaprozess 2022 die Anklage führte, ließ gleich am ersten Tag alle Anklagepunkte gegen den Polizisten Daniel Montesinos fallen – jenen Polizeibeamten also, der die E-Mail weitergeleitet hatte und später zum Notar gegangen war. Als Begründung für den ungewöhnlichen Schritt gab Carrau an, dass es bei den Ermittlungen in der Sache zu Unregelmäßigkeiten gekommen war. Montesinos war fortan nur noch Zeuge.

Erst Angeklagter, nun Zeuge: der Polizist Daniel Montesinos.  | FOTO: B. RAMON

Erst Angeklagter, nun Zeuge: der Polizist Daniel Montesinos. / FOTO: B. RAMON

In Erklärungsnot befand sich vor allem Enrique Calvo. Der damalige Sicherheitsbeauftragte der Stadt konnte sich den Versand der E-Mail von seinem Konto nur mit Sicherheitsproblemen in der IT der Polizei erklären. Jemand habe sich seiner digitalen Identität bemächtigt – oder sei in sein Büro eingedrungen und habe die Mail von da aus verschickt. Die geschilderten Sicherheitsmängel wurden am Dienstag von einem Zeugen aus Polizeikreisen bestätigt.

Die undurchsichtige Rolle des Zeugen

Montesinos widersprach den Erklärungsversuchen Calvos in seiner Aussage vor Gericht. Calvo habe ihn „um den Gefallen“ gebeten, die Mail an die Beamten Tomás Más und Santiago Adrover weiterzuleiten. Auf Nachfrage der Richterin erklärte Montesinos, er sei persönlich dabei gewesen, als Calvo ihm die E-Mail schickte. Er selbst habe nicht gewusst, was der Inhalt war. Als er später davon erfahren habe, sei er nervös geworden und habe einen Anwalt kontaktiert. Der habe ihm zum Gang zum Notar geraten.

In der fallengelassenen Anklage gegen Montesinos hatte es eine andere Begründung für diesen Schritt gegeben. Demnach wollte er sich absichern und erwirken, dass innerpolizeiliche Verfahren wegen Unregelmäßigkeiten gegen ihn eingestellt werden. Zudem gelang es ihm so, seinen Posten an der Playa de Palma zu behalten, wo er laut Anklage illegalen Machenschaften nachging. Montesinos wird sich demnächst deswegen vor Gericht verantworten müssen.

Der Schatten des Cursach-Prozess

Die Entdeckung der polizeilichen Korruption hatte 2012 erst die Ermittlungen gegen Cursach ausgelöst. Der Schatten dieses gescheiterten Prozesses fällt auch noch in weiterer Hinsicht auf dieses Verfahren. Einige Zeugen beschuldigen auch hier Ex-Staatsanwalt Miguel Ángel Subirán, sie unter verschiedenen Androhungen zu Falschaussagen genötigt zu haben. „Ich hätte alles zugegeben, um nicht in den Knast zu gehen“, erklärte einer der nun Beschuldigten. Subirán wurde vor wenigen Monaten wegen seiner Ermittlungsmethoden zu einer Haftstrafe verurteilt.

Die mündliche Verhandlung ist noch bis Mitte März angesetzt.

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