Der nächste Prozess gegen Ortspolizisten auf Mallorca – eine wie von Geisterhand versendete E-Mail und ein zum Zeugen mutierter Angeklagter

Sieben Polizisten und Beamte stehen vor Gericht, einige davon hochrangig. Sie sind bereits aus dem Prozess gegen Megapark-Besitzer Cursach bekannt. Und gleich zu Beginn gab es einen Knaller

Die sieben Angeklagten vor Gericht. Daniel Montesinos im roten Pulli wurde freigesprochen.

Die sieben Angeklagten vor Gericht. Daniel Montesinos im roten Pulli wurde freigesprochen. / B. Ramon

Marcos Ollés

Marcos Ollés

In Palma hat der nächste Prozess gegen Ortspolizisten begonnen, die auch in den Korruptionsprozess um den Megapark-Besitzer Bartolomé Cursach verwickelt waren. Bei dem Verfahren auf Mallorca, das am Mittwoch (21.2.) in die mündliche Verhandlung ging, geht es um einen Vorfall aus dem Jahr 2012. Bei einer Beamtenprüfung (oposiciones) innerhalb der Ortspolizei erhielten einige der Bewerber vor der Prüfung einen Teil der Fragen zugesteckt. Insgesamt stehen sieben Beamte vor Gericht.

Das wird den Angeklagten vorgeworfen

Bei der Prüfung wurden zehn Fragen gestellt. Sieben davon wurden vom damaligen Chefintendenten der Polizei, Antoni Vera, und dem Hauptkommissar Rafael Estarellas formuliert. Sie ließen die Fragen dem Sicherheitsbeauftragten der Stadt Palma, Enrique Calvo, zukommen. Dieser wiederum leitete die Fragen samt der korrekten Antworten laut Anklage per E-Mail an den noch nicht verbeamteten Polizisten Daniel Montesinos weiter. Dieser wiederum schickte die Mail sechs Tage vor der Prüfung an die ebenfalls angeklagten Polizeibeamten Tomás Más und Santiago Adrover weiter.

Die beiden Polizeibeamten beantworteten bei der Prüfung nur die sieben Fragen, die sie kannten. Vera wiederum hatte den kompletten Fragenkatalog an einen anderen Prüfling, einen Verwandten, weitergeleitet. Dieser erhielt die volle Punktzahl.

Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft sollten Más und Adrover durch das Manöver befördert werden. Dies wiederum erlaubte Montesinos, eine unbefristete Stelle bei der Ortspolizei zu bekommen.

Doch Montesinos wollte sich absichern und ließ vor einem Notar den Betrug beglaubigen. Damit wollte er sich absichern und erwirken, dass innerpolizeiliche Verfahren wegen Unregelmäßigkeiten gegen ihn eingestellt werden. Zudem gelang es ihm so, seinen Posten an der Playa de Palma zu behalten, wo er laut Anklage illegalen Machenschaften nachging. Der Playa-Beamte, der im Cursach-Prozess freigesprochen wurde, wird sich demnächst wegen dieser Aktivitäten vor Gericht verantworten müssen.

Angeklagter bei Prozessbeginn überraschend freigesprochen

Fürs Erste ist er aber raus aus der Sache. Denn überraschenderweise erklärte Staatsanwalt Juan Carrau gleich am ersten Prozesstag, dass man alle Anklagepunkte gegen Montesinos fallen lasse. Damit ist er automatisch freigesprochen und tritt im Prozess nur noch als Zeuge auf. Als Begründung für den ungewöhnlichen Schritt gab Carrau an, dass es bei den Ermittlungen in der Sache zu Unregelmäßigkeiten gekommen war. So wurde Montesinos gleich bei vier Gelegenheiten als Zeuge befragt, bevor er schließlich angeklagt wurde. Dies verletze seine Rechte, so Carrau.

Das sagen die Beschuldigten

Am zweiten Prozesstag sagten die Angeklagten aus. Palmas Ex-Sicherheitsbeauftragter Enrique Calvo erklärte, er könne sich nicht erklären, wie die sieben Fragen von seiner E-Mail-Adresse aus versendet worden sein konnten. Er habe aber mitbekommen, dass es größere Sicherheitsprobleme bei der IT der Ortspolizei gegeben habe. Vielleicht habe jemand auf diese Weise seine E-Mail-Adresse gekapert. Eine andere Möglichkeit sei, dass jemand in sein Büro gegangen sei und von dort die E-Mail versendet habe. Er habe keinen Schlüssel gehabt, deshalb habe das Büro jederzeit offen gestanden.

Calvo räumte ein, dass er mit dem durch die Weitergabe der Fragen Begünstigten Tomás Más "superbefreundet" sei, aber er habe ihm in keinem Fall auf diese Weise geholfen.

Chefintendent Antoni Vera wies ebenfalls die Vorwürfe von sich. Calvo habe ihn nie um die Fragen gebeten. "Wenn er das getan hätte, hätte ich ihm alle geschickt, nicht nur sieben." Vera erklärte, er sei das Opfer des mittlerweile im Zuge des Cursach-Prozesses suspendierten und zu einer Haftstrafe verurteilten Staatsanwalts Miguel Ángel Subirán geworden. Dieser habe ihn auf dem Kieker gehabt. Nur deshalb sei er gleich mehrfach angeklagt worden. Hauptkommissar Rafael Estrellas schlug bei seiner Aussage in die selbe Kerbe. Subirán habe eine Abneigung gegen ihn gehabt.

Einer der beiden Prüflinge erklärte, er habe den Betrug bei der Prüfung nur zugegeben, weil Subirán ihn im Zuge der Ermittlungen unter Druck gesetzt hatte. "Ich hätte alles zugegeben, um nicht in den Knast zu gehen", erklärte er. Der andere Beschuldigte hingegen wies alle Vorwürfe von sich: "Ich weiß nicht, warum ich hier sitze."

Inspektor Enrique Quetglas, einem weitereren Angeklagten, wird vorgeworfen, die Verfahren gegen Montesinos eingestellt zu haben. Er erklärte, niemals unrechtmäßig gehandelt zu haben.

Das sagt der Kronzeuge

Am Freitag sagte dann Montesinos aus. Demnach habe Calvo ihn gebeten, die Email mit den Fragen und Antworten an die beiden Polizisten zu schicken. Es habe sich aber nicht um einen Befehl gehandelt. Vielmehr habe Calvo ihn um einen Freundschaftsdienst gebeten. Den Inhalt der Email will Montesinos zu dem Zeitpunkt nicht gekannt haben. Diesen habe er später erfahren, daraufhin sei er zum Notar gegangen. /pss