Dafür stehen die Rechtspopulisten von Vox auf Mallorca

Die Wahl von Marga Prohens zur Ministerpräsidentin hängt von der Enthaltung einer Partei der einfachen und radikalen Lösungen ab

Gut gelaunt in der Wahlnacht: (v. li.) die Kandidaten von Vox, Pedro Bestard (Inselrat), Jorge Campos (Parlament) und Fulgencio Coll (Bürgermeisteramt Palma).

Gut gelaunt in der Wahlnacht: (v. li.) die Kandidaten von Vox, Pedro Bestard (Inselrat), Jorge Campos (Parlament) und Fulgencio Coll (Bürgermeisteramt Palma). / B. Ramon

Johannes Krayer

Johannes Krayer

Das Victory-Zeichen in die Luft gereckt stehen sie da: die Kandidaten der rechtspopulistischen Partei Vox für den Inselrat, das Parlament und das Rathaus von Palma. Pedro Bestard, Jorge Campos und Fulgencio Coll sind neben der konservativen Volkspartei PP die Sieger der Regional- und Kommunalwahlen auf den Balearen. Der auf den Inseln aus der antikatalanischen Vereinigung Círculo Balear und der späteren Kleinpartei Actúa hervorgegangene Ableger von Vox ist keine Eintagsfliege. Auf den Inseln holte die Partei am 28. Mai bei den Parlamentswahlen 13,9 Prozent und damit acht Direktmandate, vor vier Jahren waren es drei.

Wie sehr Vox in den verschiedenen Gesellschaftsschichten angekommen ist, zeigt ein etwas genauerer Blick auf die Wahlergebnisse. Palma ist spanienweit die Provinzhauptstadt mit der höchsten Zustimmung für die Rechtspopulisten – mehr als 20 Prozent der Wählerinnen und Wähler steckten den Zettel von Vox in ihren Umschlag. In einzelnen Stadtteilen, wie etwa dem Einwanderungs-Hotspot Son Gotleu, aber auch homogenen Wohnvierteln mit Besserverdienenden, wie etwa Son Rapinya, hat mehr als jeder Vierte Vox gewählt. Und in Gegenden in Nou Llevant oder der Barackensiedlung Son Banya war es rund jeder Dritte.

Vox sitzt nun auch in traditionell linken Dörfern im Gemeinderat

Auch außerhalb von Palma gewinnt Vox Anhänger, vor allem in den stadtnahen Gebieten. In Calvià hat die Partei fünf Sitze geholt, in Marratxí vier und in Llucmajor drei. In acht der 16 Gemeinden, in denen Vox ab sofort im Plenum sitzen wird, waren die Rechtspolitiker vorher nicht präsent, darunter in traditionell linken Orten wie Esporles oder Bunyola.

Vox wurde 2013 von Mitgliedern der konservativen PP gegründet, weil ihnen der Kurs des spanischen Ministerpräsidenten Mariano Rajoy zu gemäßigt war. Der jetzige Parteichef Santiago Abascal führte die unzufriedene Gruppe schon damals an und begründete die monarchistische, antifeministische, antiislamische und ultrakonservative Partei mit. Dem Aufstieg der Partei förderlich ist laut Experten die Spaltung der Gesellschaft gepaart mit einer Angst vor „Überfremdung“ und deren negativen Folgen. Deshalb sei es kein Wunder, dass Vox gerade in Vierteln mit einer hohen Zahl an Einwanderern gute Ergebnisse holt.

Harte Hand gegen straffällige Einwanderer

„Cuida lo tuyo“ (Pass auf das deine auf), plakatierte die Partei im Wahlkampf. Vox verspricht harte Hand gegen straffällige Einwanderer, die sich in vielen Fällen irregulär in Spanien aufhalten. Im Wahlkampf ließ sich Jorge Campos gemeinsam mit zwei Anwohnerinnen in den Straßen des Einwandererviertels Pere Garau filmen, während die drei über die Gefährlichkeit des Stadtteils und die Moscheen schwadronierten. Bei den Muslimen im Viertel kam das gar nicht gut an, viele Migranten ohne Aufenthaltserlaubnis fürchten seither, bei einer Regierungsbeteiligung von Vox das Land verlassen zu müssen.

Neben Jorge Campos die starke Frau bei Vox: Balearen-Chefin Patricia de las Heras.

Neben Jorge Campos die starke Frau bei Vox: Balearen-Chefin Patricia de las Heras. / Diario de Ibiza

Auch beim Thema Hausbesetzungen profiliert sich Vox mit martialischer Sprache und einfachen Lösungen. Campos, der für sein Leben gern provoziert, spricht davon, dass man Hausbesetzer „mit einem Arschtritt“ in den ersten 24 Stunden nach der Besetzung aus dem Haus befördern müsse. Um die Wohnungsnot in den Griff zu bekommen, sollen die Bauvorschriften gelockert werden. „Wir wollen, dass man überall bauen kann, außer in den Gebieten, die unter Naturschutz stehen“, sagt Jorge Campos.

Katalanen und ihre Unabhängigkeitsbestrebungen sind die erklärten Gegner

Ansonsten fährt die Partei einen strammen nationalspanischen Kurs. Erklärte Gegner sind speziell die Katalanen und ihre Unabhängigkeitsbestrebungen. Ein Hauptanliegen von Jorge Campos ist seit Jahren, ähnliche Entwicklungen auf den Balearen zu verhindern, wie er immer wieder erklärt. Die Einheit Spaniens ist der Partei heilig, die Autonomen Regionen würden die Rechtspopulisten am liebsten ganz abschaffen.

So präsentierte sich Vox im ganzen Land mit einem einheitlichen Wahlprogramm, ohne auch nur mit einem Satz auf die jeweiligen Eigenschaften der Regionen oder Kommunen einzugehen. „Wir wollen Kompetenzen der Balearen an den Staat zurückgeben“, sagen Jorge Campos und seine Mitstreiter. Es gebe viel zu viele Politiker und Beamte, man müsse die gesamte Verwaltung entschlacken, Steuern radikal senken.

Fraueninstitut und Regionalsender IB3 schließen

Etliche Insel-Behörden, die Campos stets abwertend als chiringuitos bezeichnet, würde er am liebsten schließen. Die Anti-Korruptionsbehörde gehört dazu ebenso wie das Fraueninstitut Ib-Dona, das Opfern von sexualisierter Gewalt hilft. Feminismus und LGTBI sind der Partei ebenso suspekt wie Schulunterricht auf Katalanisch oder der Regionalsender IB3, der ebenfalls abgeschafft gehört.

Vergangenheitsbewältigung, speziell der Spanische Bürgerkrieg und die Rolle des Franco-Regimes, ist ein weiteres rotes Tuch. Das Gesetz zur Aufarbeitung der Gräueltaten, die ley memoria histórica, würde Vox lieber heute als morgen einstampfen. Als einzige Partei in Spanien leugnet Vox zudem den menschengemachten Klimawandel – dabei war Campos im Rathaus von Calvià selbst einmal für dieses Thema zuständig. Er spricht stattdessen von einem „Zykluswechsel“. Ein solcher müsse nicht zwangsläufig die „Zerstörung der Industrie“ nach sich ziehen. Auch dürfe auf dieser Grundlage die Freiheit des Einzelnen nicht mit Füßen getreten werden.

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