Selten hat es auf Mallorca ein derartiges Heer an Kameras gegeben wie an diesem Mittwoch (2.2.). Seine Majestät höchstpersönlich, Rafael Nadal, hat nach dem Gewinn seines 21. Grand-Slam-Titels zur Pressekonferenz geladen. Eine ältere Frau klatscht begeistert, als der 35-Jährige die Halle in Nadals Tennis- Akademie in Manacor betritt. Alle anderen schweigen vor Ehrfurcht. Ein Fotograf macht fast einen Purzelbaum, um den Profi ja aus allen Blickwinkeln abzulichten.

In einem epischen Match hat der Mallorquiner am Sonntag (30.1.) den Russen Daniil Medwedew mit 3:2-Sätzen im Finale der Australian Open bezwungen. Es war wieder eine der für Nadal typischen Aufholjagden. Die remontada ist längst zum Markenzeichen und Werbeslogan des Profis geworden. „Das wird alles schöngeredet, wenn ich am Ende als Sieger den Platz verlasse. In Wahrheit rutscht auch mir das Herz in die Hose, wenn ich hinten liege“, erklärt Nadal. „Es geht dann nur noch darum, im Spiel zu bleiben. Aufgeben ist natürlich keine Option. Dass man sich unsicher fühlt, ist etwas Menschliches. Das haben wir alle. Wenn man den Gegner nicht zu weit davonziehen lässt, dann kommt der Glauben zurück und man bekommt seine Chance.“

Status eines Halbgotts

Mit seiner 21. Trophäe bei den größten Tennisturnieren hat Nadal wohl endgültig den Status eines Halbgotts erreicht. Aus aller Welt fliegen ihm Glückwünsche zu. Halb im Spaß denkt manch einer auf der Insel schon darüber nach, die Geburtsstadt des Mallorquiners in Nadalcor umzutaufen. Schon etwas ernster scheint der Vorschlag, Mallorcas Flughafen Son Sant Joan eines Tages nach dem Tennisspieler zu benennen. Warum denn auch nicht, schließlich ist Nadal ein internationales Aushängeschild der Insel. „Die Entscheidung muss aber letztlich Flughafenbetreiber Aena treffen“, hat Ministerpräsidentin Francina Armengol vorsorglich schon mal klargestellt. Der Sportler nimmt es gelassen. „Es wäre mir eine Ehre, wenn es dazu kommt.“

Natürlich wurde Nadal wieder dazu befragt, was es ihm nun bedeutet, mehr Grand Slams als jeder andere Tennisprofi jemals gewonnen zu haben. „Klar würde ich gerne diesen Dreikampf zwischen Roger Federer, Novak Djokovic und mir gewinnen. Aber ich bin nicht besessen davon – null.“ Eine Zahl, wie viele Titel es in seiner Karriere noch sein sollen, habe er sich nicht vorgenommen. „Es ist wahrscheinlich, dass 21 für die Spitzenposition nicht reichen werden“, sagt er dazu.

Drei Frauen noch vor ihm

Wobei Nadal sich noch höhere Ziele stecken könnte. Mit der Anzahl an Grand-Slam-Titeln ist er zwar bei den Männern Weltspitze. Mit Margaret Court (24), Serena Williams (23) und Steffi Graf (22) haben aber drei Damen mehr Grand Slams gewonnen. Auch finanziell hat der Mallorquiner noch Aufholbedarf. Knapp 2,8 Millionen Euro brachte ihm der Sieg in Australien, womit er in seiner Karriere fast 115 Millionen Euro Preisgeld eingespielt hat. Federer kommt auf 117 Millionen Euro und Djokovic gar auf knapp 138 Millionen Euro.

Glaubt man seinen Aussagen, interessieren diese Zahlenspiele den Mallorquiner wenig. Eine Fußverletzung sorgte im vergangenen Jahr für das vorzeitige Saisonende. Im Dezember steckte sich Nadal zudem mit Corona an. „Ich habe praktisch sechs Monate nicht gespielt. Dass ich bei den Australian Open spielen konnte war eine Punktlandung. Hätte mir jemand vor wenigen Wochen garantiert, dass ich überhaupt auf dem Platz zurückkehren kann, hätte ich das sofort unterschrieben. So habe ich nun besser gespielt, als ich mir vorgestellt hatte“, sagt er gewohnt bescheiden.

Karriereende kommt nicht infrage

Ein Karriereende kommt für ihn derzeit nicht infrage. „Natürlich gibt es ein Ablaufdatum. Aber ich sehe derzeit bessere Chancen, dass ich weitermache, als vor vier Wochen.“ Dabei braucht der Mallorquiner gar keine Trophäe als Motivation. „Mir gefällt es, was ich mache. Das treibt mich an. Ich mag das Training, ich mag die Wettkämpfe. Es stellt mich extrem zufrieden, dass ich in meinem Alter noch in den besten Stadien gegen die weltbesten Spieler antreten kann.“

So will Nadal auch nicht kürzertreten. „Ich habe in den vergangenen zwei Jahren nur sechs und acht Turniere gespielt. Das ist extrem wenig. Wir reden eher davon, das Pensum zu erhöhen, als zu verringern.“ Nun will der Mallorquiner erst mal schauen, wie sein Körper die Strapazen wegsteckt. Im Idealfall geht es für den 35-Jährigen in zweieinhalb Wochen in Acapulco weiter. „Das Turnier steht aber noch auf der Kippe. Bei Indian Wells im März bin ich aber ziemlich sicher dabei.“