Josep Alós erinnert sich noch gut an die Blicke einiger verdutzter Taucher, als er und sein Forscherteam nahe der Malgrats-Inseln bei Santa Ponça auf Mallorca Zackenbarsche mit einer Tüte einfingen, um sie anschließend an Bord eines Schiffes mit kleinen elektronischen Sendern auszustatten. Der Biologe ist an einem neuen, auf zehn Jahre angelegten Forschungsprojektes beteiligt, das das Mittelmeer-Forschungsinstitut Imedea gemeinsam mit dem Fischereiamt der Balearen-Regierung und dem Meeresforschungsinstitut IEO betreibt. In der außergewöhnlich lange dauernden Studie wollen die Wissenschaftler mittels eines mit akustischen Signalen arbeitenden Überwachungssystems erforschen, wie sich Klimawandel, Meeresverschmutzung und Meereslärm auf die Unterwasserwelt der Balearen auswirken.

Taucher fangen die Fische mit einer Tüte ein und bringen sie an Bord des Bootes. ENEKO ASPILLAGA

Wie steht es dort um die Artenvielfalt? Sind die bestehenden Regulierungen für den nachhaltigen Fischfang streng genug? Sind in der letzten Zeit eingeschleppte Arten aufgetaucht? Erfüllen die vor der Küste ausgewiesenen Meeresschutzgebiete ihren Zweck? Unter anderen zu diesen Fragen sollen die gesammelten Daten Aufschluss geben.

Da die Studie auf zehn Jahre angelegt ist, sind die Wissenschaftler auf der Suche nach Tieren mit langer Lebensdauer. ENEKO ASPILLAGA

Die Zackenbarsche zuerst

Als „Wächter der Meere“ hat das Team zunächst die als gefährdet eingestufte Art der Braunen Zackenbarsche (lat. Epinephelus marginatus, span. mero) ausgewählt – und das ganz bewusst. „Sie haben im Vergleich zu anderen in Küstennähe lebenden Fische eine besonders hohe Lebensdauer, sie können bis zu 60 Jahre alt werden. Als „Könige des Mittelmeers“ stehen sie zudem ganz am Ende der Nahrungskette“, erklärt Alós. Darüber hinaus sei es auch interessant, gerade diese Art zu erforschen, da sie lange von Überfischung betroffen war und die Bestände sich nur nach und nach erholen.

Wenn die Wissenschaftler erst einmal Daten über die Zackenbarsche gesammelt haben, wollen sie im Rahmen des Pionier-Projekts später auch weitere Arten untersuchen, etwa Zahnbrassen (lat. Dentex dentex, span. dentón común) oder Große Bernsteinmakrelen (lat. Seriola dumerili, span. seriola).

Einer der am Meeresgrund angebrachten Signalempfänger ENEKO ASPILLAGA

15 Exemplare fehlen noch

Bisher hat das Team um den 40-jährigen Biologen 15 Braune Zackenbarsche in dem Meeresschutzgebiet nahe Santa Ponça eingefangen und mit den ungefährlichen elektronischen Sendern ausgestattet. Im Frühjahr 2022 sollen weitere 15 Exemplare hinzukommen. Wie das Einfangen und Anbringen der Geräte vonstattengeht, kann man gut in einem Video sehen.

„Die Apparate senden alle paar Minuten Signale an Empfangsgeräte aus, die wir bereits im Vorfeld am Meeresgrund installiert haben“, so Alós. So wissen die Wissenschaftler stets, wo und in wie viel Metern Tiefe sich die Exemplare aufhalten, welche Temperatur das Wasser dort hat, und auch, ob ein Fisch womöglich gestorben ist. „Die Infos sind in Echtzeit vielleicht nicht so relevant, wenn wir sie aber im Verlauf von zehn Jahren betrachten schon“, erklärt Alós. Dann können die Forscher etwa abschätzen, ob die Fische wegen der Erwärmung des Meeres in tiefere Gebiete abwandern oder einige Exemplare infolge einer Hitzewelle gestorben sein könnten.

Während die Bewegungen von Vögeln schon seit Jahren auch langfristig erfasst werden, ist eine über so lange Zeit ausgelegte Überwachung von Fischen außergewöhnlich. Einerseits war die Technik bislang noch nicht so weit, andererseits tun sich die Forscher mittlerweile verstärkt zusammen, um Informationen auszutauschen.

Globales Netz

Für das Projekt mit den Braunen Zackenbarschen sollen langfristig Empfangsgeräte in allen elf Meeresschutzgebieten der Balearen angebracht werden. Sie empfangen Signale in einem Radius von mehr als einem Kilometer. Das Netzwerk an Empfangsgeräten ist Teil des Balearic Tracking Network, das wiederum in das European Animal Tracking Network integriert ist. Ziel des Netzwerks ist es, die Überwachungssysteme weltweit auszudehnen, damit die Unterwasserwelt in Zukunft überall automatisch überwacht werden kann.

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Auf den Balearen haben die Forscher zunächst mit dem Meeresschutzgebiet nahe Santa Ponça begonnen. In einer zweiten Phase wollen sie aber auch Daten vor Sa Dragonera und in der Bucht von Palma erheben. So wollen sie etwa herausfinden, ob sich die Fische zwischen den einzelnen Meeresschutzgebieten bewegen. „Bisher geht man davon aus, dass sich der Braune Zackenbarsch eher wenig bewegt“, so Alós. Er sei gespannt, ob er seine markierten Exemplare in fünf Jahren vor Sa Dragonera wiederfinde.

Info: https://imedea.uib-csic.es/communication_details.php?id=1906&tp=n#.YbslrdDMLIW (ganz nach unten scrollen!)