Ein wichtiges Stück Industrieerbe auf Mallorca wechselt in die öffentliche Hand: Der Inselrat macht von seinem Vorkaufsrecht Gebrauch und erwirbt das alte Heizkraftwerk von Alcúdia für 300.000 Euro. Das hat die Institution in einer Sitzung am Mittwoch (29.6.) beschlossen. Eigentlich hatte der Energiekonzern Endesa, der früher das Kraftwerk betrieb, das Gelände an den Fonds Gingko Advisor verkauft. Doch da ein Verfahren zum Denkmalschutz läuft, hatte der Consell noch ein Wörtchen mitzureden. Der Kauf sei eine "historische Chance", so Inselratspräsidentin Catalina Cladera am Mittwoch. Das Werk sei zentraler Bestandteil des Industrieerbes von Mallorca.

Die Anlage soll restauriert und Sitz des Projekts Alcúdia Tech Mar werden. Dabei handelt es sich um ein geplantes Zentrum zur Dekarbonisierung der Meereswirtschaft und zum Schutz des Lebensraums Meer. Die balearische Landesregierung hatte das Vorhaben zum Projekt von strategischem Interesse erklärt, derzeit werden Hilfen aus Subventionsprogrammen der EU und der spanischen Regierung beantragt. Unter anderem geht es darum, fossile Energieträger im Schiffsverkehr durch nachhaltige Energien wie grünen Wasserstoff zu ersetzen.

Kosten: geschätzte 19 Millionen Euro

Zunächst aber muss das Gelände entgiftet werden. Die Gesamtkosten für die Umwandlung werden auf 19 Millionen Euro geschätzt.

Das frühere Heizkraftwerk namens Central Térmica de Alcúdia in unmittelbarer Nähe des Frachthafens von Port ­d'Alcúdia ist nicht zu ­verwechseln mit dem heutigen Kohlekraftwerk Es Murterar, das weiterhin, wenn auch nur noch auf Sparflamme, in Betrieb ist. Das alte Kraftwerk war damals eines der modernsten seiner Art in ganz Spanien.

Was wird aus der Siedlung?

Auf der gegenüberliegenden Seite des knapp 30.000 Quadratmeter großen Fabrikgeländes ließ das später von Endesa übernommene Unternehmen Gesa eine Siedlung mit rund 30 Wohnhäusern für hochrangige Werksangestellte und deren Familien errichten. Dazu gehörten auch Kirche, ­Supermarkt, Spielplatz und Schwimmbad. Der Bürgermeister von Alcúdia, Domingo Bonnín, sprach sich am Mittwoch dafür aus, die Siedlung aus dem Denkmalschutzprojekt herauszulassen und so die geplanten Investitionen eines Bauträgers aus Asturien zu ermöglichen, der die Umwandlung der heruntergekommenen Gebäude in Luxuswohnungen plant.

Nachdem das alte Kraftwerk in den 1980er Jahren stillgelegt worden war, sah ein Projekt von 2004 vor, auf dem Gelände einen Industrie- und Kulturpark entstehen zu lassen. Doch es fehlte das Geld, das Projekt verlief im Sande. Seitdem verfällt die Anlage mit den zwei weithin in der Bucht von Alcúdia sichtbaren Türmen. /ff