Wer gern Strandfotos macht, kann jetzt bei einem Besuch am Es Trenc an der Südküste von Mallorca der Wissenschaft einen Dienst erweisen. Meeresforscher des Instituts Socib sammeln im Rahmen der Initiative CostSnap die Momentaufnahmen der Strandbesucher, um die Veränderungen der Küstenlinie zu erforschen. Ein neues Schild am Es Trenc informiert nicht nur, wie es geht, sondern verfügt auch über einen Aufsetzer fürs Handy, damit die Fotos alle dieselbe Perspektive und damit vergleichbare Momentaufnahmen liefern. Das Smartphone einsetzen, ein Standardfoto schießen und mit dem Hashtag @CoastSnapBal in den sozialen Netzwerken teilen – alternativ kann eine E-Mail an coast.snap@socib.es gesendet werden.

Der Naturstrand an der Südküste Mallorcas verändert sich nicht nur im Jahresverlauf, er verliert auch langfristig Sand – Veränderungen, die etwa auch Thomas Müller beobachtet hat. „Das war alles Sand“, sagt der Deutsche, und zeigt Fotos, die im westlichen Bereich des Naturschutzgebiets Es Trenc entstanden sind, zwischen Sa Ràpita und Ses Covetes. „Es fehlen bestimmt zehn bis 15 Meter.“ An anderen Stellen dürften es vier bis fünf Meter weniger sein. Seit rund sieben Jahren ist Müller immer wieder längere Zeit vor Ort, aber so einen Sandverlust wie seit Beginn des vergangenen Jahres habe er noch nicht erlebt. Besonders ein Unwetter im Januar 2021 sowie ein weiteres vor wenigen Wochen hätten dem Naturstrand massiv zugesetzt.

Das sagt der Parkdirektor

Die Sorgen um den Es Trenc teilt auch Joan Carles Salom. Der Direktor des Naturparks bestätigt ohne Umschweife, dass es um den Strand schlecht steht – zu sehen etwa auch an den Bunkern, die einst versteckt in den Dünen errichtet wurden, aber inzwischen mitten auf dem Strand unweit des Wassers stehen. Allerdings macht sich Salom neben Unwettern vor allem wegen einer Reihe weiterer Faktoren Sorgen. Denn der Strand ist ein dynamisches System, das von den Dünen hinter dem Strand bis zum Seegras am Meeresboden reicht. „Wenn der Sand innerhalb dieses Systems bleibt, ist alles in Ordnung.“ Das sei bei Unwettern in der Regel der Fall. „Ein Problem haben wir, wenn der Sand dem System verloren geht.“ Speziell in Sa Ràpita sei daran der dortige Yachthafen schuld. Durch dessen Bau seien die Strömungsverhältnisse verändert.

Ein verschärftes Problem sei hier auch der Umgang mit dem Poseidongras. Während die angeschwemmten Seegräser inzwischen im gesamten Schutzgebiet auf dem Sand verbleiben, um die Regenerierung zu fördern, sei dies auf einer Länge von 50 bis 100 Metern im Bereich des Yachtclubs nicht der Fall, so der Parkdirektor. Dieser Bereich gehöre offiziell nicht mehr zum Naturschutzgebiet. Das Seegras werde abtransportiert – eine Praxis, die an der gesamten Küste bis zur Parkgründung im Jahr 2017 gängig war. Die vermeintlichen Algen störten das Bild vom Naturstrand, der schließlich als Karibikstrand vermarktet wird.

Sanddiebe wider Willen

Aber auch die Badegäste nähmen in der Summe Unmengen an Sand mit: in der Badekleidung, im Handtuch, am Körper. Die letzte offizielle Besucherzahl stammt von August 2007, damals waren es allein an einem Spitzentag 11.000 Personen. Heute sorgt die begrenzte Zahl von 1.500 Parkplätzen für ein Besucher-Limit, nachdem illegale Stellflächen in den Dünen geschlossen wurden. Und da wären noch die Yachten vor dem Strand. Die gute Nachricht: Die überwiegende Mehrheit der Boote ankere inzwischen auf Sand statt auf Seegras, den „natürlichen Sandfabriken“.

Ein ewiger Streitpunkt sind die Strandkioske. Ihre Zahl wurde reduziert, sie müssen zudem im Winter abgebaut werden. Und: Sie haben keine Toiletten mehr. Viele Menschen suchten nun die Dünen auf, um dort ihre Notdurft zu verrichten, hat Müller beobachtet. Hinzu kämen die mittlerweile entfernten Papierkörbe – Badegäste sollen ihren Müll wieder mitnehmen, wie üblich in einem Naturpark. Doch das sei bei vielen Besuchern noch nicht angekommen, kritisiert Müller, er habe mehrfach Müllsünder auf frischer Tat ertappt.

So viel ist schon verloren

Das jahrzehntelange Trauerspiel am Naturstrand setzt sich also fort. Seit den 50er-Jahren ist der Abschnitt zwischen Ses Covetes und Colònia de Sant Jordi laut einer Studie von 2018 jedes Jahr im Schnitt um zehn Zentimeter geschrumpft. Insgesamt gingen so fast durchschnittlich sechs Meter verloren – ein Erosionsprozess, der in seiner Tendenz die gesamte 3,8 Kilometer lange Küstenlinie betrifft. Laut der Studie wurde der größte Schaden bereits in den 1980er-Jahren angerichtet, als es keinerlei Schutzmaßnahmen gab.

Vor diesem Hintergrund habe man wenig Handlungsspielraum, erklärt Salom – viel zu viel Sand sei aus dem System verschwunden. Die Gegenmaßnahmen fallen individuell aus: An manchen Stellen werden Pionierpflanzen in den Dünen eingesetzt, an anderer Stelle Windbarrieren aufgestellt. Die Absperrungen setze man dann vor der Saison neu, um speziell neu entstandene Dünen zu schützen. Wenig Handhabe hat man allerdings gegen noch einen ganz anderen Faktor: den Klimawandel, der den Meeresspiegel ansteigen lässt.