Grüner Wasserstoff auf Mallorca: Woran es derzeit hakt

Das Vorzeigeprojekt mit Anlaufschwierigkeiten ist in die parteipolitischen Mühlen geraten

Mehr als 13.000 Anträge auf Förderung von Fotovoltaik stecken derzeit fest.  | FOTO: SARA LEDO

Mehr als 13.000 Anträge auf Förderung von Fotovoltaik stecken derzeit fest. | FOTO: SARA LEDO

Frank Feldmeier

Frank Feldmeier

Es war eines der Vorzeigeprojekte der vergangenen Legislaturperiode, jetzt droht es, im Zuge von technischen Problemen, Machtwechsel und Parteienstreit zur peinlichen Angelegenheit zu werden: Die vor anderthalb Jahren mit großem Bahnhof eingeweihte Wasserstofffabrik in Lloseta hat noch immer nicht ihren ordentlichen Betrieb aufgenommen.

Schuld ist ein Konstruktionsfehler in der Elektrolyseeinheit, der bis heute nicht gelöst wurde. Dieses zentrale Bauteil zerlegt Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff. Während bei der jetzt regierenden Volkspartei von einem „Öko-Bluff“ und einer bewussten Vertuschung der Probleme durch die Vorgängerregierung die Rede ist, verweisen die früheren Verantwortlichen auf die Schuld der beteiligten Firmen. Hinter dem von der Landesregierung geförderten Projekt „Power to Green Hydrogen Mallorca“ stehen die Unternehmen Enagás Renovable und Acciona Energia.

Weitreichende Probleme

Die Probleme betreffen nicht nur Lloseta, sondern weltweit ein Dutzend weitere Anlagen, die Bauteile der betroffenen Produktionsserie des Herstellers Accelera bezogen haben. Dieser teilte nach Informationen der Zeitung „Última Hora“ bereits im April den am Projekt beteiligten Firmen auf Mallorca mit, dass man sechs bis neun Monate benötige, um den Fehler in der Einheit zu beheben.

Mit dem Wasserstoff sollten auf der Insel zunächst fünf dafür ausgelegte Stadtbusse in Palma betrieben werden. Dass diese nicht mit der grünen Energie aus Lloseta unterwegs sind, war zwar in der Anfangsphase bekannt, wurde aber weder an die große Glocke gehängt, noch informierte die im Frühjahr abgewählte Linksregierung darüber, dass das für wenige Wochen gedachte Provisorium aus der Anfangsphase beibehalten wurde – die Belieferung mit Wasserstoff vom spanischen Festland.

Vorstellung der Busse.

Vorstellung der Busse. / Ajuntament

Wer hat wann was gewusst?

Der neuen Stadtverwaltung seien die Probleme und die provisorische Lösung bei der Amtsübergabe mitgeteilt worden, so der Verkehrsdezernent der früheren Linksregierung im Rathaus, Xisco Dalmau, gegenüber der MZ-Schwesterzeitung „Diario de Mallorca“. Dies bestreitet allerdings der neue PP-Bürgermeister Jaime Martínez. Er habe von nichts gewusst.

Genauso widersprüchlich sind die Angaben über den Betrieb der Wasserstoffbusse mit den wöchentlich gelieferten Patronen. Während Dalmau angibt, dass zumindest ein Teil der Flotte in Betrieb gewesen sei, spricht die PP praktisch von einem Totalausfall: Da die Patronen nicht den nötigen Druck aufwiesen, habe sich die Betriebszeit auf eine Stunde verkürzt. Angesichts von Anschaffungskosten und Gesamtnutzungsdauer betrügen die monatlichen Verluste rund 30.000 Euro. Dass auch der frühere Generaldirektor im Landesenergieministerium, Pep Malagrava, über das Ausmaß der Probleme nicht Bescheid gewusst haben will, macht die Sache noch undurchsichtiger. Er und Dalmau werfen den beteiligten Firmen vor, Fristen nicht eingehalten und technische Probleme nicht gelöst zu haben.

Großes Pläne

Der jetzige Parteienstreit droht, das Potenzial der neuen Energieform zu überschatten, mit der die Balearen, aber auch ganz Spanien vorne dabei sein wollen bei der Energiewende. Dieses Potenzial bestätigt auch der Dekan der Ingenieurskammer auf den Balearen. Bei innovativen Projekten dieser Art sei es normal, dass am Anfang nicht alles nach Plan laufe. Angesichts der Komplexität wäre es aber ratsam gewesen, einen weiteren, beratenden Ingenieur hinzuzuziehen.

Die Anlage in der früheren Zementfabrik von Cemex soll bis zu 300 Tonnen Wasserstoff im Jahr produzieren, und zwar für den Antrieb von Brennstoffzellen- Bussen und Mietwagen, für die Beheizung von Gebäuden sowie auch für den Betrieb von Fähren und Häfen. Die dafür nötige Pipeline, die jetzt genehmigt wurde, soll die Firma Redexis unter Verwendung der Erdgas-Infrastruktur betreiben. Der Strom für den Betrieb der Anlage kommt aus zwei Solarparks – wegen dieser erneuerbaren Energiequelle ist deswegen auch von grünem Wasserstoff die Rede.

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