Vergangene Woche berichtete die Mallorca Zeitung über drei deutsche Urlauber, die Schwierigkeiten hatten, mit der Gesundheitsbehörde Kontakt aufzunehmen, nachdem einer von ihnen positiv getestet worden war. Wir sprachen dafür mit einem der wieder abgereisten Urlauber. Dies ist die, mittlerweile auch in Deutschland veröffentlichte Geschichte desjenigen, der hier blieb. 

Zehn Tage hat Adrian mit seinem Kumpels Vollgas gegeben. Am Ballermann bedeutet das bis in den Morgen Party. Zehn Tage lang. Am Tag der Abreise folgte dann am vergangenen Freitag (9.7.) die Quittung. In einem Testcenter in Arenal wird Adrian positiv getestet. Was dann passiert, zeigt wie sehr die balearische Gesundheitsbehörde gerade mit dem Anstieg der Infektionen zu kämpfen hat. 

Es waren unzählige Küsse, Verbrüderungen, Umarmungen. Flaschen und Zigaretten wurden herumgereicht. Gemeinsam sangen sie am Strand. „Scheiß drauf, Malle ist nur einmal im Jahr“, um anschließend von der Polizei von der Promenade vertrieben zu werden. Eigentlich waren sie jeden Abend betrunken und fühlten sich dementsprechend geschwächt, als sie aus dem Hotel Playa Sol auscheckten. „Meinen Freunden Nico und Vasili ging es viel schlechter als mir. Einer dachte sogar, er hätte Fieber“, erinnert sich Adrian später. „Aber wir haben das darauf zurückgeführt, dass der Alkohol unser Immunsystem geschwächt hat und weniger das Virus“.

Gemeinsam machen sie den obligatorischen Test. Kaum hat Adrian die Prozedur hinter sich gebracht, schlägt das Testzentrum Alarm. Positiv! Er wird ein zweites Mal getestet. Dasselbe Ergebnis. 

Theorie und Praxis

Normalerweise wird jetzt ein bestimmtes Prozedere in Gang gesetzt. Das Testcenter informiert die Gesundheitsbehörde. Das ordnet einen PCR-Test an und schickt gegebenenfalls einen Arzt, um ihn durchzuführen. Bis dahin und darüber hinaus ist der Patient zu isolieren. Wenn er das selbst nicht kann, wird er mit der Ambulanz in das Corona-Hotel in Palma gebracht. 

Soweit die Theorie. In der Praxis sind zumindest in diesem Fall die Telefonleitungen der Gesundheitsbehörde völlig überlastet. Erst versucht das Testcenter die Kontaktaufnahme, schickt auch eine E-Mail. Dann bekommt Adrian eine Telefonnummer, unter der er es selbst versuchen soll. 

Gemeinsam mit seinen geschwächten, aber negativ getesteten Freunden macht er sich auf den Rückweg zum Hotel. Besonders gute Erfahrungen hat er an dem Ort nicht gemacht. „Kein Gast trug im Hotel Maske, aber irgendwie wurde das auch nicht verlangt.“

Seine Freunde dürfen den bunkerhaften Komplex nur kurz betreten, um das Gepäck aus dem Stauraum zu holen. Adrian versucht derweil vergeblich, die Gesundheitsbehörde zu erreichen. Seine negativ getesteten Freunde brechen auf zum Flughafen. Nachdem alle Versuche der Kontaktaufnahme misslingen und sich der Akku dem Ende neigt, geht Adrian, der im Übrigen auch kein Bargeld mehr hat, zum Testzentrum zurück. 

Doch auch dort hat er kein Glück. Kein Durchkommen im Amt. Schließlich erbarmt sich der Leiter des Testcenters und drückt einem Taxifahrer 20 Euro in die Hand, damit er Adrian ins Corona-Hotel fährt. „Es war das erste vollisolierte Taxi, das ich gesehen habe“, wundert sich Adrian später, „von oben bis unten mit Plexiglasscheibe zwischen Fahrer und mir“. 

Im Corona-Hotel

„Lasst alle Hoffnung fahren“ könnte über dem Eingang des Hotel Palma Bellver an der prachtvollen Hafenpromenade stehen. Wer hier zu diesen Zeiten einkehrt, wird sein Hotelzimmer für zehn Tage nicht mehr verlassen. Seit Anfang Juni ist das Hotel eine Herberge für Corona-Infizierte, die nirgendwo anders die vorgeschriebene Quarantäne einhalten können. 

Doch während niemand raus darf, darf Adrian erst einmal nicht hinein. Er gibt dem Sicherheitsmann seinen Personalausweis und den ausgedruckten Positivtest. Der Security verschwindet, nach 30 Minuten darf der Maurer aus Mainz endlich in das Quarantäne-Hotel. 

Eine Stunde wartet er ohne Informationen in der Lobby. Als er auf Toilette muss, wird ihm das verboten. Immerhin darf er sein Handy an einer Steckdose aufladen. Nach einer weiteren Stunde ist Adrian am Ende. Er ruft noch einmal im Testcenter an. Der Leiter des Centers spricht mit der Rezeption. Als die hart bleibt, droht er mit einem Anwalt. 

Kurz danach darf Adrian ins Bad. In seinem eigenen Zimmer. Fünf Stunden nach dem positiven Befund reagiert er mit Erleichterung auf die Situation. „Ich konnte endlich pinkeln!“. 

Was ihm die Rezeption mit auf den Weg gab: erst einmal müsse ein PCR Test gemacht werden, aber egal was passiert, er habe mindestens zehn Tage zu bleiben.

Leben in der Quarantäne

Bis dahin steht Quarantäne-Leben an. Drei Mahlzeiten täglich, jeweils mit lauwarmem Kaffee, Tee und Wasser. „Das sind anderthalb Liter Wasser am Tag und weniger als 1.500 Kalorien am Tag“ diktiert der ehemalige Kraftsportler fachkundig durchs Telefon am dritten Tag seiner Isolation. „Bei der Hitze ist das viel zu wenig Flüssigkeit“.  

Alle Extras müssen mit Bargeld gekauft werden. Adrian hat nur noch ein paar Münzen. Davon bestellt er sich eine Tube Zahnpasta, die nach anderthalb Tagen geliefert wird. „War nicht ganz so schön, so lange ohne, aber ich war ja Gott sei dank ganz alleine“ scherzt er am Telefon. Mit dem Leiter des Testcenters habe er sich mittlerweile fast angefreundet, der bringt ihm morgen ein paar Sachen vorbei. „Besonders Zigaretten und ein paar Softdrinks“. Das Finanzielle regle man schon. 

Dann klopft es an der Tür. Adrian legt das Telefon beiseite. Eine weibliche Stimme ist zu hören. Nach einer Minute ist er zurück „Das war jetzt grade ernsthaft mein PCR Test. Mein erster nach 48 Stunden. In zwei, drei Tagen weiß ich mehr“. 

Gerade eben habe er übrigens mit seinen Kumpels telefoniert, die nach den negativen Tests nach Deutschland zurückgekehrt sind. Einer habe sich nach der Ankunft sofort testen lassen. Das Fieber sei nicht eingebildet gewesen. Der zweite Test sei positiv gewesen. 

Nachspiel: Die balearische Gesundheitsbehörde hat in den vergangenen Tagen die Kontaktverfolgung drastisch ausgebaut. Was sich seither getan hat und wie viele Mitarbeiter derzeit damit beschäftigt sind, lesen Sie hier.