Seit Dienstag (12.7.) streiken die Kabinencrews von Ryanair wieder in Spanien. Doch die Auswirkungen dieses Ausstands waren in den vergangenen Tagen eher marginal. Am Mittwoch fielen spanienweit zehn Flüge aus, ein Hin- und Rückflug davon in Palma. Auch für Donnerstag (14.7.) werden auf Mallorca kaum Ausfälle erwartet. Lediglich der Flug von Palma nach Barcelona um 9.30 Uhr wurde gestrichen (Stand 10 Uhr). Vereinzelt kommt es zu Verspätungen.

Diese Zahlen verwundern, denn eigentlich hatte das spanische Transportministerium einen Mindestbetrieb von 73 Prozent für Inlandsflüge und 56 Prozent für internationale Flüge festgelegt. Bei Flugquoten von weit über 90 Prozent bleibt die Frage, was eigentlich aus diesem Streik geworden ist.

Unterhöhlung des Mindestbetriebs

Eine Sprecherin der Gewerkschaft USO erhebt nun schwere Vorwürfe gegen Ryanair und erklärt die Taktiken, mit denen die irische Fluglinie ihrer Ansicht nach den Streik unterwandert. Zum einen liege das an der Interpretation des Mindestbetriebs. "Beim Mindestbetrieb wird immer aufgerundet. Wenn also 56 Prozent vorgeschrieben sind, aber ein Ziel nur zweimal am Tag angeflogen wird, wird der erste Flug mit den 50 Prozent Mindestbetrieb begründet, der zweite Flug mit den übrigen sechs Prozent, denn diese müssen ja auch erfüllt werden."

Eine andere Methode sei die verspätete Information an die Mitarbeiter, welche Flüge als Mindestbetrieb angesehen werden. "Normalerweise muss man vor Mitternacht offiziell informiert werden, wenn man während eines Streiks auf einem Flug eingesetzt wird. Häufig verpasst Ryanair aber diese Deadline und informiert die Mitarbeiter erst am Vormittag." Dadurch würden Flüge abgedeckt, die eigentlich wegen des Streiks abgesagt werden müssten. "Der einzige Grund, warum überhaupt Flüge ausfallen, ist dass Ryanair es nicht immer schafft, den Betrug zu organisieren", so die Sprecherin.

"Wer sich weigert, wird gefeuert"

Die Mitarbeiter würden auf diese Weise dazu angehalten, zu Streikbrechern zu werden. "Wer sich weigert, wird auch schnell gefeuert", so die Sprecherin. Aktuell hätte man schon fünf Fälle von Mitarbeitern, denen das passiert sei. "Vor Gericht hat das natürlich keinen Bestand. Ryanair hat das bei den Streiks 2018 und 2019 ebenfalls gemacht. Später wurden die Kündigungen vor Gericht kassiert."

Die irische Airline setze aber noch einen drauf. "Um die Flüge abzudecken, werden Mitarbeiter aus anderen Ländern geholt. Sie kommen als normale Fluggäste, damit die Zeit nicht als Arbeitszeit gerechnet wird. Am Ankunftsflughafen werden sie auf Strecken eingeteilt, für die Ryanair wegen des Streiks noch nicht genug Mitarbeiter hat." Häufig kämen die Mitarbeiter aus Portugal und anderen europäischen Ländern. "Aber nicht selten auch aus Marokko und Großbritannien. Das sind keine EU-Bürger und haben in Spanien keine Arbeitserlaubnis, es ist also höchst illegal."

Konkurrenz zwischen den Gewerkschaften

Bei dem Streik geht es um die Einführung eines Tarifvertrags, der neben einer Verbesserung des Gehalts auch die Einhaltung von Ruhezeiten und weitere im spanischen Arbeitsrecht verankerte Bedingungen zur Folge haben soll. In einem Interview mit der MZ-Schwesterzeitung "El Periodico de España" erklärte eine Sprecherin der Airline kürzlich, man habe ein Abkommen mit der Gewerkschaft CCOO erreicht, das zu wesentlichen Verbesserungen für die Mitarbeiter geführt hat.

Der Knackpunkt: Die Regelung gilt nur für Mitarbeiter, die bei CCOO Mitglied sind. Mit USO und Sitcpla, den nun streikenden Gewerkschaften, wollte sich Ryanair nicht weiter an den Verhandlungstisch setzen. USO kritisiert, dass viele der eigenen Forderungen von dem CCOO-Abkommen abgedeckt sind, man habe selbst jahrelang darauf hingearbeitet. USO wirft CCOO vor, sich eine Medaille für fremde Verdienste anhängen zu wollen. Ein Sprecher von CCOO bestätigte gegenüber der Zeitung "El Diario", dass man nicht mit den anderen Gewerkschaften abgesprochen habe. "Ich habe genug mit meinem eigenen Laden zu tun", so die Begründung.