Nach praktisch täglichen Schlagzeilen in den mallorquinischen Medien über die volle Insel hat die Overtourism-Debatte eine neue Stufe erreicht: Die Parteien des regierenden Linksbündnisses auf den Balearen – Sozialisten, Més per Mallorca und Podemos – wollen auf einem Gipfel über Maßnahmen gegen die Überfüllung der Insel sprechen. Wann und wo dieses Treffen stattfindet, blieb allerdings unklar.

Die Idee dazu kam wenig überraschend von der Regionalpartei Més, die im Linkspakt die kritischsten Töne gegen den Tourismus anschlägt. Die ständigen Bilder von überfüllten Urlauber-Hotspots im Sommerloch setzen die Öko-Partei zusätzlich unter Druck, der sich etwa im Streit um Werbekampagnen zeigt. Die Vorschläge zielen nun vor allem darauf ab, ins Management der Tourismusströme einzugreifen. Die Frage dabei wird freilich sein, inwieweit sich die Juniorpartner im Regierungsbündnis durchsetzen können.

Zankapfel Flughafen

Més und Podemos wollen etwa darauf pochen, dass die Hoheit über den Flughafen Son Sant Joan zwischen Zentralregierung und Landesregierung aufgeteilt wird. Nur so könnte die Balearen-Regierung bei einer eventuellen Beschränkung der Zahl der Flüge ein Wörtchen mitreden. Més-Parteichef Lluís Apesteguía erinnerte daran, dass das Autonomie-Statut der Balearen dieses Co-Management zum Ziel hat.

Alejandro López, der Generalsekretär von Podemos auf den Inseln, sagte, dass seine Partei ebenfalls ein solches Management-Modell befürworte und darin auch den Inselrat zu Wort kommen lassen möchte. Das Problem: In dieser Frage geht ohne die Zentralregierung in Madrid nichts, und diese zeigte bislang keine Anstalten, Kompetenzen abzutreten.

In anderen Bereichen könnten die Insel-Politiker selbst Beschränkungen einführen. So etwa bei dem Vorstoß von Més, mit Geldern aus der Touristensteuer Gästebetten aus der Bettenbörse aufzukaufen und diese stillzulegen. Des Weiteren wollen Més und Podemos die Ankunft von Touristen besser kontrollieren, die kein offizielles Gästebett in Anspruch nehmen. Dazu gehören die vielen Reisenden, die in illegalen Ferienunterkünften nächtigen.

Und die Mietwagen?

Zusätzlich soll auch wieder über eine Beschränkung der Zahl der Mietwagen und der Privat-Pkw in der Hochsaison debattiert werden. Bei Mallorcas Inselrat wird bereits nach einer Formel dafür gesucht, auf Ibiza hat der dortige Inselrat inzwischen eine Gesetzesvorlage formuliert. Auf Formentara ist die Begrenzung in der Hochsaison bereits Realität.

Die Overtourism-Debatte führen auf Mallorca indes nicht mehr nur die Regierungsparteien. Inzwischen hat selbst die Parteichefin der konservativen Volkspartei PP, Marga Prohens, sonst eher eine Verteidigerin der Tourismusbranche, vorsichtigere Töne angeschlagen. In Anlehnung an die angestrebte Begrenzung des Autoverkehrs auf Ibiza erklärte Prohens in einem Interview beim Regionalsender IB3, dass nun der Moment sei, zu überprüfen, inwieweit dieses Limit auch auf Mallorca ausgeweitet werden könnte.

Das sagen die Sozialisten

Der balearische Tourismusminister Iago Negueruela unterdessen verwies bislang vor allem auf den Erfolg am Arbeitsmarkt durch den diesjährigen Tourismusboom. Noch vor wenigen Wochen bestritt der Sozialist, dass es derzeit zu viele Urlauber auf der Insel gebe. Am Montag (29.8.) sprach er erstmals von „einem Gefühl der Überfüllung“ im Juli und August, verwies aber auf Regelungen im balearischen Tourismusgesetz: Die Zahl der Gästebetten, die Unterkünfte zurückgeben oder verkaufen, verringert sich künftig automatisch auf die Hälfte. Doch Ergebnisse dieser Regeln werden freilich noch auf sich warten lassen.

Andere Sozialisten distanzierten sich unterdessen von der Kritik am Massentourismus. Parteisprecher Alfonso Rodríguez, auch Bürgermeister der vom touristischen Gemeinde Calvià, sagte nur: „Weniger Urlauber? Nein.“ Und Joan Pere Pons, Balearen-Abgeordneter im spanischen Parlament, sprach von der Notwendigkeit, „den Erfolg zu managen“.

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Die Debatte dürfte erstmal anhalten – September und Oktober sind gut gebucht – und spätestens im Sommer 2023 zurück sein. Bis dahin sollte die Politik Strategien gegen den Overtourism entwickelt haben, fordern auch die früheren balearischen Tourismusminister Biel Barceló und Celestí Alomar.