Panikmache in der britischen Presse: So wahrscheinlich ist eine Flughafen-Blockade auf Mallorca

Bei einer Versammlung von tourismuskritischen Aktivisten in Sineu kam eine mögliche Protestaktion in Son Sant Joan zur Sprache

Protest gegen Massentourismus in Palma im Herbst 2022.

Protest gegen Massentourismus in Palma im Herbst 2022. / B. Ramon

Johannes Krayer

Johannes Krayer

Die Proteste gegen die Auswirkungen des Massentourismus auf Mallorca haben noch nicht begonnen, aber die britische Presse schürt schon einmal Angst vor einer möglichen Blockade des Flughafens Son Sant Joan. Die Zeitung "Independent" warnte am Montag (20.5.) vor einem "Stillstand" im Sommer, der "Tausende Urlauber betreffen" könnte. Und der "Daily Star" titelte am Sonntag (19.5.) mit der Schlagzeile: "Briten steht Ferienchaos bevor, weil spanische Einheimische mit sommerlichem Flughafenprotest wegen der Alkoholexzesse drohen". Ganz davon abgesehen, dass sich der Unmut gar nicht primär gegen die Sauftouristen wendet - wie wahrscheinlich ist ein solcher Protest am Airport?

Die Ausgangssituation: Die Unzufriedenheit über die Auswirkungen des Massentourismus auf Mallorca und den anderen Inseln steigt auch schon vor Beginn der absoluten Hochsaison. Verkehrskollaps auf beliebten Straßen, für viele unbezahlbare Wohnungspreise oder prekäre Jobs in der Tourismusbranche führen verbreitet zu Unzufriedenheit. Selbst die üblicherweise tourismusfreundliche Volkspartei, allen voran die balearische Ministerpräsidentin Marga Prohens, spricht sich inzwischen für "Limits" aus.

Die Bürgerversammlung in Sineu, bei der Vorschläge für Proteste gegen Massentourismus diskutiert wurden, war gut besucht.

Die Bürgerversammlung in Sineu, bei der Vorschläge für Proteste gegen Massentourismus diskutiert wurden, war gut besucht. / DM

Massives Verkehrschaos vor dem Terminal?

Am Freitag (17.5.) hatten sich rund 300 Menschen in einer Schule in Sineu versammelt, um Ideen für Protestaktionen gegen den Massentourismus im Sommer zu sammeln. Und sicherlich: Ein paar der Vorschläge, die bei dem Treffen vorgebracht wurden, bezogen sich auf mögliche Kundgebungen am Flughafen. Dabei war auch die Rede davon, den Flughafen lahmzulegen. Manche schlugen vor, ein massives Verkehrschaos vor dem Terminal dadurch anzurichten, dass die Demo-Teilnehmer alle mit dem Auto kommen.

Man war sich allerdings schnell darüber im Klaren, dass ein solcher Protest möglicherweise Strafen nach sich ziehen könnte, weil es sich beim Flughafen um einen "problematischen Ort" handle. Es könnten Spenden gesammelt werden, um eventuelle Strafen bezahlen zu können. Außerdem werde man eine Gruppe von Juristen bilden, die sich mit den denkbaren Sanktionen auseinandersetzen solle.

Derzeit keine konkreten Planungen für Protest am Flughafen

Doch derzeit sei man von einer Demonstration am Flughafen noch weit entfernt, erklärt die Sprecherin der Umweltschutzorganisation GOB, Marga Ramis, der MZ. Der GOB ist Teil der Bürgerbewegung "Menys turisme, més vida" (Weniger Tourismus, mehr Leben), die die Proteste koordiniert. "Wir haben momentan absolut keine Pläne in diese Richtung. Das war eine offene Versammlung, bei der jemand derartige Ideen geäußert hat." Ein solches Vorhaben befinde sich derzeit bei niemandem auf der Agenda. Es sei offensichtlich, dass es manchen Medien nur um die "spektakulärste Schlagzeile" gehe.

Auch Pere Joan Femenía, Sprecher von "Fridays for Future" auf Mallorca und einer der Initiatoren der Versammlung in Sineu, sagt der MZ, dass derzeit keine Aktion am Flughafen geplant ist. "Bei dem Treffen wurde viel geredet, aber es wurde keine derartige Aktion beschlossen", berichtet er der MZ.

Bei einem Protest gegen Massentourismus im Jahr 2022 in Palma.

Bei einem Protest gegen Massentourismus im Jahr 2022 in Palma. / B. Ramon

Spanien hat bereits Erfahrung mit Protesten an Flughäfen

Beim Flughafenbetreiber Aena gibt man sich unaufgeregt. Die Sprecherin verspricht, sich zu erkundigen, ob Aena bereits Mittel gegen eine mögliche Protestaktion prüft. Die Antwort steht derzeit noch aus. Es wäre indes nicht das erste Mal, dass es in Spanien zu Kundgebungen an einem Flughafen kommt.

2019 besetzten Unabhängigkeitsbefürworter in Katalonien den Airport von Barcelona. Nachdem die Nachricht durchgedrungen war, dass die Anführer der Unabhängigkeitsbewegung in Katalonien in Haft gekommen waren, rief der "Tsunami Democràtic" zu einer Mobilisierung auf. Es kam zu heftigen Ausschreitungen, 100 Flüge hatten Verspätungen zu verzeichnen oder fielen ganz aus. Die Vorfälle werden derzeit noch juristisch ausgearbeitet, der Vorwurf des Terrorismus steht im Raum.

Regionalpartei Més will Zahl der Passagiere verringern

Unterdessen gehen auch die politischen Debatten über eine Begrenzung des Massentourismus weiter. Am Montag (20.5.) machte die linke Regionalpartei Més per Mallorca im Balearen-Parlament eine Eingabe, um die Zahl der Flüge und der Passagiere vor allem im Sommerhalbjahr zwischen April und September auf dem Flughafen von Son Sant Joan zu reduzieren.

Genauso sollen die Stunden reduziert werden, an denen der Flughafen geöffnet sein soll und darüber hinaus sollen Privatflüge verboten werden. Auch einen "sofortigen" Stopp aller Arbeiten und Projekte für eine Erweiterung des Flughafens fordert Més per Mallorca. Auch sollen alle Prozesse der Privatisierung des Flughafens gestoppt werden und stattdessen die Autonome Region mehr Mitspracherecht bei der Verwaltung bekommen.

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