Das Geld lockt: Arbeitskräftemangel auf Mallorca erhöht Quote der Schulabbrecher

Ein brummender Arbeitsmarkt ist gut für die Wirtschaft, aber schlecht für die Arbeitsmoral der jungen Menschen, die eine Ausbildung absolvieren. Davor warnen zwei Professorinnen

Bei einer Berufsmesse in der Palma Arena.

Bei einer Berufsmesse in der Palma Arena. / María Hernández

MZ

Arbeitskräfte fehlen in diesem Frühjahr auf Mallorca an allen Ecken und Enden, viele Unternehmen und Betriebe können kaum ihre freien Stellen besetzen. Schuld sind unter anderem die hohen Wohnungspreise, die es für Saisonarbeiter vom Festland unattraktiv machen, im Sommer auf die Insel zu kommen.

Diese im Prinzip privilegierte Lage auf dem Arbeitsmarkt dürfte in diesem und wohl auch in den kommenden Jahren zu einem Anstieg der Ausbildungsabbrecher führen, warnen Francesca Salvà und Carme Pinya, zwei Professorinnen der Balearen-Universität UIB. Sie haben eine Art Leitfaden für Lehrkräfte und Bildungseinrichtungen herausgebracht, in denen sie Hinweise und Tipps geben, wie einem Abbruch der Ausbildung oder der Schullaufbahn entgegengewirkt werden kann.

Betriebe versuchen, Stellen mit ungelernten Arbeitskräften zu besetzen

Salvà und Pinya warnen davor, dass viele Betriebe auf den Inseln versuchen werden, ihre nicht besetzten Stellen mit ungelernten Arbeitskräften aufzufüllen, die gerade erst dabei sind, eine Berufsausbildung zu absolvieren. Auf der anderen Seite könnten junge Menschen teilweise der Verlockung des ersten eigenen Gehalts nicht widerstehen. Gerade in Zeiten hoher Preissteigerungen haben viele Familien Probleme, über die Runden zu kommen, weshalb ein zusätzlicher Verdienst im Haushalt große Bedeutung bekommt.

Die Professorinnen sehen einen klaren Zusammenhang zwischen der Quote der Schulabbrecher und der Beschäftigungslage. „Wenn die Arbeitslosigkeit steigt, sinkt die Zahl derjenigen, die ihre Ausbildung abbrechen, und wenn es auf dem Arbeitsmarkt gut aussieht, steigt sie“, sagt Francesca Salvà.

Aber auch andere Faktoren hätten einen Einfluss auf die Zahl der Abbrecher. So komme es darauf an, wie die Bildungseinrichtung organisiert ist, wie gut sich die Jugendlichen im Klassenzimmer aufgehoben fühlen. In ihrer Arbeit „Prevenir el abandono de los estudios en la FP: Orientación y propuestas“ (Dem Abbruch der Berufsausbildung vorbeugen: Orientierung und Vorschläge) machen die beiden Professorinnen deutlich, dass ein großer Teil derjenigen, die eine Ausbildung beginnen, bereits mit dem Gedanken spielen, diese wieder abzubrechen.

Abbruch nach kurzer Zeit

Nach den Statistiken, die Salvà und Pinya anführen, denken schon nach zwei oder drei Monaten der Ausbildung 20 Prozent der Studierenden darüber nach, wieder abzubrechen. Nach einem Jahr Ausbildung hat sich bereits jeder Dritte verabschiedet, nach drei Jahren dann rund 50 Prozent. „Und es ist schwierig, die Jugendlichen, die ihre Ausbildung mit 15, 16 oder 17 Jahren abbrechen, wieder ins System einzugliedern. Je mehr Zeit seit dem Abbruch vergeht, desto schwieriger wird es“, sagt Salvà. Die UIB-Professorin erklärt, dass der Abbruch sich üblicherweise schon deutlich früher abzeichnet. Junge Leute, die ein Ausbildungsjahr wiederholen, haben eine doppelt so hohe Gefahr, ihre Ausbildung schließlich abzubrechen. Genauso wie diejenigen, die eine Ausbildung beginnen, für die sie sich eigentlich nicht interessieren.

Dass der Fachkräftemangel in Verbindung mit einer angespannten Wohnsituation bereits in der Nebensaison ein Problem ist, zeigt sich etwa in Sóller. Die Stellenbörsen sind voller Jobangebote, auf die sich kaum jemand bewirbt, einige Restaurants und Bars müssen die Zahl der Tische reduzieren, um fehlende Servicekräfte auszugleichen. Hoteliers steuerten gegen den Personalmangel an und stellten Mitarbeiter bereits Anfang des Jahres ein, obwohl die Hotels noch geschlossen waren.

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