Wer Anfang Mai auf Mallorcas Straßen unterwegs ist, stellt sich vielleicht die Frage: Was ist das für eine Baumart mit den Blüten, die kerzenförmig in den Himmel ragen und sich wie Trauben aus vielen blauvioletten großen Glocken zusammensetzen? Die Antwort : Es ist der aus China und Japan stammende Blauglockenbaum (Paulownia tomentosa), der auch Kiri oder Kaiserbaum genannt wird.

Die ideale Pflanze für den Mittelmeergarten

Eine lange Tradition hat die Pflanze auf der Insel nicht. Über die erste Paulownia-Plantage berichtete die MZ 2012. Die drei Jahre zuvor gepflanzten Bäume bei Manacor hatten damals bereits eine Höhe von zehn Metern erreicht und ein dichtes Kronendach gebildet. Viel früher berichtete jedoch Heidi Gildemeister in ihrem 1997 erschienenen Buch „Mediterranes Gärtnern“ über die Pflanze, die sie als anspruchlosen Schattenspender empfiehlt.

Mittlerweile wächst die Paulownia auf der ganzen Insel. „Sie ist eine ideale Pflanze für den Mittelmeergarten“, meint José Miguel Cervera von der Baumschule „Árboles de Mallorca“ (Tel.: 610-78 33 66) in Biniali. Er bezieht seine Setzlinge aus Valencia und pflanzt sie in die Erde seines vivers. Dort werden die Pflanzen nicht nur groß, sondern gewöhnen sich auch langsam an das Klima. Einmal im Jahr gräbt er die Jungbäume aus und pflanzt sie in Töpfe, in denen sie auf Käufer warten.

Ein Rasenprofi, der sich selbst ums Wasser kümmert

Die Paulownia zählt zu den Gewächsen, die im Herbst die Blätter abwerfen. Sie mag sonnige Plätze und verträgt die Inselerde bestens. Dass die Pflanze zu den bienenfreundlichen gehört, bestätigt sich beim Fotografieren der Blüte. Die Trauben sind, glücklicherweise sehr weit oben, von eifrigen Bestäubern umschwirrt. Für Cervera gehört der Blauglockenbaum zu den pflegeleichten Gewächsen, denn Schädlinge sind nicht bekannt. Bereits in der Baumschule wird der Erziehungsschnitt durchgeführt. Wenn der Baum dann eine gewisse Größe erreicht hat, muss er nur noch selten gestutzt werden. Zu Beginn ist Unkraut zu jäten, damit es den Baum nicht beim Wachsen stört. Auch später bekommt es ihm besser, wenn die Fläche über den Wurzeln nicht bewachsen ist, hier hilft eine nährstoffreiche Mulchschicht.

Denn die Pflanze braucht, wenn sie als Jungbaum in die Höhe schießt, reichlich Nährstoffe. „Wie kein anderer Baum verträgt er einen Standort auf dem Rasen“, sagt Cervera, dort profitiere der Baum vom Gießwasser ebenso wie von den Nährstoffen, die das Grün auf der Insel regelmäßig benötigt. Ansonsten zähle die Paulownia zu den Tiefwurzlern, die sich selbst um Wasser kümmern. Weil er nicht von hier stammt, gibt es auch Gegner des Blauglockenbaums im mediterranen Garten. Das sei Unsinn, meint hingegen Cervera: In den vergangenen 20 Jahren hätten viele fremde Gewächse die Inselgärten bereichert, die Paulownia wäre nur eine davon.

Ein edles Holz

Die "Paulownia tomentosa" ist jedoch mehr als nur ein pflegeleichter Zierbaum. Das Holz aus nachhaltiger Forstwirtschaft steht bei Investoren von umweltfreundlichen Projekten hoch im Kurs. Das hat mehrere Gründe: Zum einen absorbieren die riesigen Paulownia-Blätter zehn mal mehr CO2 als jede andere Baumart. Zum anderen kann mit dem edlen Holz die Nachfrage nach Baumstämmen aus den tropischen Regenwäldern reduziert werden. Dadurch entfallen auch lange Transportwege. Denn Paulownia-Plantagen können überall in Europa dort angelegt werden, wo auch Reben gedeihen. Zudem werden langsamer wachsende europäische Baumarten geschont. Weil die Stämme der Paulownia nach zehn Jahren bereits zwanzig Meter hoch sind und ihr Stamm 40 Zentimeter Durchmesser aufweist, kann in kurzen Folgen geschlagen und wieder aufgeforstet werden. Fichten brauchen 35 bis 40 Jahre bis zur Ernte, Eichen sogar 300 Jahre.

Das Holz hat eine angenehme Maserung und eignet sich für den Instrumentenbau. Der holländische Webdesigner Mark Wiersma ist jedenfalls begeistert von dem Material. „Es ist so superleicht wie Balsaholz und unkompliziert zu bearbeiten“, berichtet er. Auf seinem Grundstück in Selva lagern zurzeit 80 Stämme, die ein Inselunternehmen geliefert hat. Aus ihnen will er Designer-Objekte und Kanus bauen, ein Kanadier ist schon in Arbeit. Das beste aber sei, „dass dieses Holz von hier stammt und nicht aus einem weit entfernten Land wie Indonesien kommt“.