Spanien will Frauen künftig bei heftigen Regelbeschwerden per Gesetz von der Arbeit befreien. Die Kosten dafür übernimmt vom ersten Tag an die Krankenkasse. Das Kabinett hat am Dienstag (17.5.) einen Gesetzesentwurf bestätigt, der diese neuen Punkte beinhaltet. Demnach sollen Frauen in Spanien das Recht bekommen, bei Regelschmerzen zu Hause zu bleiben - und zwar so lange, wie die Schmerzen andauern. Um arbeitsfrei zu bekommen, muss eine betroffene Frau allerdings von einem Frauenarzt oder einer Frauenärztin starke Regelschmerzen diagnostiziert bekommen. Sie müssen nicht, wie zuerst gedacht, eine Krankheit diagnostiziert bekommen haben, die zu solchen starken Regelschmerzen führt wie beispielsweise Endometriose oder Zysten.

Spanien wäre damit das erste Land in Europa mit einem solchen Gesetz. Vergleichbare Regelungen gibt es zum Beispiel in Taiwan: Hier können Frauen in solchen Fällen aber nur drei Tage pro Jahr der Arbeit fernbleiben und bekommen dann auch nur die Hälfte des Lohns. In Südkorea müssen Arbeitgeber ihren weiblichen Beschäftigten einen Tag im Monat freigeben, wenn sie den Anspruch geltend machen – wer die Kosten übernimmt und ob es trotzdem Lohn gibt, ist in dem Gesetz aber nicht geregelt.

Krankschreibung wegen Regelschmerzen: Auch in Deutschland denkbar?

In Deutschland sei eine ähnliche Regelung wie in Spanien zumindest theoretisch denkbar, sagt Alexander Bredereck, Fachanwalt für Arbeitsrecht aus Berlin. Eine Ungleichbehandlung oder Diskriminierung aufgrund des Geschlechts läge damit nach seiner Einschätzung nicht vor. "Denn die Idee dahinter wäre ja gerade, Ungerechtigkeiten aufgrund des Geschlechts zu beseitigen", erklärt der Experte. "Das könnte man also rechtssicher ausgestalten, wenn man es richtig macht."

Krankschreibungen sind in Deutschland so geregelt, dass ein Arzt die Arbeitsunfähigkeit bezogen auf die jeweilige Tätigkeit erklärt. "Der Arbeitgeber erfährt dann auch nicht, welche Beschwerde genau vorlag – da wäre die Frage, ob das nicht auch in dem Fall die bessere Lösung ist", sagt Bredereck.

Kritik an Krankschreibung wegen Regelschmerzen innerhalb der Regierung Spaniens

Allerdings könnten häufige Krankheitsfälle laut geltender Rechtsprechung ein Kündigungsgrund sein – eine gesetzliche Regelung, die Menstruationsbeschwerden davon ausnimmt, wäre nach Ansicht des Anwalts also tatsächlich eine Verbesserung zugunsten von Arbeitnehmerinnen. "Und natürlich könnte eine solche Regelung auch mehr Bewusstsein schaffen für existierende Ungerechtigkeiten in diesem Zusammenhang." Für schwierig hält Bredereck allerdings die in Spanien vorgesehene Regelung, dass der Staat in solchen Fällen die Kosten übernimmt. Denn in Deutschland zahlt ja eigentlich bei Krankheit zunächst der Arbeitgeber weiter das Gehalt. "Das wäre in Deutschland tatsächlich eine grundlegende Änderung im System, das finde ich derzeit schwer vorstellbar."

In Spanien wurde die Gesetzesinitiative von der Gleichstellungsministerin Irene Montero vom kleineren linksalternativen Koalitionspartner Unidas Podemos vorangetrieben. Er ist Teil einer Neuregelung des Abtreibungsrechts, das künftig Frauen ab 16 Jahren einen Schwangerschaftsabbruch auch ohne Einverständnis der Eltern erlaubt. Aus den Reihen der sozialistischen PSOE-Partei von Regierungschef Pedro Sánchez gab es Vorbehalte gegen den Gesetzentwurf. So warnte das Wirtschaftsministerium von Nadia Calviño, die Regelung könne Frauen im Wettbewerb um Arbeitsplätze benachteiligen. Die Regierung werde niemals Maßnahmen ergreifen, die "Frauen stigmatisieren" könnten, betonte Calviño.