Farbrausch beim Wechsel der Jahreszeiten: Eine Ausstellung auf Mallorca, die perfekt zum Herbst passt

Wer derzeit in der Gegend von Valldemossa wandert und im Anschluss etwas Kultur genießen will, dem sei die Schau „Momiji“ ans Herz gelegt: Die Werke von zwei Künstlern aus Pollença verbinden hier Kunst und Naturerlebnis – und fangen den Geist des Herbstes in Japan ein

Goldenes Laub und mystische Berge in den Werken von Nofre Fuster.

Goldenes Laub und mystische Berge in den Werken von Nofre Fuster. / Fundació Cultural Coll Bardolet

Brigitte Rohm

Brigitte Rohm

Es ist das Pendant zur Kirschblüte im Frühling: Wenn sich die Blätter des Japanischen Ahorns rot färben, dann ist die Zeit des „Momiji“. Ein Naturschauspiel, das zwei Künstler aus Pollença – Antònia Borràs und Nofre Fuster, beide Jahrgang 1962 – jeweils für sich bei einer Fernreise erlebten und das fortan tiefe Spuren in ihrem Schaffen hinterlassen sollte. Ein kurioser Zufall. „Wir waren gleichermaßen verzückt und inspiriert“, sagt Borràs, die im Herbst 2019 in Japan weilte, beim Telefonat mit der MZ. Fuster sammelte seine Eindrücke bereits im Jahr 2014: „Ich blieb damals nur 17 Tage. Aber ich wünschte, es wäre ein halbes Jahr gewesen“, schwärmt der Künstler, der noch heute von der Erfahrung zehrt.

Die beiden Mallorquiner, die sich von Kindesbeinen an kennen, tauschten sich über ihre Erlebnisse aus, spürten dadurch eine starke Verbindung. Und beschlossen, sich für ein Ausstellungsprojekt zusammenzutun. Vor rund einem Jahr war die erste Schau im Kunstraum der Galeristin Maria de Lluc Fluxà in Palma zu sehen. Und sie kam so gut an, dass die Künstler einen Großteil der dort präsentierten Bilder verkauften. Als Jaume-Bernat Adrover, Leiter der Fundació Cultural Coll Bardolet, das Projekt nach Valldemossa holen wollte, kreierten sie daher eine Reihe neuer Arbeiten.

Der Mensch verschmilzt mit der Natur

In der aktuellen Schau sind die Werke, anders als bei Lluc Fluxà, räumlich getrennt: Ein Saal im zweiten Stock zeigt nur Bilder von Antònia Borràs. Die Farbe Blau und die Themen Wasser und Fischerei haben bei ihr große Bedeutung – auch deshalb, weil die nahe dem Meer in Port de Pollença geborene Künstlerin selbst das Fischereihandwerk gelernt hatte.

Arbeiten der Künstlerin Antònia Borràs in verschiedenen Formaten.

Arbeiten der Künstlerin Antònia Borràs in verschiedenen Formaten. / Fundació Cultural Coll Bardolet

Doch der Mensch ist bei ihr kein Protagonist: Klein und unscheinbar, manchmal nur skizzenhaft verschmilzt er mit der Natur. Seine Beine werden eins mit dem Bambusrohr am Flussufer, oder er kauert wie ein Embryo im Schoß eines geschwungenen Astes. „Ich kreiere zuerst leere Landschaften und am Schluss füge ich eine Figur hinzu, die dem Bild eine Seele gibt und seine Geschichte verändert“, erklärt Borràs, die auch Elemente wie Kalligrafie und Poesie in die Werke einfließen ließ.

Der Mensch wird in ihren Bildern eins mit der Natur.

Der Mensch wird in ihren Bildern eins mit der Natur. / Fundació Cultural Coll Bardolet

Im Raum gegenüber setzen die atmosphärischen Arbeiten von Nofre Fuster andere Akzente. Hier dominiert die menschenleere Natur, die sich in der Kunst zu materialisieren scheint: Der ästethische Eindruck goldgelber Blätter, die sich auf dem Erdboden sammelten, wird bei einem Werk durch einen Tüllstoff symbolisiert, der in den Raum hineinreicht. Fuster nutzte verschiedene Techniken, um vor allem Bäume und Berge zu verewigen. Und geizte dabei nicht mit Goldfarbe, in die er manches echte Blatt so dick eintauchte, dass das Wort „Blattgold“ hier eine ganz neue Bedeutung bekommt. „Es war, als hätte ich die Natur in Japan ganz neu kennengelernt. Die Farben sind fantastisch“, sagt der Künstler.

Symbolisiert die gefallenen Blätter am Boden: Nofre Fusters „Momiji“.

Symbolisiert die gefallenen Blätter am Boden: Nofre Fusters „Momiji“. / Fundació Cultural Coll Bardolet

Geisterberge in Japan und Valldemossa

Fuster arbeitet meist nachts, versunken im Universum aus Pinselstrichen und Texturen. Eine Reihe kleinformatiger Bilder scheint die Impressionen einzufangen, wenn man im letzten Tageslicht bewusst die Landschaft betrachtet. Manchmal lässt sich noch ein zinnoberrotes Torii erahnen – ein Tor, das die Grenze vom Profanen zum Sakralen markiert. Eine großformatige Arbeit auf Papier zeigt einen Berg, der an den als heilig geltenden Fuji erinnert. „Ich bekam ihn in Japan nur ganz selten zu Gesicht, weil er meist von Wolken verhüllt war“, so Fuster. Auch der Berg auf seinem Werk entzieht sich dem Blick: Striche und Farben überlagern sich so, dass er wie aus einer Traumlandschaft wirkt, als stünde er in Kontakt mit einem Zwillings-Geisterberg.

Für solche Kunst könnte es kaum einen besseren Ort als Valldemossa geben, wo gerade Wolkenfetzen um die Berge wabern. Antonià Borràs stimmt zu. „Wenn man aus einer Schau kommt, sind die Sinne geschärft – und die Natur beeindruckt uns noch mehr.“

„Momiji“, bis 6. Januar 2024, Fundació Cultural Coll Bardolet, Via Blanquerna, 4, Valldemossa, Di.–Do. 10–17 Uhr, Fr.–Sa. 10–18 Uhr, So 10–15 Uhr.

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