Im Film „Jurassic Park“ erklärt der Chaostheoretiker Dr. Ian Malcolm, dass man nie vorhersehen kann, wohin ein Wassertropfen auf der Haut fließen wird. Genauso ist es mit dem Theater-Austauschprojekt „Wasser/Agua/ Water“: Impulsgeber war das internationale Künstlernetzwerk teatreBLAU, das sich selbst schon mit diesem Thema beschäftigt hat. Es agiert aber nur im Hintergrund und beobachtet nun, welche Richtung die Initiative nimmt.

Drei Regiestudierende und eine Schauspiel-Studentin der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt am Main sowie fünf Studierende der Schauspielschule ESADIB in Palma de Mallorca – allesamt keine blutigen Anfänger ihres Faches mehr – arbeiten gemeinsam an einer Geschichte, die verschiedene Facetten des Wassers fühlbar und auf der Bühne künstlerisch erfahrbar macht. Unterstützung bekommen sie von den Professoren Hans-Ulrich Becker und Biel Jordà.

Am Montag, den 21. März, um 20 Uhr wird das Ergebnis zum ersten Mal aufgeführt – im Es Baluard, und das passenderweise im Aljub, dem Wasserspeicher der ehemaligen Festungsanlage. Der Eintritt ist frei, Plätze reservieren können Sie hier.

Proben per Zoom und vor Ort

Der Kreativprozess, um Ideen zu sammeln und Themen einzukreisen, startete bereits online vor drei Monaten. Nun sind die Beteiligten aus Deutschland für fünf Wochen im Palma, um zusammen vor Ort zu arbeiten. Geprobt wird in den Räumen der ESADIB auf Englisch, Deutsch, Mallorquinisch und Spanisch, eine Übersetzerin steht bei Bedarf zur Seite.

„Die Sprachbarriere ist gar nicht so groß, wie ich erwartet hatte. Die größte Herausforderung war, vorab über Zoom zusammenzukommen“, sagt der Schauspieler Vicente Villó. „Aber als wir uns persönlich getroffen haben, hat es klick gemacht und alles Sinn ergeben.“ Die erste Begegnung sei dabei auch etwas merkwürdig gewesen, meint Rebeca del Fresno: „Wir sind vielleicht alle etwas schüchtern. Und dann stellten wir voneinander fest: Oh, du hast auch einen Körper!“

Dieser kommt beim inzwischen blendend funktionierenden Teamwork exzessiv zum Einsatz: Am Tag des MZ-Besuchs stehen zwei Einzelproben und eine Probe zu mehreren auf dem Programm. Bei letzterer motiviert der Nachwuchsregisseur Jonas Weber drei Schauspielerinnen und einen Schauspieler zu einer Übung, bei der sie sich in animalische Kreaturen verwandeln und dann wieder zurück in Menschen. Alle sind hochkonzentriert, wenn sie mit ihren Körpern neue Wesen erschaffen, die weiche und biegsame Bewegungen machen, steif mit den Schultern zucken, auf vier Beinen schleichen oder wie ein Vogel mit abgespreizten Flügeln den Raum erkunden.

Weber ist mit dem Ausgang des Experiments sehr zufrieden: „Man sieht gut, wie sie vereinzelt sind, bis sie etwas gefunden haben, worüber sie in Interaktion treten, und dann stiften sie sich gegenseitig an.“ Die Übung könnte für eine Geschichte zur Anwendung kommen, bei der es um Leben, das Meer und die Evolution geht. Für seinen Part konzentriert sich der Regisseur mehr auf visuelle Reize als auf Text: „Die Bildsprache ist eine Sprache, bei der alle auf eine emotionale Weise andocken können“, sagt er. Für ihn sei das der richtige Zugang zu einem Element, bei dem ihm vor allem sein verstörendes Doppelleben fasziniert: Wasser kann schön sein und hat gleichzeitig Abgründe, es tötet durch Mangel daran oder durch Flutkatastrophen.

Drei verschiedene künstlerische Ansätze

Die beiden Regisseurinnen der Gruppe verfolgen ganz andere künstlerische Ansätze. Barbara Luchner bringt den Klimawandel ins Spiel, sie erklärt: „Was mich im ersten Moment am meisten interessiert hat, war der steigende Meeresspiegel.“ Dazu sammelt sie dokumentarisches Material, geht der Frage nach, wie speziell die Küstenregionen von Mallorca betroffen sind, und will die Dramatik der Situation deutlich auf der Bühne zeigen. Genauso interessieren sie aber auch persönliche Geschichten: Was bedeutet das Leben am Meer, wie wichtig ist es für die Menschen auf der Insel? Dazu schöpft Luchner aus den eigenen Erfahrungen, Erinnerungen und Erzählungen der Schauspielerinnen und Schauspieler.

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Auch Malin Lamparter greift auf diese Methode zurück, sie nähert sich dem Thema aus literarischer Perspektive. „Die Dialektik von gefährlich und lebensspendend, die man mit Wasser verbindet, gibt es schon in den alten Mythen seit der Odyssee“, sagt die Regisseurin. Sie spürt historischen und modernen Legenden nach, der Sehnsucht nach Freiheit, dem Wasser als Garant für Wohlstand und als Quell der Bedrohung: durch Meeresungeheuer, die Tiefsee oder auch Suizid. „Sirenen sind mein Hauptthema, weil sie so mit Sprache und mündlicher Kultur verbunden sind“, sagt Lamparter. In der Aufführung sollen diese drei verschiedenen Strömungen schließlich zu einem einzigen Stück zusammenfließen – und das Publikum mitreißen.