Was traditionelle Figuren aus der Demokratischen Republik Kongo mit einem Christus aus Katalonien zu tun haben? Auf dem Papier nicht viel, aber nebeneinander wird deutlich, dass sie mehr gemeinsam haben als gedacht.

Arme und Beine der Holzfiguren aus der Mitte des 20. Jahrhunderts sind in einem ähnlichen Winkel ausgestreckt wie bei einem Christus, der schon im 16. Jahrhundert gemalt wurde. Die Gesichtsausdrücke irgendwo zwischen erschrocken und leidend verbinden die Kunstwerke ebenso. Im Museum Sa Bassa Blanca steht Kunst verschiedenster Stile und Kulturen nebeneinander. Und ermöglicht damit einen neuen Blick auf teils alte Werke.

Yannick Vu und Ben Jackober haben das Museum Sa Bassa Blanca gegründet. Marlene Weyerer

Sa Bassa Blanca in Alcúdia ist das Lebenswerk des Künstlerpaares Yannick Vu und Ben Jakober. Das Museum ist ein Kunstwerk für sich. Seit 30 Jahren bauen Vu und Jakober es immer weiter aus. Es ist immer noch nicht abgeschlossen, auch wenn die beiden inzwischen die Sammlung nur noch ergänzen. „Wir kaufen nur noch Werke, die zu den Stücken passen, die wir schon haben“, erklärt Ben Jakober. „Die Kunstwerke stehen dadurch im Dialog miteinander.“ So haben sie zum Beispiel die Figuren aus dem Kongo gekauft, weil sie in ihren Augen zum Christus passen. Auf der Wand gegenüber hängen neben einem Porträt von Francis Bacon, bei dem das Gesicht seltsam verzogen ist, afrikanische masques malades, Masken mit Deformationen.

Das Künstlerpaar pendelt zwischen Mallorca und Marokko

Die diesjährigen Neuheiten verteilen sich über das weite Museumsgelände auf der Halbinsel La Victòria. Im Hauptgebäude, in dem das Künstlerpaar früher wohnte, stehen beispielsweise Bamileke-Figuren aus Kamerun, die aus Muscheln, Stoff und Perlen gemacht sind. Viele der Neuzugänge kommen vom afrikanischen Kontinent, vertreten sind aber auch der arabische Raum, Australien und Papua-Neuguinea. Vu und Jakober haben beide multikulturelle Wurzeln und pendeln zwischen Mallorca und Marokko – das drückt auch die von ihnen gesammelte Kunst aus.

Ein katalanischer Christus zwischen Figuren aus der Demokratischen Republik Kongo im Museum Sa Bassa Blanca in Alcúdia. Marlene Weyerer

Auch in ihrer ältesten Sammlung, den Kinderporträts, finden sich immer wieder neue Bilder. Hinzugekommen ist dieses Jahr ein Werk aus dem Jahr 1632 im Stile der deutschen Schule. Der Künstler ist unbekannt. Darauf ist ein Junge zu sehen, der neben einem Pferd steht und den Besucher ernst ansieht. „Uns war es wichtig, keine zuckersüße Sammlung zu haben. Die Bilder, die wir aussuchen, haben Tiefe“, sagt Jakober.

Vu und Jakober planen wie es mit dem Museum Sa Bassa Blanca ohne sie weitergeht

Im Sokrates-Haus, der wildesten Stilmischung des Museums, ist neben der eingangs erwähnten Christus-Kongo-Kombination die auffälligste Neuheit ein Werk des chinesischen Künstlers Shi Yong: ein meterlanges Fantasieauto, das vor dem Nashornskelett platziert ist.

Das neuste Werk in der Sammlung Kinderporträts im Museum Sa Bassa Blanca: Ein Junge mit Pferd. Ben Jakober

Auch im Skulpturenpark kommen stets neue Werke hinzu – sie stammen von Vu und Jakober selbst. Und das trotz ihres hohen Alters: Er ist 91, sie 80 Jahre alt. Für sie sei Kunst keine Arbeit, sondern Leben, sagt Vu. „Wenn ich aufhöre, sterbe ich.“ Beide gehen inzwischen mit Stock, sind aber körperlich und geistig aktiv. Auch im Museum selbst, dessen Besucher zu 60 Prozent Deutsche sind. Mit dem Eintritt decken Besucher ein Drittel der Museumskosten. Der Rest wird über eine Stiftung und aus dem Verkauf von Werken von Vu und Jakober finanziert.

Vu schreibt aktuell die Informationen, die zu den Kunstwerken erscheinen, wenn Besucher QR-Codes einscannen, Jakober macht bei einem Rundgang durch das Gelände Fotos von jedem Schild, das sich ablöst und neu geklebt werden muss. „Man muss auf die Kleinigkeiten achten“, sagt er dabei irgendwo zwischen griesgrämig und schelmisch. Doch trotz all ihrer Vitalität treffen die beiden auch Vorkehrungen. „Es ist sehr wichtig, junge Menschen um uns zu haben, die unseren Traum weiterführen können“, sagt Vu. Die Schirmherrschaft über das Museum liegt bei der Stiftung Yannick und Ben Jakober. Deren „fantastischer“ Vorstand werde ihr Werk weiterführen, wenn sie nicht mehr könnten.