Das Blanquerna-Viertel in Palma de Mallorca war bislang eher als Hotspot der Gastronomie bekannt. Doch seit Juli hat hier mit der Galería Fermay auch ein Neuzugang für die Kunstszene der Stadt Quartier bezogen. Antoni Ferrer Mayol (36) hat sich auf 300 Quadratmetern Ausstellungsfläche den lange gehegten Traum von einer eigenen Galerie verwirklicht. „Als ich diesen Raum sah, konnte ich sehen, wie all meine Ideen hier Gestalt annehmen würden“, sagt er.

Dass sich der Mallorquiner auf seiner Heimatinsel niederließ, ist keine Selbstverständlichkeit: Er studierte und arbeitete viele Jahre in London, unter anderem als freier Kurator für Galerien und Kulturprojekte. Ohne Zwischenstation bei der Galeria Maior hätte er sich womöglich in einer anderen europäischen Stadt selbstständig gemacht.

Besonders wichtig ist ihm Transparenz und Nähe zu den Besuchern, um ein breiteres Publikum anzusprechen. „Deshalb liegt mein Büro auch direkt beim Eingang und nicht irgendwo hinten, damit man gleich persönlich begrüßt wird“, erklärt er. Neben dem kommerziellen Aspekt sei sein Bestreben, einen Ort der Reflexion über zeitgenössische Kunst zu schaffen, an dem Künstler, Kunstsammler und -liebhaber zusammenfinden.

Eröffnungsschau „Here We Go“

Im Eingangsbereich erhaschen Passanten einen Blick auf eine heitere Skulptur und ein surreales Gemälde. Der hintere Teil der Galerie wird von viel natürlichem Licht durchflutet – vor allem dank der Terrasse, die für geplante Events genutzt werden oder größere Skulpturen beherbergen kann. In früheren Zeiten war das Gebäude eine Gipserei, es hat die Raumstruktur und seinen ursprünglichen Fabrikhallencharme bewahrt. Besonderer Hingucker: der Betonboden aus den 50ern, der aufwendig bearbeitet und glatt poliert in vielen Farbnuancen glänzt, sodass man mehr an Marmor als an rustikales Baumaterial denkt.

Bis September zeigt Ferrer die Eröffnungspräsentation „Here We Go“ mit Werken einiger Künstler, die in Zukunft prominenter vertreten werden sollen – solo, zu zweit oder in einer Kollektivschau. Das Programm verspricht Abwechslung: „Mich interessieren die verschiedenen Tendenzen in der zeitgenössischen Kunst“, erklärt der Galerist. „Das spiegelt sich auch in dieser Zusammenstellung, die zwar eklektisch ist, aber gut funktioniert.“

Das Zentrum des offenen, hellen Raumes bildet dabei eine poetische Installation des venezolanisch-belgischen Künstler-Duos Carla Arocha und Stephàne Schraenen, dem der Galerist später die erste Ausstellung widmen wird: ein zugleich raumfüllender und federleichter, zylindrischer Vorhang aus Plexiglas-Elementen, in denen sich die Betrachter spiegeln. „Er spielt mit dem Effekt, dass man sich auftauchen und verschwinden sieht, und strukturiert die gesamte Schau“, erklärt Ferrer. Das Werk bringt Dynamik in den Saal und lenkt die Besucher zu den übrigen Arbeiten.

Alte Meister sind oft Vorbilder

Zu entdecken gibt es sowohl aufstrebende als auch etablierte, lokale, nationale wie internationale Künstler. Einen visuell harmonischen Übergang von der Installation schafft Alejandro Corujeira. Dieser schöpft für seine abstrakten Kompositionen Inspiration aus der Poesie, der Barockmusik und der Geschichte. „Mich trägt sein Werk zugleich in die Vergangenheit und die Gegenwart, es ist zeitlos“, sagt der Galerist.

Um den Zylinder kreisförmig drapiert sind zudem Skulpturen von Nadia Naveau, die den Status dieses Genres in heutiger Zeit hinterfragt und Elemente von der Antike bis zur Pop-Kultur kreuzt, sowie von ihrer Schülerin Elisa Braem, deren organische Kreationen an Pflanzen oder Korallen erinnern.

Zu den zweidimensionalen Arbeiten an den Wänden zählen Zeichnungen von Alex Hudson, der sich vor alten Meistern wie Rembrandt und Velázquez verneigt und sich zugleich den Außenseitern der Gesellschaft annimmt. „Das Ergebnis ist postapokalyptisch-punkig“, so Ferrer. Ebenfalls düster: ein Bild von Damaris Pan, die mit energischen Strichen schwarze Farbe auftrug und geradezu brutal Löcher in den Rahmen bohrte. „Das Werk ist vielleicht der härteste Tobak der Ausstellung, aber mir gefällt es mit am besten“, sagt der Galerist.

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Zarter kommen die fluffigen „Ice Cream Paintings“ von Janice McNab daher oder auch die in vielen Schichten aufgetragenen Aquarelle von Julia da Mota: Für ihren Minimalismus in sanften Farbtönen muss niemand die Komfortzone verlassen.

Wenn Ferrer über „seine“ Künstler spricht, dann hört es sich oft an, als ginge es um Freunde und Angehörige. Er hat zu vielen eine seit Jahren gereifte persönliche Beziehung und Affinität zu ihrer Bildsprache. Die Galerie suche sich ihre Künstler aus und umgekehrt, das funktioniere nicht nur in eine Richtung. Ferrer sagt: „Ich verstehe eine Galerie als Ort, der eine kleine Familie kreiert, denn wenn man mit Künstlern arbeitet, entsteht eine Verbindung, die über das Professionelle hinausgeht.“