Erinnerungen an die Flutkatastrophe vom 9. Oktober 2018 im Osten von Mallorca mit 13 Toten sind wach geworden: In der Nacht von Donnerstag (6.10.) auf Freitag sind vor allem über den Osten der Insel schwere Unwetter gezogen, die örtlich massive Regenmengen mit sich gebracht haben.

Der Westen von Mallorca hingegen blieb von den Niederschlägen komplett verschont. Wer in Palma de Mallorca oder der Serra de Tramuntana lebt oder sich dort gerade aufhält, kann schwer glauben, was nur einige Kilometer weiter östlich vor sich gegangen ist. Mehrere Sturzbäche, die sogenannten torrents, die das Wasser aus dem Gebirge in Richtung Meer tragen, traten über die Ufer. Es blitzte und donnerte stark, wie Videos bei Twitter zeigen:

Wie die Rettungsleitstelle 112 in ihrem Twitter-Account berichtet, mussten in Manacor vier Familien aus ihren überfluteten Häusern gerettet werden. Zwei kamen im Sportkomplex der Stadt unter. In der zweitgrößten Stadt auf Mallorca war der Torrent de na Borges über den Rand getreten und hatte Teile der Stadt unter Wasser gesetzt. In einigen Häusern stand das Wasser kniehoch. Laut der Rettungsleitstelle 112 wurde der balearische Notfallplan Inunbal aktiviert, der bei schweren Regenfällen auf den Balearen zum Tragen kommt.

Wie der Regionalsender IB3 berichtet, mussten die Einsatzkräfte in Manacor außerdem drei Menschen aus ihren Fahrzeugen befreien. Gegen 8 Uhr morgens wurde die Feuerwehr gerufen, um einen Mann aus seinem Wohnmobil zu befreien. Der Mann konnte sein Fahrzeug aufgrund der Wassermassen nicht mehr bewegen und sich nicht selbst in Sicherheit bringen. Laut IB3 verzeichneten Feuerwehr, Polizei und Zivilschutz bis zum Morgen 68 Einsätze. Insgesamt rückte die Feuerwehr auf Mallorca in Manacor, Artà und Santanyí in 32 Gebäuden, die teilweise überschwemmt waren, an und pumpte das Wasser ab. Ein Video auf Twitter zeigt die Überschwemmungen in Manacor:

Ein Österreicher, der seit sechs Jahren nahe der Kläranlage in Manacor lebt, beklagte sich bei IB3 über die Überschwemmungen: "Hier kann man nicht mehr leben. Wir überlegen, ob wir wieder nach Österreich zurückgehen." Die Gemeindeverwaltung tue nichts, um das Hochwasser zu verhindern, stets behaupte man im Rathaus, auf diesen Grundstücken befänden sich lediglich Wochenendhäuser, in denen niemand fest lebe. "Immer wenn es stärker regnet, füllt sich der Sturzbach und irgendwann tritt er über die Ufer", sagt der Mann.

Die Niederschlagsmengen waren enorm. Der Wetterdienst Aemet meldete am Morgen, dass es in Artà in den vergangenen 24 Stunden 156 Liter pro Quadratmeter geregnet hat. 154 Liter waren es in Colònia de Sant Pere und 139 Liter in Manacor. Am heftigsten regnete es zwischen Mitternacht und 1 Uhr morgens, die größten Probleme an den Sturzbächen traten ab etwa 2.30 Uhr auf.

Sorgen vor allem in Sant Llorenç

Auch der Torrent de s'Illot war innerhalb von kurzer Zeit bis zum Rand gefüllt und bedrohte in Porto Cristo mehrere Autos, die nahe dem Sturzbach geparkt waren. Überschwemmt wurde auch ein Maschinenraum im Krankenhaus von Manacor, doch die Einsatzkräfte konnten hier schnell das Wasser abpumpen. Auch in Artà mussten Personen aus ihren Autos befreit werden, die in den Wassermassen nicht mehr vorwärts kamen.

In Sant Llorenç waren die Menschen besonders besorgt, schließlich war der Ort im Oktober 2018 mit am schlimmsten von der tödlichen Flutkatastrophe betroffen. Als die Sirenen nachts angingen, erinnerten sich viele Bewohnerinnen und Bewohner an jene Nacht vor vier Jahren. Die Sturzbäche füllten sich erneut, traten aber nicht über die Ufer. Ein Video auf Twitter zeigt Momentaufnahmen aus der Nähe von Sant Llorenç:

Aufgrund von Überschwemmungen wurden zeitweise mehrere Straßen in der Umgebung von Manacor, Sant Llorenç und Son Carrió gesperrt. Wie der Inselrat von Mallorca kurz nach 9 Uhr auf Twitter vermeldete, sind die Abschnitte nun zwar wieder geöffnet, die Verkehrsteilnehmer werden aber aufgefordert, weiterhin vorsichtig zu fahren. Auf den Straßen könnte weiterhin Wasser stehen.

Die unwetterartigen Regenfälle sind keine Überraschung. Bereits vor Wochen warnten Meteorologen, dass in diesem Herbst schwere Unwetter zu erwarten sein dürften. Grund ist das außergewöhnlich warme Meer, das derzeit zwischen 3 und 5 Grad wärmer ist als sonst zu dieser Jahreszeit. Aufgrund der lang anhaltenden Hitzewellen im Sommer stieg die Temperatur im Meer vor Mallorca teilweise bis auf knapp 31 Grad. Wenn dann Kaltluftgebiete, die im Herbst für gewöhnlich über den westlichen Mittelmeerraum ziehen, auf das warme Meer treffen, gibt es eine "explosive" Situation, wie am Freitag (7.10.) der Meteorologe Mario Picazo warnte.

(Dieser Artikel wird im Lauf des Tages weiter aktualisiert.)